Infiziert
hatte? Er schob den Rand des Handtuchs zurück, um seinen Oberschenkel zu betrachten und die Wunde freizulegen, die mit dazu beigetragen hatte, dass er zwei Tage lang bewusstlos gewesen war. Beim Duschen war das getrocknete Blut abgespült worden, sodass frisches rosarotes Narbengewebe zurückgeblieben war, in dessen Mitte sich ein kleines dunkelrotes Stück Schorf befand. Die Wunde
sah gesund aus. Normal. Die weiße Wucherung, die das Jucken verursacht hatte, war verschwunden.
Sie war verschwunden … aber die anderen nicht.
Er setzte sich an den Küchentisch und zog sein rechtes Knie bis zur Brust hoch, sodass er aus nächster Nähe einen guten Blick auf sein Schienbein werfen konnte.
Die Haut, die wie eine Orangenschale ausgesehen hatte, war verschwunden. Doch das, was jetzt ihren Platz einnahm, sorgte nicht gerade dafür, dass er sich besser fühlte.
Wo zuvor die dicke, raue Orangenschale gewesen war, befand sich jetzt ein eigenartiges Dreieck. Das Dreieck lag unter der Haut. Jede Seite des Dreiecks war etwa zweieinhalb Zentimeter lang.
Die Haut, die dieses merkwürdige Dreieck bedeckte, hatte einen bläulichen Farbton. Es war dieselbe Farbe, die auch die Venen an der Unterseite seiner Handgelenke hatten. Aber es war nicht seine Haut. Zwar gab es keinen Riss in der Haut, die sein Bein umgab – und das galt für die gesamte Haut seines Körpers –, doch irgendwie schien das, was sich über das blaue Dreieck spannte, nicht zu ihm zu gehören. Es fühlte sich ledriger an als seine eigene Haut.
In der Nähe jeder der drei Spitzen des Dreiecks befand sich ein Schlitz von einem halben Zentimeter Länge, der in Richtung des Dreieckszentrums deutete. Die Schlitze erinnerten Perry an die Schnitte in einem selbst gemachten Apfelkuchen – wenn ein Apfelkuchen dreieckig und bläulich gefärbt wäre und aus menschlicher Haut bestünde.
Scheiße, was war das nur?
Perry atmete in kurzen, flachen Zügen. Er musste in eine Klinik.
Sein Vater war in eine Klinik gegangen. Sein Vater war
nie wieder herausgekommen. Die Ärzte hatten einen Scheiß für seinen Vater getan. Jacob Dawsey hatte die letzten zwei Monate seines Lebens damit zugebracht, langsam in einem Klinikbett in sich zusammenzusacken, während ihm nichtsnutzige Ärzte Nadeln in den Leib stachen, in ihm herumstocherten, an ihm herumzerrten und ihre Tests machten. Und während dieser ganzen Zeit war sein 265 Pfund schwerer Vater mit seinem gewaltigen Brustkorb bei einer Körpergröße von einem Meter fünfundneunzig zu einer lebenden Mumie von 150 Pfund zusammengeschrumpft und hatte sich in eine Gestalt aus einem Kinderalbtraum verwandelt.
Perry selbst war einmal in ein Krankenhaus gekommen, gleich nach seiner Knieverletzung beim Rose Bowl. Angeblich konnten diese verdammten Ärzte alles wieder in Ordnung bringen. Nur stellte sich heraus, dass das nicht der Fall war. Monate später behauptete ein zweites Team von Spezialisten (und für einen All Big Ten Linebacker gibt es immer genügend Spezialisten, vielen Dank), dass die ersten Ärzte alles vermasselt hatten. Perry hätte seine Karriere möglicherweise weiterverfolgen könne, wenn sie ihre Sache richtig gemacht hätten.
Doch das hier war kein kaputtes Knie. Es war nicht einmal Krebs. Krebs war eine irgendwie halb lebendige Masse Fleisch. Das Ding, das er aus seinem Bein gezogen hatte, war wirklich am Leben gewesen, und es hatte sich von ganz alleine bewegt.
Und da waren noch sechs weitere. Sechs weitere waren zwei Tage lang ungehindert weitergewachsen, während er bewusstlos gewesen war. Diese Dinger hatten nur drei Tage gebraucht, um sich aus einem kleinen Ausschlag in das sich windende Grauen zu verwandeln, sowie weitere
achtundvierzig Stunden, um zu diesen bizarren dreieckigen Wucherungen zu werden. Was, zum Teufel, würden sie in den nächsten vierundzwanzig Stunden werden? Oder den nächsten achtundvierzig Stunden?
So schnell wie möglich warf sich Perry die ersten Kleider über, die er finden konnte, griff nach den Schlüsseln und seiner Jacke und ging zu seinem Wagen.
Zeit für die Klinik.
Definitiv Zeit für die Klinik.
32
Dr. Cheng, bitte kommen, Dr. Cheng, bitte kommen
Margaret wartete darauf, dass Dr. Cheng ans Telefon kam. Sie wartete nicht gerne, aber es war schwierig, wütend zu sein, während Agent Clarence Ottos starke Hände ihre verkrampften Schultermuskeln bearbeiteten. Sie war immer noch im Büro des Direktors, nur saß sie jetzt im Sessel für die großen Mädchen. Murray war auf
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