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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Humor kam.
    Jeder hielt Bill für verrückt. Warum würde ein 150 Pfund schwerer Student mit Englisch als Hauptfach, der knapp einen Meter fünfundsiebzig groß war, freiwillig ein Zimmer teilen mit einem 240 Pfund schweren, einen Meter fünfundneunzig großen Linebacker, der ständig auf die Strafbank verwiesen wurde und bereits drei Zimmernachbarn zusammengeschlagen hatte, die allesamt Footballspieler der ersten Division waren? Doch zu jedermanns Überraschung funktionierte alles perfekt. Bill schien ein Talent für Humor zu
haben, und Humor besänftigte die wilde Bestie. Bill rettete nicht nur Perrys Karriere als Sportler, sondern seine Collegekarriere überhaupt. Perry hatte das nie vergessen.
    Seit zehn Jahren also kannte er Bill, und während all dieser Zeit hatte er nicht ein einziges Mal erlebt, dass dieser Mann eine einfache, klare Antwort auf irgendetwas gab, das nicht mit der Arbeit zu tun hatte.
    Aus Bills Arbeitsbereich klang Musik herüber, ein alter Song von Sonny & Cher, zu dem Bill statt der Originalzeile »I got you, babe« sang: »Ich hab Krätze, Babe.«
    Das IM-Programm meldete sich wieder.
    StickyFingazWhitey: Glaubst du, dass Green Bay ein gutes Spiel gegen die Niners machen wird?
    Perry tippte keine Antwort ein. Genau genommen sah er nicht einmal die Frage. Sein Gesicht hatte sich zu einer Maske intensiver Konzentration verzerrt, die man mit einem Anzeichen für Schmerz verwechseln konnte. Er kämpfte gegen den Drang an, sich wieder zu kratzen. Doch diesmal war es viel schlimmer als zuvor, und die Stelle war viel schlimmer.
    Er hielt seine Hände wie erstarrt auf der Tastatur und brachte all seine Selbstdisziplin als Sportler auf, um sich nicht heftig an seinem linken Hoden zu kratzen.

7
Riesen-SNAFU
    Dew Phillips ließ sich in den Plastikstuhl neben dem Münztelefon fallen. Nach allem, was er durchgemacht hatte, würde sich sogar ein junger Mann wie mehrere Tage alte Hundescheiße fühlen, und mit sechsundfünfzig Jahren hatte Dew seine Jugend längst hinter sich. Sein zerknitterter Anzug stank nach Schweiß und Rauch, nach dickem schwarzem Rauch, wie er nur in einem brennenden Haus entsteht. In den sauberen, schmutzfreien Räumen der Klinik wirkte der Gestank fremdartig. Irgendwo in seinem Kopf wusste er, dass er sich dankbar dafür fühlen sollte, weil das eines der Wartezimmer im Toledo Hospital war und nicht die luftdichte Quarantänekammer des CDC in Cincinnati, doch er schaffte es einfach nicht, die Energie aufzubringen, um sich über sein Glück zu freuen.
    Streifen schmierigen Rußes zogen sich über die linke Seite seines wettergegerbten, von tiefen Falten gezeichneten Gesichts. Auch auf seinem kahlen Kopf hatten die Streifen ihre Spur hinterlassen, als seien die Flammen gefährlich dicht über seine fleckige Kopfhaut getanzt. Das kleine Büschel roter Haare, das sich von Ohr zu Ohr über seinen Hinterkopf zog, hatte jedoch keine Rauchflecken abbekommen. Dew sah müde und erschöpft aus, als würde er jeden Augenblick vom Stuhl rutschen.
    Dew hatte immer zwei Handys bei sich. Das eine war ein handelsübliches, dünnes Gerät, mit dem er die meisten Anrufe erledigte. Das andere war klobig, aus Metall und auf elegante Weise schwarz lackiert. Es war mit den neuesten
Verschlüsselungsvorrichtungen ausgestattet, von denen Dew nicht das Geringste verstand und die ihm vollkommen gleichgültig waren. Er zog das große Handy aus der Tasche und wählte Murrays Nummer.
    »Guten Tag«, sagte eine Frau in freundlichem, aber geschäftsmäßigem Ton.
    »Verbinden Sie mich mit Murray.«
    Ein Klicken erklang, und er befand sich in der Warteschleife. Die Rolling Stones spielten »Satisfaction« über die blechern klingende Verbindung. Jesus, dachte Dew, sogar hochgeheime, sichere Verbindungen bringen diese beschissene Musikberieselung. Plötzlich war Murray Longworths Respekt einflößende Stimme zu hören, die Mick das Wort abschnitt.
    »Wie ist die Lage, Dew?«
    »Ein Riesen-SNAFU, Sir«, sagte Dew. Das aus dem Militärjargon stammende Akronym bedeutete Situation Normal, All Fucked Up. Situation normal, alles am Arsch. Er lehnte die Stirn gegen die pastellblaue Wand. Als sein Blick nach unten fiel, bemerkte er zum ersten Mal, dass seine Schuhsohlen geschmolzen, sich völlig verzerrt hatten und wieder abgekühlt waren. Dabei hatten sich Kieselsteine und Glassplitter in sie gedrückt. »Johnson ist verletzt.«
    »Wie schwer?«
    »Die Ärzte sagen, es kann so oder so

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