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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Gegenteil.«
    »Na, dann hat Ingrid es ja geschafft.«
    Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass mehr hinter dieser Bemerkung steckte und fragte: »Geschafft?«
    Wieriks nickte ein wenig spöttisch. »Sie hat immer gesagt, dass der Junge eines Tages ihr Sohn sein würde. Wir sollten ihn schon mal ins Familienalbum einkleben.«
    »Sie meinen sein Foto?«
    Er grinste. »Wollen Sie’s mal sehen?«
    Vielleicht war er ganz froh über eine Unterbrechung, denn er ging mir, ohne eine Antwort abzuwarten, durch das Heimwerkerchaos im Flur voraus ins Wohnzimmer, wo Sägemehlreste auf dem roten Teppich lagen und das Fenster Aussicht auf Weiden und Obstgärten bot. Unter den Zeitschriften auf einem Glasrauchtisch zog er ein Album hervor. Wieriks schlug es auf und blätterte darin. »Bitteschön.«
    Eine sommerliche Aufnahme hinter Ingrids Haus. Ingrid trug ein weites Seidenkleid und hielt einen viel jüngeren Tommy fest im Arm, seinen Kopf an ihrer Brust, in der Achselbeuge. Tommys ET-Augen schauten nur ein kleines Stück hervor.
    »Das muss doch vor ungefähr einem Jahr gewesen sein?«, vermutete ich.
    »Stimmt, und ich weiß noch genau, was sie zu Sigrid sagte: Der hier wird mein Sohn, ist er nicht wunderbar? Klebt ihn schon mal ins Familienalbum ein.«
    »Was dachten Sie, als sie das sagte?«
    »Ich wusste, dass die Mutter des Jungen allein stehend war, und dachte, Ingrid hätte vielleicht eine Abmachung mit ihr getroffen, dass sie ihn adoptieren könnte oder so.«
    »Und das hat sie jetzt geschafft?«
    Wieriks war nicht auf den Kopf gefallen. »Ja, nur dass es ein bisschen anders abgelaufen ist. Wie sagt man dazu, höhere Gewalt? Oder einfach Mord?«
    Ich beobachtete ihn genau. »Aber damit hat Ingrid doch nichts zu tun? Die war doch an dem Abend hier, oder?« Er nickte, und ich bohrte noch ein bisschen weiter: »Sie hat doch auch hier übernachtet?«
    Er zwirbelte seinen Schnurrbart. »Stimmt irgendwas nicht?«
    »Was sollte denn nicht stimmen?«
    Einen Moment lang trat eine merkwürdige Stille ein. Dann fragte er: »Hat Peter Sie geschickt?«
    »Nein, ich bin auf der Suche nach Ingrid, das ist alles. Warum?«
    Wieriks zögerte einen Augenblick und gab dann zu: »Ich dachte, Peter hätte Sie vielleicht engagiert, um sie zu beobachten.«
    »Hatte er einen Grund dazu?«, fragte ich.
    »Na ja.« Er zuckte mit den Schultern. »Sigrid erwähnte so was. Sie nimmt ihrer Schwester ihr Verhalten ziemlich übel, aber das geht mich nichts an. Ich glaube, sie langweilt sich bei diesem Mann zu Tode. Ansonsten kann ich dir auch nicht weiterhelfen.«
    Ich fand die Boutique Nada zwischen einem Buchladen und einem italienischen Eiscafé in einer belebten Einkaufsstraße im alten Zentrum. Ein paar Teenager stöberten zwischen den Regalen mit Hemden, Röcken und Jeans herum. Ich erkannte den blonden Hinterkopf von Sigrid, die für eine mollige Tieler Dame diverse Pullover hochhielt. Eine andere Verkäuferin kam auf mich zu und half mir dabei, für CyberNel einen Pullover aus der soeben eingetroffenen Winterkollektion auszuwählen. Wir einigten uns auf ein weites, herbstrotes Exemplar mit breitem Kragen und großen Knöpfen.
    Der Pullover war eingepackt und bezahlt und ich trug ihn unter dem Arm, als Sigrid unverrichteter Dinge von ihrer Kundin zurückkehrte. Sie runzelte die Stirn, warf einen Blick auf das Paket unter meinem Arm und schien mich schließlich wiederzuerkennen: »Ach, du bist doch dieser Mann von Ingrid …«
    Ich schaute mich kurz um und antwortete in gedämpftem Tonfall: »Nein. Der Mann von Ingrid sitzt in Untersuchungshaft.«
    Verständnislos runzelte Sigrid noch stärker die Stirn. »Was?«
    »Weißt du, wo Ingrid ist?«
    Sie wurde nervös. »In Untersuchungshaft?«
    »Ja, Peter. Können wir uns irgendwo anders unterhalten?«
    Sie nickte stumm und winkte mich hinter sich her. Sie sagte etwas zu der anderen Verkäuferin und führte mich zu einer Tür hinten im Geschäft. Dahinter befand sich ein kleines Büro mit einem geriffelten Mattglasfenster. Die übrigen Wände waren mit Regalen voller Kartons, Kurzwaren und Kleiderstapeln vollgestellt. Außerdem standen ein kleiner Tisch mit einer Nähmaschine und ein Schreibtisch mit Computer darin.
    Sigrid nahm einen Stapel Modezeitschriften von einem Stuhl und bot ihn mir an.
    »Was hat er denn getan?«
    »Man verdächtigt ihn des Mordes an Jennifer, der Mutter von Tommy.«
    »Ach was, Peter?«
    »Er hat ein Geständnis abgelegt.«
    Sigrid wandte den Blick ab, legte konzentriert die

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