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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Instantbekehrung, deren Ursache mir schleierhaft war. Er wankte zum Esstisch und stützte sich darauf ab. »Ich wollte hier übernachten, mehr nicht. Sollte ich mich vielleicht ins Kinderbettchen legen? Im Übrigen ist das mein Bett, und das hier ist auch mein Tisch. Das meiste, was hier steht, ist von mir.«
    Diese Erklärung fand ich recht skurril. »Mehr hast du nicht zu deiner Entschuldigung zu sagen?«
    Ergeben nickte er mit dem Kopf. »Ich hatte Krach mit meiner Frau.«
    Hastig einen Regenmantel über den Schlafanzug geworfen und aus dem Haus gerannt. »Wegen Jennifer?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Hattest du Dienstagnacht auch Krach mit deiner Frau?«
    Er starrte mich an, die Röte stieg ihm ins Gesicht. »Jennifer konnte natürlich den Mund nicht halten.«
    »Ich bin ein guter Zuhörer.«
    Er seufzte und nickte an die fünf Mal. »Na gut«, sagte er. »Das kannst du mir ruhig ankreiden. Ich hab’s tatsächlich versucht. Aber ich habe sie nicht ermordet. Ich ermorde keine Frau, nur weil sie mal Nein sagt.«
    Einen Augenblick lang wirkte unser Gespräch wie eine höfliche Unterhaltung zwischen zwei einigermaßen vernünftigen Erwachsenen.

»Aber du musst doch zugeben, dass du dich verdächtig gemacht hast«, sagte ich ruhig. »Nach dem Krach auf Ingrids Geburtstag.«
    »Ich war betrunken.«
    Ich lachte freudlos. »Vielleicht warst du Dienstagnacht auch betrunken?«
    »Vielleicht«, gab er zu. »Aber nicht hier.«
    »Hat die Polizei mir dir gesprochen?«
    »Mit dir etwa nicht?«
    »Was hast du ihnen gesagt, wo du dich in dieser Nacht aufgehalten hättest?«
    »Bei meiner Frau im Bett.«
    »Und das hat sie bestätigt?«
    »Ja.«
    Die Art und Weise, wie er das sagte, brachte mich auf eine Idee. »Habt ihr deswegen Krach gehabt?«
    »Ein bisschen.« Bokhof schüttelte den Kopf. »Ich bin jeden Dienstagabend mit einem Freund unterwegs, aber ich will nicht, dass die Polizei ihn auch noch belästigt.«
    Das klang irgendwie verdruckst und unvollständig. »Wer ist denn dieser Freund?«
    Er fragte sich anscheinend nicht, mit welchem Recht ich ihn verhörte. »Sjef Dirksen, aus Acquoy.«
    »Verbringt ihr eure Dienstagabende bei ihm zu Hause?«
    »Nein. Wir gehen Billard spielen oder so.«
    »Hatte deine Frau vielleicht keine Lust, die Polizei anzulügen, weil sie sowieso schon sauer wegen der Geschichte mit deiner Mieterin war?«
    Bokhof drehte sich mit einem Ruck zu mir um. Ich schaute ihm in die wütend funkelnden Augen, und es war mir klar, dass ich aufpassen musste, weil dieser Kerl jederzeit explodieren konnte. Wieder zerrte er an seinem Pyjama herum. »Ich habe Jennifer niemals belästigt, jedenfalls nicht gegen ihren Willen.«
    Ich ließ diese ziemlich paradoxe Aussage auf sich beruhen. »Das ist deine Sache, damit musst du selbst fertig werden, aber wenn du für die Polizei nicht der Tatverdächtige Nummer eins sein willst, würde ich mich an deiner Stelle vom Heuschober fern halten, bis dir Jennifers Bruder den Schlüssel zurückgibt.«
    Sein Erstaunen wirkte echt. »Meinst du wirklich?«
    »Da bin ich mir sicher. Außerdem machen die einen Lustmord daraus, wenn sie dahinter kommen, dass du in ihr Bett steigst, wenn du Krach mit deiner Frau hattest. Auch für mich überschreitet das jegliche Grenzen des Anstands.«
    Bokhof schaute mir nach wie eine Eule und rührte sich nicht, als ich durch den Abstellraum hinausging. Ich zog die Hintertür hinter mir zu, blieb aber nach dem ersten Schritt abrupt wieder stehen.
    Ich wurde wohl langsam senil.
    Mit meiner Taschenlampe ging ich in die Hocke und leuchtete über die Gartenwegplatten. Am Mittwochmorgen hatte ich hier das Knirschen kleiner Glasstücke unter meinen Schuhen gehört. Tatsächlich sah ich im Lichtstrahl ein Glitzern: winzige Glassplitter, die in den Fugen zwischen den Gehwegplatten stecken geblieben waren, mit denen ein schmales Stück hinter dem Heuschober gepflastert war.
    Noch einmal steckte ich meine Hand durch die Pappe, fasste nach dem Verriegelungsknopf, stieß die Tür auf und schaltete das Licht im Abstellraum ein. Ich hörte über mir ein Knarren, wahrscheinlich zog Bokhof gerade seine Schuhe an. Die nackte Birne unter dem weißen Lampenschirm warf ein Lichtrechteck auf die Platten draußen. Die Tür ging nach links innen auf, und an der Unterseite war ein Luftzugschutz angebracht, ein weißes Plastikband mit einem Bürstenstreifen. Die Glasscherben links im Abstellraum konnten von dem Streifen oder von einem Fuß zu dieser Seite hin

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