Infinity (German Edition)
betreten daneben standen. »Alen – du musst zur Polizei … nein, geh nicht zu irgendwem. Such den Beamten, der bei Jonas war – er hat dir doch gestern noch seine Visitenkarte gegeben. Der ist keiner von denen. Sag ihm, dass er Lukas’ Vater von dieser Klinik wegbringen muss.«
Klara klammerte sich keuchend an den rauen Tontopf und war erleichtert, dass Lucie das Kommando übernahm.
In der Zwischenzeit schob Lucie Rudi in Alens Richtung. »Es wäre gut, wenn du ihn begleitest. Da bist du auf jeden Fall nützlicher als hier. Ich bleib inzwischen bei Klara.« Sie klatschte in die Hände. »Los! Beeilt euch! Ich bin sicher, sie kann auch ohne eure Hilfe kotzen.«
Klara grinste schief und hielt den Kopf weiter ins Grünzeug. Lucies dynamische Art tat gut. Nachdem der Brechreiz nachgelassen hatte, hockten sie schweigend nebeneinander auf der Bühnenkante. Es half, sich auf ihren festen Händedruck zu konzentrieren, als erneut die Bilder von Lukas’ leeren Blick in ihr hochkamen. Methusalem krabbelte aus der Jackentasche und schnüffelte an ihren Fingern. Sie kraulten ihn beide zwischen den Ohren.
Lucie brach als Erste das Schweigen. »Also – ganz dicht war der aber nicht …«
Klara wickelte sich Methusalems Schwanz um den Finger. »Wer? Lukas?« Das weiche Fell kitzelte auf der Haut. Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß nicht. Erst hab ich das auch gedacht. Diese irren Experimente … und da war nicht einmal ein Anflug von einem schlechten Gewissen, dass er derartig in unser Leben eingegriffen hat. Im Gegenteil! Ich hatte den Eindruck, er war sogar überrascht, dass wir nicht hellauf begeistert und dankbar waren.« Sie ließ ihre Finger über das zarte Rückgrat der Maus gleiten. »Aber irgendwie war er doch auch genial. Was er und sein Vater herausgefunden haben, könnte tatsächlich die Welt verändern. Ob außergewöhnliche Wissenschaftler so sein müssen?«
»Wie? Skrupellos und neben der Spur?«
Klara schnaufte. »Man könnte es auch konzentriert und ergebnisorientiert nennen.« Sie setzte Methusalem auf Lucies Schoß und stand auf. Zögernd näherte sie sich der Stelle, an der Lukas getötet worden war. »Wie er von seinem Vater gesprochen hat … so voll Ehrfurcht und Bewunderung …«
»Also, ich weiß nicht … von dir war er ja regelrecht besessen. Irgendwie hat er mir Angst gemacht …« Lucie hörte sich skeptisch an. Ihre abfällige Rede weckte bei Klara das Bedürfnis, ihn zu verteidigen.
»Hat er denn jemals eine Chance auf ein normales Leben gehabt?« Ein Brennen in den Augen ließ sie blinzeln. Sie drehte sich weg, um nicht länger Lukas’ Sterben vor sich zu haben. »Ich glaub, er war immer nur verzweifelt auf der Suche nach Liebe.«
»Damit könntest du allerdings richtig liegen.« Lucie schlug einen versöhnlichen Ton an. Sie hielt Klara eine Hand hin, um sich von ihr hochziehen zu lassen. »Komm, lass uns verschwinden. Ich hab plötzlich richtig Sehnsucht nach meiner nervigen Mutter.«
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»Mama?«
Klara hörte Scheppern aus der Küche. Sie schnupperte.
»Mama ist eine hervorragende Köchin«, wisperte sie in den Aufschlag ihrer Jacke. Die kleine rosa Schnauze vibrierte. »Gell, du riechst das auch?« Mit zwei Fingern kraulte sie das Tier zwischen den großen Ohren.
»Was hältst du von einem Haustier?« Auf Socken war sie in die Küche getappt und drückte ihrer Mutter einen festen Kuss auf die Wange. »Schau nicht so überrascht.« Sie lachte. »Ich hab dich lieb, Mama.« Gleichzeitig schossen ihr die Tränen in die Augen. »Ich muss dir was total Verrücktes erzählen. Essen können wir später.« Sie wartete ungeduldig in der Tür, bis ihre Mutter die Töpfe vom Herd gezogen hatte. Wie aus einer Quelle sprudelten die Geschehnisse der letzten Stunden aus ihr heraus, noch bevor sie sich beide niedergesetzt hatten.
Gerade klagte sie bitter über ihren gescheiterten Versuch, Lukas vor dem Attentäter zu retten, als jemand an der Tür klingelte. Klara hatte kaum einen Spalt geöffnet, da zwängten sich Alen und Rudi schon gleichzeitig herein. »Na hallo! Ihr seht aus, als hättet ihr Neuigkeiten.« Klara schob die beiden ins Wohnzimmer und deutete auf das Sofa. »Ihr kommt wie gerufen. Wir brennen darauf, zu erfahren, was ihr bei der Polizei erreicht habt. Stimmt’s, Mama?«
Brav schüttelten Alen und Rudi Klaras Mutter die Hand, bevor sie sich auf die Polster fallen ließen.
»Du wirst nicht glauben, was da los war!« Alen wischte sich mit einem Taschentuch
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