Ingrid
antwortete der junge Mann eifrig.
»Nehmen Sie die Fotos selbst auf?«
»Ja, natürlich, entweder ich oder mein Kollege.« Der junge Mann war sichtlich froh, dass er Nel los war und sich mit einem normalen Menschen unterhalten konnte. »Wir verfügen über hochwertige Kameras und wissen meist besser als der Eigentümer, wie man ein solches Objekt so günstig wie möglich in Szene setzt.« »Aber diese Aufnahme muss schon vor letzter Woche entstanden sein.«
Er runzelte kurz die Stirn und schaute sich die Fotos im Ordner an. »Sie sind ein guter Beobachter.«
»Ich halte mich viel in der freien Natur auf.« Ich schenkte CyberNel, die mich verblüfft anschaute, ein reizendes Lächeln. »Die Apfelbäume blühen doch ungefähr Ende April.«
»Sie haben vollkommen Recht«, sagte der junge Mann. »Der Verkauf war schon seit ein paar Monaten in Vorbereitung, das Objekt war geschätzt worden, die Fotos entwickelt und der Vertrag fertig. Ich brauchte nur noch auf das Startzeichen zu warten.«
»Und wann kam das?«, erkundigte ich mich.
»Mitte letzter Woche. Wenn Sie Interesse haben, sollten Sie in der Tat nicht zu lange warten, denn das Objekt ist sehr begehrt.«
»Allerdings ein bisschen teuer«, fand Nel. »Außerdem stinkt das allmählich nach Vorsatz.«
»Das Haus?«, fragte der Makler verwirrt.
Wir machten noch einen Umweg zum Supermarkt und gingen dann nach Hause.
Für mich war die Hoffnung auf einen Urlaubstag schon entschwunden, aber zumindest konnte Nel es sich in einem Liegestuhl bequem machen und umwölkt von Lavendeldüften einen Roman lesen.
»Warum denn partout das da?«, fragte Nel unwillig, als ich ihr Anitas Prinz in die Hand drückte.
»Laut einer netten und klugen Anita von der Rabobank hat Germaine Hastings sich eine sehr interessante Methode ausgedacht, um ihrer Protagonistin zu einem Kind zu verhelfen.«
Nel legte den Kopf schief, wie sie es meistens tat, wenn sie etwas nicht auf Anhieb verstand und den virtuellen Kosmos befragte, falls es so etwas gab. »Wer ist Germaine Hastings?«
»Peter Brack. Unter diesem Pseudonym schreibt er seine Kitschromane, wie er sie bezeichnet.«
Nel schlug das Buch auf. »Verlag Maßliebchen?«
»Seine Firma gibt ihren verschiedenen GmbHs Blumennamen. Brack selbst ist Direktor der Augentrost GmbH, zusammen mit einem Russen …« Ich schwieg, weil auf einmal in meinem Gehirn etwas Klick machte. »Die Calluna GmbH!«
»Aus der Ericaceae-Familie.« Nel starrte mich ebenfalls an. »Mit einem Russen zusammen?«
Ich ging ums Haus herum und blieb stehen, als ich Ingrid rufen hörte. »Tommy? Komm mal schnell! Ich hab was für dich!«
Sie stand mit dem Rücken zu mir. Das Flussufer war mit einer niedrigen, frisch gestrichenen Barrikade aus Pfählen und Brettern abgeschirmt. Tommy saß in einem neuen Tretauto auf der sicheren Seite unter dem Apfelbaum. Er kletterte gehorsam heraus und wackelte in einem neuen, himmelblauen Spielhöschen über den glattgeschorenen Rasen auf sie zu. Ingrid ging in die Hocke und hielt einen Eislolly hoch.
»Kriegt Mama erst ein Küsschen?«, fragte sie schmeichelnd.
Der kleine Junge blieb vor ihr stehen, griff nach dem Lolly und sah mich über ihre Schulter hinweg an.
Ingrid schaute sich um und erschrak, als fühle sie sich ertappt. »Max!« Sie sprang auf.
Ich spazierte auf sie zu. »Tag, Ingrid. Hallo, Tommy! Du hast aber ein schönes Auto.«
Der Junge lächelte mich an.
»Es schmilzt.« Ich wies mit dem Kinn auf das tropfende Eis in Ingrids Hand.
»Oh je«, murmelte Ingrid. Tommy bekam das Eis ohne den Kuss-Zoll. »Hier. Warte, deine Hose …« Sie hatte eine Papierserviette in der anderen Hand, hielt sie unter den Lolly und drückte sie Tommy verwirrt in die freie Hand. »Halt sie schön drunter. Geh wieder mit deinem Auto spielen, ich komme gleich.«
Sie manövrierte mich von Tommy weg. Der kleine Junge trippelte zurück zu seinem Auto und blieb dabei alle zwei Schritte stehen, um an seinem Eis zu lecken. Die Serviette flatterte aufs Gras. Ingrid achtete nicht darauf. Meine Anwesenheit war offenbar ein größeres Problem als ein klebriges Spielhöschen.
»Ich habe von Peter gehört, dass du wieder zu Hause bist.« Sie legte mir die Hand auf den Arm.
»Ja, er war ziemlich überrascht«, sagte ich. »Wo ist Peter?«
»Warum?«
»Ich muss ein paar Dinge mit ihm besprechen.«
Ingrid blieb vor der Terrasse stehen und drehte sich zu mir. Die Sonne schien ihr ins Gesicht und brachte ihr blondes Haar zum Glänzen. Ihre
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