Infiziert
Leiche. Das Feuer
hatte den Kopf nur kurz berührt. Alle Haare waren verbrannt, und die Kopfhaut war mit kleinen Blasen bedeckt. Die Augen der Leiche waren weit aufgerissen, das Gesicht war von Wut verzerrt. Margaret unterdrückte ein Schaudern, das einerseits diesem Bild des Wahnsinns vor ihr auf dem Tisch galt, andererseits aber auch Dew Phillips, der sich diesem grauenhaften Gesichtsausdruck gestellt und drei Mal den Abzug gedrückt hatte.
Der Zustand der Arme und Beine war am schlimmsten. Sie waren stellenweise völlig verkohlt. Die noch übrig gebliebene Haut hatte das ledrige Grünschwarz von Verbrennungen dritten Grades angenommen. Die linke Hand war nur noch eine skelettartige Kralle, die mit einzelnen Stücken verkohlten Fleisches überzogen war. Die rechte Hand war in einem besseren Zustand. Sie zeigte fast keine Verbrennungen und sah aus wie ein merkwürdiges weißes Etwas am Ende eines zusammengeschrumpften, verkohlten Arms. Beide Beine endeten unmittelbar unter den Knien.
Die Genitalien der Leiche waren weitgehend verbrannt. Verbrennungen zweiten Grades bedeckten den Unterbauch und die untere Hälfte des Torsos. In der Brust waren drei große Einschusslöcher erkennbar, zwei davon nur wenige Zentimeter nebeneinander im Herzen, eines direkt darüber. Mehrere Blutflecken waren inzwischen vollkommen getrocknet und begannen abzublättern, wobei sie hellere Flecken auf der verbrannten Haut hinterließen.
»Was ist mit seinen Beinen passiert?«
»Er hat sie abgehackt«, sagte Dew. »Mit einem Beil.«
»Was meinen Sie damit – er hat sie abgehackt? Er hat sich selbst die Beine abgehackt?«
»Unmittelbar bevor er sich selbst in Brand gesteckt hat.
Mit Benzin. Mein Partner hat versucht, ihn zu löschen. Zum Dank für seine Bemühungen hat er das Beil in den Bauch bekommen.«
»Jesus Christus«, sagte Amos. »Er hat sich die Beine abgehackt und sich dann selbst in Brand gesteckt?«
»Genau«, sagte Dew. »Aber diese hübschen Einschusslöcher in seiner Brust, die sind von mir.«
Margaret starrte die Leiche an und sah dann wieder auf zu Dew. »Und … hat er welche?«
Dew griff nach unten und drehte die Leiche um. Aus irgendeinem Grund war sie überrascht, dass er chirurgische Handschuhe trug. Es kostete ihn kaum Kraft, den Körper zu bewegen. Martin Brewbaker war nicht groß gewesen, und das Feuer hatte viel von seinem Gewicht verschlungen.
Die Austrittswunden in Brewbakers Rücken waren viel größer. Die Kugeln vom Kaliber 45 hatten faustgroße Löcher gerissen, doch das war es nicht, was Margarets Aufmerksamkeit fesselte. Ohne es zu bemerken, hielt sie den Atem an. Gleich links neben dem Rückgrat und direkt unterhalb des Schulterblatts befand sich eine dreieckige Wucherung. Sie war die erste, die sie seit der Obduktion von Charlotte Wilson unmittelbar – und nicht nur als Foto – vor sich sah. Eine der Kugeln hatte ein kleines Stück der Wucherung weggerissen, und das Feuer hatte noch mehr Schaden angerichtet, doch jetzt besaß sie wenigstens etwas, mit dem sie arbeiten konnte.
Amos beugte sich nach vorn. »Gibt es noch mehr?«
»Ich glaube, ich habe ein paar auf seinen Unterarmen gesehen, aber ich bin nicht sicher«, sagte Dew.
»Nicht sicher?« Margaret streckte sich. »Wie können Sie nicht sicher sein? Entweder haben Sie sie gesehen oder
nicht.« Sie bemerkte, das Amos’ Gesicht im Helm zuckte, doch es war zu spät.
Dew starrte sie an, und deutlich sichtbar kreiste Wut hinter seinen toten Augen. »Tut mir leid, Doc, ich war damit beschäftigt, dieses beschissene Beil im Auge zu behalten, das dieser Bastard meinem Partner in den Magen gerammt hat.« Er sprach langsam, und seine Stimme klang drohend. »Ich weiß, ich mache diese Scheiße erst seit dreißig Jahren, aber das nächste Mal werde ich besser aufpassen.«
Sie fühlte sich plötzlich sehr klein. Mit dem ersten Blick auf die Leiche hatte sie sofort vergessen, dass Dews Partner in kritischem Zustand im Krankenhaus lag. Mein Gott, Margaret, dachte sie, bist du schon als unerträgliche Schlampe auf die Welt gekommen, oder musst du erst noch daran arbeiten?
»Dew … es tut mir leid wegen …« Der Name von Dews Partner fiel ihr nicht ein.
»Malcolm Johnson«, sagte Dew. »Agent, Ehemann, Vater. «
Margaret nickte. »Richtig. Natürlich. Agent Johnson. Nun, es tut mir leid.«
»Sparen Sie sich das für die medizinischen Fachzeitschriften auf, Doc. Man erwartet von mir, dass ich Ihre Fragen beantworte, das ist mir klar. Aber wissen
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