Infiziert
.45 verschwanden in den Flammen. Dew wusste nicht, ob er Dawsey getroffen hatte.
Es gab nur einen Weg, um das herauszufinden.
Er schob ein neues Magazin in den Colt .45, zögerte einen Augenblick und stürmte dann auf das tobende Feuer zu.
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Hüpf, hüpf
Ohne sich im Geringsten um seine Sicherheit zu kümmern, sprang Perry auf den nächsten Treppenabsatz. Mit einer einzigen Bewegung hatte er sechs Stufen hinter sich gebracht. Als er landete, spritzte Blut aus seinem Schritt. Der Schwung schleuderte ihn gegen die Wand, doch er stürzte nicht. Stattdessen drehte er sich um und nahm auch die nächsten sechs Stufen, indem er sich nur einmal kräftig abstieß. Als er auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock landete, rutschte ihm das Handtuch vom Bein, sodass er bis auf seine Socken vollständig nackt war.
Jeder, der ihn gesehen hätte, hätte das alles für unmöglich
gehalten und wäre überzeugt gewesen, dass Perry sich den Hals brechen musste. Doch er hüpfte einfach weiter, ohne zu wissen, dass Dew Phillips nur ein paar Stufen hinter ihm war.
Die Eingangstür öffnete sich mit einem Ruck, wobei sie so heftig in den Angeln nach außen geschleudert wurde, dass der Griff ein Stück aus der Backsteinwand schlug. Schreiend und mit weit aufgerissenen Augen hüpfte Perry hinaus in den Schnee. Die Kälte traf seinen nackten Körper wie die Faust von Mike Tyson.
Er hüpfte rasch weiter. Verschwommen spürte er, dass er sich einen Wagen besorgen, nach Wahjamega fahren und dieser verrückten Odyssee ein Ende bereiten musste. Gleichzeitig wollte er in eine Klinik, denn ein verdammter Idiot hatte ihn in die linke Schulter geschossen. Das hatte ihn fast umgeworfen, doch er war schon oft viel härter getroffen worden.
Aber es gab auch noch ein paar andere Dinge, weswegen er eine Klinik brauchte. Eine Klinik, um seinen Arm zu nähen, aus dem hellrotes, dampfendes Blut auf den Schnee schoss, der die Straße bedeckte. Eine Klinik, um das wieder zusammenzufügen, was auch immer in seiner Wade durchtrennt sein mochte, sodass er wieder auf zwei Beinen gehen konnte. Eine Klinik, um die riesigen Brandblasen auf seinem Rücken, seinem Kopf und seinen Hinterbacken zu behandeln, eine Klinik, um die Blutung an seinem Arm zu stillen. Eine Klinik, um das Feuer zu löschen, das seine rechte Hand und seinen rechten Arm verschlang. Eine Klinik, um die Kugel aus der Rückseite seiner linken Schulter zu operieren, und eine Klinik, um den verrottenden schwarzen Schleim aus seiner Schulter und seinem Hintern abzusaugen.
Und vor allem eine Klinik, um seinen Penis wieder anzunähen.
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Ein Schuss, ein Treffer
Die Eingangstür von Gebäude G hatte sich noch nicht ganz geschlossen, als Dew Phillips sie wieder aufstieß. Er rannte hinaus auf den schneebedeckten Bürgersteig, wobei er eine Spur von Flammen und Rauch hinter sich herzog. Er rollte sich einmal, zweimal, dreimal ab und stand wieder auf, die Flammen gelöscht, sein Jackett ein in beißenden Rauch gehüllter Fetzen schwelenden Polyesters.
Er hatte jenen Ort wiedergefunden, jenen mörderischen Ort, jene Stelle in seinem Geist, wo er seine Gefühle, seine Empfindungen und seine Moral zurückließ, wenn es darum ging, zu töten. Er war nicht mehr Dew Phillips. Er war Top, die tödliche Maschine, die mehr Leben ein Ende bereitet hatte, als er zählen konnte.
Dew ging in die Hocke wie ein erfahrener Schütze und hob die Hand mit der .45er so absolut sicher und ruhig wie ein Hirnchirurg seine Instrumente. Er sah alles: die schneebedeckten, toten Äste der winterlichen Bäume, die von Eis überzogenen Nadeln an den Zweigen der Kiefern und Sträucher, jeden Wagen, jede Radnabe, jedes Nummernschild, jeden Fußabdruck im Schneematsch. Polizisten umstanden das Gelände wie dunkelblaue Alligatoren, die sich auf einem Flussufer sonnen. Drei graue Vans rasten heran: einer
von rechts, einer von links und einer von jenseits des blutüberströmten, hüpfenden Freaks vor ihm.
In einem verzweifelten Versuch, in die Freiheit zu sprinten, hüpfte Dawsey über den Parkplatz, auch wenn es längst keinen Ort mehr gab, an den er hätte fliehen können. Er schien die Einsatzfahrzeuge zu bemerken und wurde langsamer. Schließlich blieb Dawsey stehen und drehte sich um. Mit der wahnsinnigen Zuversicht eines Irren hüpfte er auf Dew zu.
Dew nahm ein Gesicht ins Visier, das vor Wut, Schmerz, Verwirrung und Hass völlig verzerrt war. Riesig und schrecklich stürmte der gewaltige Mann voran, und selbst aus der
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