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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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gehört.«
    Vielleicht war ihr etwas über Jennifers Umzugspläne zu Ohren gekommen. »Haben Sie den Heuschober vorher schon einmal vermietet?«
    »Nein.« Sie schaute das Foto an. »Es war die Idee meines älteren Sohnes, ihn umzubauen und an Touristen zu vermieten. Möchten Sie noch Tee?«
    Ich schüttelte den Kopf, und sie schwieg hartnäckig. Ich musste sie zum Reden ermuntern. »Haben Sie sich das mit den Touristen dann doch anders überlegt?«
    »Ja. Mein Sohn ist nach Antwerpen gezogen, und als der Heuschober fertig war, fand mein Mann es besser, ihn langfristig zu vermieten.«
    »Hat er die Mieterin ausgesucht?«
    »Ja, und wir hatten eine Auseinandersetzung deswegen.«
    »Warum?«
    »Er erzählte, Mevrouw van Maurik sei Witwe, ihr Mann sei bei einem Unfall ums Leben gekommen und es sei unsere Christenpflicht, ihr und ihrem Kindchen zu helfen. Ich bin zu ihr hingegangen und habe ihr Babysachen und Obst mitgebracht. Ich fragte sie nach dem Unfall, aber sie sagte nur: ›Was für ein Unfall? ‹« Sie stellte ihre Teetasse hin, und ihre Hand zitterte ein wenig. »Sie war gar keine Witwe, das Kind war unehelich. Ich habe zu meinem Mann gesagt, er müsse ihr kündigen. Aber er behauptete, das ginge nicht, das sei gegen das Mieterschutzgesetz. Er sagte, sie habe auch ihn angelogen, um den Heuschober zu bekommen.«
    »Glauben Sie, dass das so war? Dass sie ihn angelogen hat?«
    »Am Ende kriegt jeder, was er verdient.«
    Ich unterdrückte meine spontane Reaktion. Dieses Weib konnte nichts dafür, und ich brauchte sie. »Kennen Sie Sjef Dirksen?«, fragte ich.
    »Ja, er wohnt in Acquoy«, antwortete sie mit mürrischem Blick.
    »Und mit ihm war Ihr Mann an dem bewussten Dienstagabend Billard spielen?«
    Sie sagte nichts, sondern schaute mich nur ausdruckslos an. Ich wusste nicht, was ich damit anfangen sollte, und fragte: »War er um zwölf Uhr nachts zu Hause?«
    »Das müssen Sie ihn schon selber fragen, ich höre ihn gerade kommen.«
    Sie hatte bessere Ohren als ich oder eheliche Antennen, die auf andere Frequenzen eingestellt waren. Ich nahm meine leere Teetasse hoch, lehnte mich in dem Plüschpolstersessel zurück und dachte: What the hell.
    Bokhof kam herein, blieb stehen und lief sofort rot an. »Was macht dieser Mann hier?«
    »Das Gespräch fing gerade an, interessant zu werden«, sagte ich.
    Seine Frau erwiderte seinen Blick, mit einer Art schüchterner Warnung in den Augen. »Der Meneer ist von der Polizei.« »Moment mal«, setzte ich zu einem Protest an und lehnte mich nach vorn, um die Teetasse abzustellen und aufzustehen.
    Doch schon sagte Bokhof höhnisch: »Das glaubst aber auch nur du.«
    »Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor …«, murmelte ich.
    Bokhof hielt die Tür auf. »Du hast deinen Tee ausgetrunken, das trifft sich gut, dann bist du rechtzeitig zum Mittagessen zu Hause, Wiedersehen.«
    Sie trug kein hübscheres Kleid und brachte auch kein Gebäck mit. Stattdessen schaute Bea Rekké mich mit dem Blick einer Katze an, die endlich den Kanarienvogel in eine Ecke getrieben hat, aus der er nicht mehr entkommen kann.
    »Vorspiegelung falscher Tatsachen, das sind wir hier nicht gewöhnt. Haben Sie solche Methoden auch in Amsterdam angewandt und mussten deshalb hierher ziehen? Das kostet Sie Ihre Lizenz!«
    Hatte die eine Ahnung. »Hat Bokhof sich beschwert?«, fragte ich.
    Unverwandt schaute sie mich an – wer sonst?
    »Er war nicht dabei, als ich mich seiner Frau vorgestellt habe«, sagte ich. »Haben Sie eigentlich auch mit ihr gesprochen?«
    »Warum sollten wir?«
    »Alte Polizeigewohnheit«, antwortete ich. »Man vernimmt alle Beteiligten, so lange, bis man genau Bescheid weiß. Sie sind nicht zufällig auch an meiner Version der Geschichte interessiert?«
    »Nur, wenn Sie eine besonders originelle Ausrede parat haben.«
    Ich betrachtete den leichten Flaum auf Beas Oberlippe. Sie erinnerte mich an jemanden, aber ich wusste nicht, an wen, vielleicht irgendeine Schauspielerin oder jemanden von der höheren Schule. »Das wird nie was mit uns«, sagte ich renitent. »Ich bräuchte dich gar nicht erst rein zulassen. Was hatte ich gesagt? Ein hübscheres Kleid und eine Flasche Champagner.«
    Sie reagierte völlig frustriert und duzte mich vor Wut ebenfalls. »Ich kann dich wegen Obstruktion und Beleidigung einer Beamtin im Dienst einsperren.«
    Ich fuhr mit der Hand in meine Innentasche, und sie trat tatsächlich einen Schritt zurück, als habe sie Angst, ich würde eine Pistole ziehen

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