Infinitas - Krieger des Glaubens (German Edition)
du ehrlich bist, denkst du auch so. Sei mal realistisch, in zwanzig Jahren hält man mich für deine junggebliebene Großmutter. Oder dich für einen Freak, der es auf alte Frauen abgesehen hat, um sich deren Erbe unter den Nagel zu reißen, nur dass ich leider nichts besitze, was ich dir hinterlassen könnte.«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich verrückt, Ewa, wie alt bist du, achtundzwanzig, vielleicht dreißig Jahre?«
»Sechsunddreißig, im November werde ich siebenunddreißig.«
»Oh, dann können wir ja froh sein, dass es erst März ist, sonst wäre ich mit einer alten Frau liiert … nein, das ist wirklich verrückt, Ewa.«
Sie schlug die Decke zur Seite und stand auf. »Für dich mag das Alter kein Thema mehr sein, aber ich kämpfe jeden Tag dagegen an. Und glaube nicht, dass mir nicht von Anfang an bewusst war, dass das hier zwischen uns keine Zukunft hat.« Sie wollte ins Bad gehen, hatte aber nicht mit Shias Schnelligkeit gerechnet. Bevor sie überhaupt die Tür erreichte, verstellte Shias nackter Körper im Türrahmen ihr den Weg.
»Augenblick mal, mein Schatz, was soll das jetzt hier werden?«
»Wonach sieht es denn aus?«
»Du bist mein Glaubensgelöbnis, selbst wenn du wolltest, könntest du dich nicht von mir trennen.«
»Shia, ich bin ein Mensch. Du kannst keine Verbindung mit mir eingehen. Die letzten beiden Tage waren wundervoll, aber es war nicht real. Du musst langsam wieder aufwachen.«
Er trat bedrohlich auf Ewa zu und hob sie auf seine Arme.
»Ich bin seit über hundertvierzig Jahren wach, und nichts war bisher so greifbar wie das zwischen uns, das kannst du mir glauben, Ewa«, sagte er und trug sie zum Bett zurück, »ich werde dir jetzt mal zeigen, wie greifbar du für mich bist.« Er ließ sie auf die Matratze fallen und beugte sich über sie. Dann strich er ihr das blonde Haar aus dem Gesicht.
»Shia, bitte glaube mir. Es funktioniert nicht einfach nur, weil du es dir wünschst.«
Er beugte sich über sie und küsste ihre Lippen. Dann ließ er davon ab und meinte: »Nein, es funktioniert, weil ich dich liebe!«
Verwundert hielt er in seiner Bewegung inne, selbst erschrocken über das, was er gesagt hatte. Ewa sah die Veränderung in seinen Augen. Auch wenn sie all seinen Worten keinen Glauben schenken konnte, das, was sie jetzt in seinem Gesicht las, erschütterte sie zutiefst. Obwohl sie seine Liebe nicht wollte: Shias Erschrecken, war wie ein Faustschlag in ihren Magen.
Schnell rutschte sie vom Bett und ging ins Bad. Sie holte seine Kleidung aus dem Trockner und warf sie ihm vor die Füße.
»Hier, deine Sachen sind trocken; ich möchte jetzt duschen.«
Die Wucht, mit der Ewa die Tür zuschlug, ließ vermuten, dass sie dabei keine Gesellschaft wollte und auch nicht damit rechnete, dass Shia noch da war, wenn sie geduscht hatte.
Weinend stand Ewa unter der Dusche. Schon sehr lange hatte sie sich nicht mehr so elend gefühlt wie in diesem Augenblick. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es richtig war. Es musste so schnell wie möglich ein Ende haben, doch insgeheim hatte sie gehofft, vielleicht noch ein oder zwei Tage Zeit zu haben und diese mit Shia zu nutzen.
Alles in ihr schien zu zerreißen. Ihr Kopf schmerzte so sehr, als würde er bersten. Sie wünschte sich, Shias Gabe würde funktionieren, und er könnte ihre Erinnerungen löschen, so, als hätte es ihn nie gegeben. Und wenn, dann nur in ihrer Vorstellung als ein Mensch, dem sie irgendwann begegnen und sich in ihn verlieben würde.
Sie ließ das warme Wasser über ihr Gesicht laufen und spürte die Hitze. So hatten sich Shias Hände auf ihrem Körper angefühlt, wenn er sie küsste. Sie begann, ihr Haar zu waschen, und verscheuchte diese Gedanken aus ihrem Kopf. Sie wollte nicht an ihn denken und schon gar nicht mehr an seine Küsse. Es wurde Zeit, dass sie wieder arbeiten konnte, um sich abzulenken.
Freie Tage waren wirklich nicht ihr Ding!
Als sie nach über einer Stunde das Badezimmer verließ, war ihr Schlafzimmer, wie sie schon angenommen hatte, leer und Shia samt seinen Sachen verschwunden. Es ist besser so, ging es ihr durch den Kopf. Ewa zog schnell die Laken glatt und machte das Bett, nichts sollte sie mehr daran erinnern, dass sie den halben Tag dort nicht allein verbracht hatte. Bald würde die Erinnerung verblassen, so hoffte sie.
Als sie sich ihrem Schrank zuwandte, war ihr plötzlich der Gedanke, den ganzen Tag hier in ihrem Haus zu verbringen, unerträglich. Sie beschloss,
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