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Infinity (German Edition)

Infinity (German Edition)

Titel: Infinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Gfrerer
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»Verzeih mir bitte«, flüsterte sie und presste die Stirn gegen die Schulter ihrer Mutter. »Ich bin überhaupt nicht wunderbar. Ich bin ein richtiges Scheusal. Wie kannst du mich nur immer noch so lieb haben?«
    Ein leises Lachen strich warm über ihren Nacken. »Du bist mein Wunderkind. Wie sollte ich dich nicht lieben? Es gibt nichts, was ich nicht für dich tun würde.«

_ 22 _

    Rudi war den ersten Tag wieder in der Schule. Klara wusste nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Sie waren nie Freunde gewesen. Aber durch die Sache mit Jonas fühlte sie sich mit ihm verbunden. Trotzdem nickte sie ihm nur zu und fragte nicht, wie es ihm ging. Er wirkte fahrig und unkonzentriert. Sie wollte nicht hören, dass er immer noch an den Folgen der Schlägerei litt.

    Maria Theresia tritt die Nachfolge als Kaiserin von Österreich an … der preußische Herrscher Friedrich II. findet, dass die Gelegenheit günstig ist, und fordert Schlesien von Österreich … er erkennt die Pragmatische Sanktion nicht an, nach der auch Frauen erbfolgeberechtigt sind … der Kampf um Schlesien weitet sich zum Österreichischen Erbfolgekrieg aus …

    Sonst mochte Klara Geschichte gern. Und wenn es um die Gleichberechtigung der Frauen ging, war sie normalerweise an vorderster Front zu finden. Doch heute fiel es ihr schwer, zuzuhören. Die Impfgeschichte ging ihr nicht aus dem Kopf.
    War sonst noch jemand davon betroffen? Womöglich alle, die auf dieser geheimnisvollen Liste standen, die Alen entdeckt hatte? Ihr Blick ging zu Lucie, die – den Kopf in die Hand gestützt – beinahe auf ihrem Schreibpult lag und sich dabei nur mäßig bemühte, Aufmerksamkeit wenigstens vorzutäuschen. Klara kritzelte Männchen auf ihren Schreibblock. Wenn sie der Sache auf den Grund gehen wollte, würde sie nicht umhinkommen, Lucie zu fragen, ob sie auch von diesem Impfprogramm wusste. Und Alen. Und möglichst alle anderen auch. Ihr Blick wanderte zu Rudi. Sie konnte sich nicht erinnern, seinen Namen auf der Liste gesehen zu haben. Aber sie war aufgeregt gewesen. Ob Lucie es noch wusste? Sie kaute am Bleistiftende. Eigentlich hatte sie keine Lust, jemals wieder das Wort an Lucie zu richten. Eine Abfuhr war so gut wie vorprogrammiert. Lucie war schon prinzipiell ein Biest. Doch jetzt hatte sie jeden Grund, Klara gegenüber misstrauisch zu sein. Es war nicht zu leugnen, dass das Labor-Abenteuer um ein Haar ins Auge gegangen wäre.
    Wenn sie aber nicht fragte, würde sie nicht weiterkommen.
    Entschlossen trennte sie eine Seite aus ihrem Heft, schrieb etwas darauf und faltete das Blatt so oft, bis es in eine Handfläche passte. Mit dem Ellenbogen schubste sie Rudi an, der schräg vor ihr saß. Gespannt verfolgte sie den Weg, den ihre Nachricht von ihm über Sandra zu Silvie nahm, bis sie auf Lucies Tisch landete.
    Das Papier raschelte auffällig, als diese es auffaltete. Klara hielt den Atem an. Wie würde sie reagieren?
    »Was meinst du, Klara?«
    Erschrocken drehte Klara den Kopf. Wie? Was? Wozu sollte sie eine Meinung haben? Unmittelbar neben ihr stand Frau Schenk und wartete auf eine Antwort. Nur das leise Trommeln ihrer Finger auf der Tischplatte verriet, dass sie genau wusste, dass Klara keinen Schimmer hatte, wovon die letzte halbe Stunde die Rede gewesen war.
    »Welche Bedeutung hatte die Pragmatische Sanktion in der Folge für die österreichische Geschichte?«
    Die Wiederholung der Frage war als Hilfe gedacht, doch Klara zuckte nur mit den Schultern. Was auch immer – das einzig Bedeutende war für sie momentan Lucies Reaktion auf ihre Nachricht. Und die konnte sie nicht sehen, weil ihr Frau Schenk die Sicht versperrte. Der enttäuschte Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Lieblingslehrerin gab ihr einen Stich. Sie nickte ergeben, als ihr eine schriftliche Zusammenfassung der Geschehnisse im Laufe des Erbfolgekriegs aufgebrummt wurde. Kaum ertönte der Gong, sprang sie auf und steuerte Lucies Tisch an.
    »Ganz schön mutig, das muss man dir lassen.« Lucie thronte mit übereinandergeschlagenen Beinen auf ihrem Stuhl und begutachtete demonstrativ ihre Fingernägel. »Ich denke, ich habe doch ziemlich deutlich klargemacht, dass ich keinen Wert darauf lege, was du mir ach so Wichtiges zu sagen hast.«
    Klara presste die Lippen zusammen. Damit hatte sie gerechnet. »Du kannst dir sicher sein, dass ich mir auch Lustigeres vorstellen könnte, als mich von dir abkanzeln zu lassen. Aber es ist wichtig. Nicht nur für mich, sondern für alle auf der

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