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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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wesentlich kleineres Bauwerk entdeckt, das soeben in Sicht gekommen war. Unmittelbar gegenüber dem Hauptportal des Doms stand das dritte und letzte Gebäude des Ensembles.
    Langdons Lieblingsgebäude.
    Il Battistero di San Giovanni .
    Verziert mit den gleichen bunten Fassadensteinen und den gleichen gestreiften Pilastern, hob sich das Baptisterium vor allem durch seine Form von dem größeren Dom ab. Es war ein geometrisch vollkommenes Achteck, das mit seinen drei deutlich abgesetzten Stockwerken unter dem flachen weißen Dach an einen Schichtkuchen erinnerte.
    Der achteckige Grundriss hatte keine ästhetischen Gründe, sondern sollte an die sechs Tage der Schöpfung erinnern, den Sabbat sowie den achten Tag, an dem die Christen durch die Taufe wiedergeboren wurden. Das Achteck war zu einer weit verbreiteten Form geworden für Taufkapellen in der ganzen Welt.
    Das Baptisterium war eines der bemerkenswertesten Gebäude von Florenz – allerdings fand Langdon die Stelle, an der es errichtet worden war, nicht besonders glücklich ausgewählt. Überall sonst auf der Welt hätte eine Taufkapelle wie diese im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestanden; hier jedoch verkümmerte sie im Schatten ihrer beiden noch prachtvolleren Geschwister.
    Bis man eintritt , erinnerte sich Langdon und dachte an die atemberaubenden Mosaiken im Innenraum. Sie waren so spektakulär, dass frühe Bewunderer erklärt hatten, die Decke wäre geradezu himmlisch in ihrer Schönheit. Wenn man weiß, wohin man sehen muss, dann ist Florenz der Himmel, hatte Langdon zu Sienna gesagt.
    Im Verlauf der Jahrhunderte waren im Battistero di San Giovanni zahllose berühmte Persönlichkeiten getauft worden – unter ihnen auch Dante Alighieri.
    … als Dichter würd’ ich kehren … und am Taufquell dort empfang’ … im Lorbeerkranz des Dichters höchste Würde.
    Wegen seiner Verbannung hatte Dante nie mehr an diesen Ort zurückkehren dürfen – den Ort seiner Taufe. Langdon hoffte indes sehr, dass an Dantes statt zumindest seine Totenmaske in der vergangenen Nacht hierher zurückgekehrt war.
    Die Taufkapelle , dachte Langdon. Hier muss Ignazio vor seinem Tod die Maske versteckt haben . Er rief sich die verzweifelte Nachricht ins Gedächtnis, die il Duomino auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Für einen Moment stellte Langdon sich vor, wie der fette Mann sich plötzlich an die Brust gegriffen hatte, als er über die Piazza in eine Gasse gewankt war, und wie er sein letztes Telefonat geführt hatte, nachdem die Maske sicher im Baptisterium versteckt lag.
    Robert, die Pforten stehen Ihnen offen …
    Langdons Blick war starr auf das Baptisterium gerichtet, während er und Sienna sich durch die Touristenmassen drängten. Sienna bewegte sich so geschickt, dass Langdon beinahe joggen musste, um nicht zurückzufallen. Schon aus der Ferne sah er die massiven Türen des Baptisteriums in der Sonne glänzen. Sie waren beschlagen mit vergoldeter Bronze und beinahe fünf Meter hoch. Lorenzo Ghiberti hatte für ihre Vollendung mehr als zwanzig Jahre gebraucht. Die Reliefs auf der Außenseite zeigten biblische Gestalten und waren so meisterhaft gearbeitet, dass Giorgio Vasari die Türen als »in jeder Hinsicht vollkommen« bezeichnet hatte, als »das größte Kunstwerk, das je erschaffen wurde«.
    Doch es war Michelangelo gewesen, dessen überschwängliches Urteil den Türen zu dem Beinamen verholfen hatte, der bis heute geblieben war.
    Sie seien so wunderschön, dass sie auch als Pforten zum Paradies dienen könnten.

KAPITEL 54
    Die Bibel in vergoldeter Bronze , dachte Langdon, als er die prachtvollen Türen bewunderte.
    Ghibertis schimmernde Pforten zum Paradies bestanden aus zehn quadratischen Paneelen. Jedes davon zeigte in einem Relief eine wichtige Szene aus dem Alten Testament. Vom Garten Eden über Moses bis hin zu König Salomons Tempel entfaltete sich Ghibertis Erzählung in zwei vertikalen Reihen zu je fünf Tafeln.
    Die atemberaubende Ansammlung von Reliefs hatte zu einem Jahrhunderte dauernden »Expertenstreit« geführt. Angefangen bei Botticelli bis hin zu modernen Kunstkritikern diskutierten Fachleute darüber, welches der Paneele das größte Meisterwerk war. Der allgemeine Konsens hatte »Jakob und Esau« zum Gewinner erklärt, das mittlere Paneel der linken Reihe, nicht zuletzt wegen der vielen unterschiedlichen Techniken, die bei der Entstehung des Reliefs zum Einsatz gekommen waren. Für Langdon war entscheidend, dass Ghiberti auf

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