Infiziert
kamen im dichten Schnee schliddernd zum Stehen und umschlossen Dew und Perry. Wie Ameisen aus ihrem Hügel strömten Soldaten in biologischen Schutzanzügen heraus. Die Polizisten, die sich auf dem Grundstück aufhielten, kamen näher, wahrten jedoch eine gewisse Distanz zu den bizarr gekleideten Männern, von denen jeder eine gedrungene, tödliche FN P90 in den Händen hielt.
Margaret und Clarence waren als Erste bei Dawsey und Dew. Clarence zog seine Glock und versuchte, den verletzten Mann im Visier zu behalten, doch Margaret stürmte nach vorn und kniete sich neben den von Brandwunden bedeckten Körper, wobei ihr Knie die dampfende Blutpfütze berührte, die immer größer wurde. Energisch wandte sie ihren Blick von dem abgetrennten Penis weg, den die Hand umklammerte.
Der Mann atmete noch, obwohl sie nicht sagen konnte, wie lange das der Fall sein würde. Sie hatte noch nie einen so zerschundenen Menschen gesehen, der noch immer
am Leben war. Sie sah nirgendwo Dreiecke, doch angesichts des ganzen Blutes und der Verbrennungen dritten Grades konnte sie nicht sicher sein. Doch er lebte, und das war wenigstens etwas, mit dem sie arbeiten konnte.
Sie wäre fast aufgesprungen, als er plötzlich sprach.
»Jemand klingelt«, sagte Dawsey. »Ich muss nach Wahjamega. Tun Sie mir einen Gefallen, öffnen Sie die Tür, und lassen Sie ihn rein.«
Margaret schluckte heftig. Sie konnte kaum ihren Augen trauen. Dieser schwer verletzte Mann, dessen Blut den Schneematsch rot wie Kirschsaft färbte, redete mit ihr und hatte dabei ein irres Lächeln aufgesetzt.
»Mach die verdammte grüne Tür auf, du miese Schlampe! « Dawseys dicke Hand schoss blitzschnell nach oben, packte ihren Racal-Anzug und zog sie zu sich herab, bis seine Lippen gegen ihren Helm drückten und Blut und Speichel über den durchsichtigen Kunststoff schmierten. Seine weit aufgerissenen, wahnsinnigen Augen waren nur Zentimeter von ihren Augen entfernt.
»Jemand klopft an diese beschissene Tür!«
Clarence schlug mit dem Griff seiner Glock gegen Dawseys Wange und versetzte ihm eine weitere offene Wunde. Dawsey zuckte zusammen, doch sein wütendes Knurren hielt an. In seinen Augen brannte die rasende Wut reinen Wahnsinns.
Clarence versetzte ihm zwei weitere rasche Schläge. Dawseys Griff löste sich, und er sackte mit halb geschlossenen Augen zu Boden. Sein Gesicht trug noch immer dasselbe Lächeln.
»Sind Sie okay, Doc?«, fragte Clarence.
Mühsam fand Margaret ihre Fassung wieder. Ihr Atem
war unregelmäßig. Eine Sekunde lang war sie davon überzeugt gewesen, dass Dawsey sich durch ihren Anzug bohren und ihr die Kehle herausreißen würde. Er war so schnell und so verdammt stark.
»Ich bin in Ordnung«, sagte sie. Sie stand auf und winkte zwei Soldaten heran, die in der Nähe mit einer Trage warteten.
Auch Dew kam hinzu, leise keuchend nach der ganzen Anstrengung. Er deutete auf die Soldaten in den Racal-Anzügen. »Versorgt seine Wunden, schnell. Und fesselt ihn, er ist gefährlich. Schafft seinen Arsch in den Van, Leute, wir müssen uns beeilen.«
Sie konnte sich kaum vorstellen, was dieser arme Mann durchgemacht hatte. Welche Gedanken konnten einen Menschen dazu bringen, sich solche Wunden zuzufügen? Margaret fragte sich, ob er ihr wohl die Antworten darauf geben würde.
Sie konnte nicht wissen, welche Schrecken in den nächsten Monaten noch auf sie zukommen würden. Für Perry Dawsey war die Infektion vorbei. Für den Rest der Welt hatte sie gerade erst angefangen.
87
Der Springer
Es war alles so schnell gegangen, dass aus der soeben abgefeuerten .45er noch immer kleine Rauchwolken drangen. Wieder einmal hatte Dew seinen Auftrag erledigt, doch er fühlte sich nicht besser. In der Frage, wer für dieses Grauen und den Mord an seinem Partner verantwortlich war, war er keinen Schritt weitergekommen. Dew sagte kein Wort. Er hielt seine Waffe umklammert und sah zu, wie Clarence Otto dem Einsatzteam Anweisungen gab, das einen kleinen Kreis um Dawsey bildete.
Ein Fenster im dritten Stock explodierte. Dew hob den Kopf und sah die Flammen, die nach außen drängten. Schmieriger schwarzer Rauch zog hinauf in den Himmel. Doch er entdeckte noch etwas, etwas Brennendes, etwas Fallendes. Ein kurz aufzuckender Komet, dessen peitschende, seilartige Verlängerungen ihn wie der Kopf einer in Flammen stehenden Medusa aussehen ließen.
Das Ding schlug hart auf dem schneebedeckten Bürgersteig auf, die Flammen schienen nach außen zu spritzen, bevor sie
Weitere Kostenlose Bücher