Inferno
sich.
»Sì?«, rief er, während er zur Tür eilte.
Keine Antwort, nur Klopfen.
Insomma! Er sperrte die Tür auf und öffnete sie in der Erwartung, dem gleichen kalten Blick zu begegnen wie wenige Minuten zuvor.
Doch das Gesicht draußen war sehr viel attraktiver.
»Ciao!«, sagte eine hübsche blonde Frau und lächelte ihn zuckersüß an. Sie hielt ihm ein gefaltetes Stück Papier hin, und er streckte instinktiv die Hand danach aus. In dem Augenblick, als er danach griff, erkannte er, dass es nichts weiter als ein Stück Abfall vom Boden war. Doch die Frau hatte ihn bereits mit ihren schlanken Fingern am Handgelenk gepackt und presste ihren Daumen auf eine bestimmte Stelle zwischen Innenhand und Handwurzel.
Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand die Hand mit einer Axt abgeschlagen. Dem stechenden Schmerz folgte ein taubes Gefühl wie nach einem Stromschlag. Die Frau trat einen Schritt auf ihn zu, und der Druck wurde exponentiell größer. Der Schmerz war unerträglich. Ernesto stolperte zurück und versuchte sich loszureißen, doch seine Beine wurden taub und gaben unter ihm nach. Er sank auf die Knie.
Was dann folgte, geschah im Bruchteil einer Sekunde.
Ein großer Mann in dunklem Anzug erschien, huschte herein und schloss die Tür hinter sich. Ernesto griff nach seinem Funkgerät, doch eine weiche Hand packte ihn im Nacken und drückte einmal zu. Seine Muskeln verkrampften sich, sodass er sich nicht mehr rühren konnte und nach Luft schnappte. Die Frau nahm das Funkgerät an sich, und der große Mann trat hinzu. Er wirkte genauso erschrocken über ihr Vorgehen wie Ernesto.
»Dim mak«, sagte die blonde Frau beiläufig zu dem Mann im dunklen Anzug. »Chinesische Akkupressur. Die Druckstellen sind nicht ohne Grund seit dreitausend Jahren bekannt.«
Der Mann sah ihr staunend zu.
»Non vogliamo farti del male«, flüsterte die Frau an Ernesto gewandt und lockerte den Druck in seinem Nacken. Wir wollen Ihnen nichts tun.
Als der Druck nachließ, versuchte Ernesto sich aus dem Griff zu winden, doch die Frau drückte prompt wieder zu, und Ernestos Muskeln verkrampften sich erneut. Er ächzte vor Schmerz und bekam fast keine Luft mehr.
»Dobbiamo passare«, sagte sie. Wir müssen hier durch. Sie deutete auf das Eisengitter, das Ernesto glücklicherweise hinter sich versperrt hatte. »Dov’è la chiave?«
»Non ce l’ho«, stieß er hervor. Ich habe keinen Schlüssel.
Der große Mann schob sich an ihnen vorbei, ging zum Gitter und untersuchte den Mechanismus. »Das ist ein Zahlenschloss!«, rief er mit amerikanischem Akzent.
Die Frau kniete neben Ernesto nieder. Ihre braunen Augen waren kalt wie Eis. »Qual è la combinazione?«, wollte sie von ihm wissen.
»Non posso!«, antwortete er.
Irgendetwas geschah mit seinem Nacken, und Ernestos Körper erschlaffte. Einen Sekundenbruchteil später wurde alles schwarz.
Als er wieder zu sich kam, dämmerte ihm, dass er in den letzten Minuten mehrfach das Bewusstsein verloren hatte. Er erinnerte sich an Diskussionen … weitere Schmerzen … dann hatten sie ihn über den Boden geschleift. Alles war undeutlich und verschwommen.
Schließlich klärte sich Ernestos Blick, und was er sah, ließ ihn aufstöhnen. Seine Schuhe lagen vor seinem Gesicht; jemand hatte die Schnürsenkel herausgezogen. Er konnte sich kaum rühren. Er lag auf der Seite, Hände und Füße auf dem Rücken gefesselt, offenbar mit den Schnürsenkeln. Er versuchte zu schreien, brachte jedoch nur einen dumpfen Laut hervor. Sie hatten ihm eine Socke in den Mund gestopft. Der wahre Schock überkam ihn allerdings erst einen Augenblick später, als er den Kopf hob. Er sah seinen Fernseher, der das Fußballspiel zeigte. Ich bin in meinem Büro … hinter dem Gitter?
In der Ferne hörte er, wie sich eilige Schritte durch den Korridor entfernten … und langsam verklangen. Non e possibile! Irgendwie hatte die blonde Teufelin Ernesto dazu gebracht, die eine, ultimative Information preiszugeben, die er gemäß seiner Stellenbeschreibung unter keinen Umständen je verraten durfte: die Kombination des Zahlenschlosses, das den Eingang zu dem berühmten Vasari-Korridor sicherte.
KAPITEL 31
Dr. Elizabeth Sinskey saß zusammengesunken auf dem Rücksitz des schwarzen Vans, der vor dem Palazzo Pitti parkte. Die Wogen der Übelkeit und die Schwindelanfälle überkamen sie immer häufiger. Der Soldat neben ihr beobachtete sie mit zunehmender Besorgnis.
Wenige Augenblicke zuvor hatte das Funkgerät des
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