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Infiziert

Infiziert

Titel: Infiziert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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hier, mal da eine in der Struktur verkeilten.
    Wo die Kiefer gewesen waren, erschien ein krustenartiger Überzug. Die tödliche Komponente fraß das Innere der Kruste weg, doch die Keimlinge fluteten die Rahmenstruktur mit einer weiteren Chemikalie, die die Kruste von außen verstärkte. Es war ein prekäres Gleichgewicht, doch solange die Keimlinge am Leben blieben und die Chemikalie weiterproduzierten, blieben die Giftkugeln versiegelt.
    Sollten die Keimlinge jedoch ihre Funktion einstellen, würde sich die krustenartige Abdeckung auflösen; der aggressive Katalysator im Inneren würde sich über die ganze Rahmenstruktur verteilen und diese samt den modifizierten Stammzellen und allen neu geschaffenen Zellen auflösen. Die Zellen würden schwarz werden, sterben und sich dann verflüssigen; das so entstehende Abfallmaterial würde weitere
Zellen vergiften. Die so entstandene Kettenreaktion würde das gesamte weiche Gewebe auflösen, mit dem es in Berührung kam – die Strukturen des Organismus selbst, dazu Muskeln, Haut, Organe … einfach alles.
    Damit dies nicht geschah, mussten die Keimlinge überleben.
    Aber der Wirt konnte das nicht wissen.

27
Abschied
    »Es tut mir leid, Mr Phillips«, sagte der Arzt. »Er ist gerade von uns gegangen. Wir dachten, er sei aus dem Gröbsten raus, doch dann ist er einfach gegangen.«
    Dew starrte den Arzt an, der müde und mitgenommen aussah. Den Arzt traf keine Schuld. Der Mann hatte alles in seiner Macht Stehende getan. Trotzdem konnte Dew die aufkommende Wut kaum unterdrücken, sodass er sich vorstellte, wie leicht es wäre, den mageren Hals des kleinen Arztes zu brechen.
    »Woran ist er gestorben?«
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Ich glaube, die ganze Angelegenheit war einfach zu viel für seinen Körper. Um ganz offen zu sein, er hätte eigentlich schon am Montag sterben müssen, doch er war stark genug, um weitere sechzig Stunden zu kämpfen. Deswegen dachten wir, dass wir ihn vielleicht retten können, doch die Verletzungen waren einfach zu schwer. Es tut mir so leid. Wenn Sie mich
bitte entschuldigen wollen, ich muss mit seiner Frau sprechen. «
    »Nein«, sagte Dew in scharfem Ton. Dann fügte er leise hinzu: »Nein. Ich werde es tun. Ich war sein Partner.«
    »Wie Sie wünschen, Mr Phillips«, sagte der Arzt. »Ich bin in der Nähe, wenn Sie mich brauchen.«
    Der Arzt ging davon. Dew starrte zu Boden und nahm all seinen Mut zusammen. Es war nicht das erste Mal, dass er einen Partner verloren hatte, und es war nicht das erste Mal, dass er die Nachricht einer Frau überbringen musste, die soeben Witwe geworden war. Es wurde nicht leichter. Seltsam, wie man sich an das Töten gewöhnen konnte, aber nicht an den Tod.
    Müde blickte er den Flur hinab. Shamika sah ihn an. Ihr Sohn Jerome lag schlafend in ihrem Schoß. Sie wollte es nicht wahrhaben, doch ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie wusste es. Und doch musste Dew noch mit ihr sprechen. Die Worte mussten gesagt werden.
    Dew ging auf sie zu und dachte an einen Tag in einer anderen Klinik vor sechs Jahren, an den Tag, an dem Jerome geboren wurde. Er erinnerte sich daran, wie er mit Malcolm im Wartezimmer saß und Malcolm so nervös gewesen war, dass er sich zweimal übergeben hatte. Er erinnerte sich, wie er wenige Stunden nach der Geburt mit Shamika gesprochen hatte.
    Noch immer ging er auf sie zu. Sie umfasste Jerome mit festen Händen und fing an, ihren Kopf hin und her zu schütteln. Sie murmelte verzerrte Worte, die man nicht verstehen konnte und deren Bedeutung doch eindeutig war. Dew wäre am liebsten irgendwo anders gewesen, gleichgültig wo, solange er nur diese weinende Frau nicht ansehen musste,
die Ehefrau seines Freundes, seines Partners … des Mannes, den zu schützen er versagt hatte.
    Er musste selbst gegen die Tränen ankämpfen, und eine Trauer, die sich leer anfühlte, strömte zusammen mit Wut und brennendem Hass durch seine Brust. Nur das Wissen, dass er denjenigen finden würde, der für all das verantwortlich war, hielt ihn noch aufrecht. Und das Wissen, welchen Spaß er dann haben würde.

28
Noch einmal der Badezimmerfußboden
    Für einen kurzen Augenblick fiel Perry zurück in eine frühere Zeit. Er war siebzehn Jahre alt. Seine Mutter weinte wie üblich und schüttelte ihn sanft. Perry öffnete langsam die Augen, und der Schmerz schoss ihm durch das Gehirn. Er tastete nach seinem Hinterkopf; als er die Hand wieder nach vorne zog, war sie voller Blut. Sein Dad saß am

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