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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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und sie direkt vor meiner Hintertür über den Haufen schießen. Sie errötete ein wenig vor Verlegenheit, als ich ihr mit meinem unschuldigsten Lächeln bloß meinen Meulendijkausweis hinhielt. »Ich habe Mevrouw Bokhof gesagt, dass ich Detektiv bin, und ihr angeboten, sich diesen Ausweis anzuschauen. Sie wollte ihn aber gar nicht sehen und lud mich zu einer Tasse Tee im Wohnzimmer ein. Jetzt du wieder.«
    Unser gegenseitiges Duzen beruhte nicht auf Freundlichkeit oder dem Bedürfnis nach Annäherung. Bea nahm meinen Ausweis und hielt ihn sich etwas zu nahe vor die Augen; vielleicht war sie eitler, als gut für sie war. »Meulendijk sagt, du würdest nicht mehr für ihn arbeiten.«
    »Ich bin immer noch als Mitarbeiter bei ihm registriert. Ich bin Freiberufler.«
    »Ich muss davon ausgehen, dass dieser Ausweis missbraucht wurde, und ich möchte ihn beschlagnahmen.«
    Das klang ernst gemeint, und ich spürte, wie ich frostig wurde. »Das würde ich dir nicht raten.«
    Sie schaute mich an, und ich erwiderte starr ihren Blick. Sie hatte braune Augen mit goldenen Flecken darin, die ich jetzt erst entdeckte. Sie roch ein wenig nach Schweiß, noch nicht einmal unangenehm.
    »Bist du den ganzen Weg aus Tiel mit dem Fahrrad gekommen?«, fragte ich ein wenig spöttisch.
    Ich glaube, sie begriff, was ich meinte. »Du kannst mich mal«, sagte sie.
    Ich grinste und nahm ihr meinen Ausweis aus der Hand.
    Sie ging noch einen Schritt zurück. Ihr Ton wurde wieder förmlich. »Ich warne dich. Halte dich bloß aus den polizeilichen Ermittlungen heraus. Sonst werden wir ungemütlich.«
    »Hast du Bokhofs Alibi mal ein bisschen näher unter die Lupe genommen?«
    In der Drehung zu meiner Verandatreppe hin hielt sie noch einmal inne. »Natürlich.«
    »Und?«
    »Spar dir die Mühe. Er war zu Hause bei seiner Frau.«
    »Ach, wirklich? Hat er das gesagt? Oder sie? Oder alle beide? Und wer sonst noch?«
    Es tat ihr sichtlich Leid, dass sie schon draußen war und nicht mit einer Tür knallen konnte.

 

11
     
     
    Die arme Frau, dachte ich. Sie musste auch noch für ihn lügen. Und alles in sich hineinfressen, denn im Reich der streng protestantischen Pfarrer gab es keine Kaplane, denen man seine Sünden beichten konnte, um anschließend gegen zwei Vaterunser und einen Rosenkranz davon erlöst zu werden.
    Außerdem konnte sie gar nicht lügen.
    Dass er um halb zwölf zu Hause gewesen war, war Quatsch. Das mit dem Billardspielen vielleicht auch. Würde Bokhof Bücher lesen oder sich Krimis im Fernsehen anschauen, hätte er wissen müssen, dass eine Beschwerde bei der Polizei meist nach hinten losgeht. Vielleicht konnte er nicht lesen. Ich hatte in seinem Wohnzimmer weder Bücher noch Zeitschriften gesehen, und der Fernseher schlummerte wahrscheinlich in einem polierten Fernsehschrank.
    Ich bog von der Landstraße ab und fuhr den Deich von Acquoy hinauf. Dort, wo die Linge eine Schleife machte, standen winzige Deichhäuser, denen kleine Gemüsegärten gegenüberlagen; im Wasser dümpelten Ruderboote. Ich verließ den Deich wieder, und zwei Teenager erklärten mir den Weg.
    Eine dicke Frau mit schulterlangem grauem Haar öffnete mir die Tür. Sie hatte freundliche Augen. Ja, ihr Mann sei zu Hause. Sie fragte nicht, warum ich ihn sprechen wollte, und führte mich in ein kleines Nebenzimmer, das als Büro eingerichtet war.
    Dirksen war Obstbauer, genau wie Bokhof. Ein Computer auf einem Holzschreibtisch, ein Fax, Ordner, die Buchhaltung, ein Poster mit makellosen Äpfeln und ein Kalender von den Obstversteigerungshallen in Geldermalsen. Dirksen war groß und schwer und ungefähr im selben Alter wie Bokhof, doch er wirkte jovialer und weniger frustriert. »Na so was«, sagte er nach einem Blick auf meinen Ausweis. »Von einer Detektei? Da ist einem sicher nichts Menschliches mehr fremd.«
    »Sind Sie ein guter Freund von Harm Bokhof?«
    Er lehnte sich zurück, und das Lächeln verschwand für einen Augenblick von seinem Gesicht. »Was soll ich machen?«, fragte er, mehr sich selbst. »Harm anrufen und fragen, was ich tun soll?«
    »Damit helfen Sie ihm nicht.«
    »Harm kann manchmal ein Ekel sein, aber er ist mein Freund. Schon seit der Grundschule.«
    »Und Sie gehen auch schon mal zusammen weg.«
    »Das auch. Kommen Sie wegen seiner ermordeten Mieterin? Wurde der Täter immer noch nicht gefasst?«
    »Ich versuche, herauszufinden, wo Harm an jenem Abend war.«
    Sjef Dirksen las Bücher. »Willst du damit sagen, dass er verdächtigt wird und

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