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Ingrid

Ingrid

Titel: Ingrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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finden. Ich notierte mir ein paar Adressen und ging mein Auto holen.
    ***
    Sigrid Wieriks wohnte in einem windumwehten Haus auf dem Flussdeich außerhalb von Tiel. Die Geranien auf dem schmalen Beet vor der Hausfront waren vom Straßenstaub und dem Asphaltsplitt stark mitgenommen. Ich hörte Hämmern. Der dunkelhaarige Mann in den Vierzigern, der mir aufmachte, hatte Nägel zwischen den Lippen unter einem Walrossschnauzer, einen Tischlerhammer in der Hand und eine Kneifzange im Hosenbund.
    Ich nahm an, dass er ein Handwerker war. »Guten Morgen. Ist Mevrouw Wieriks zu Hause?«
    Er schob den Hammer zur Kneifzange in seinem Hosenbund und nahm die Nägel zwischen Daumen und Zeigefinger. »Sigrid ist in ihrem Geschäft, ihr gehört die Boutique Nada in Tiel.«
    Entweder ein recht dreister oder doch kein Handwerker. »Eigentlich bin ich auf der Suche nach ihrer Schwester.«
    »Ingrid? War nicht hier. Worum geht es?«
    Die Tür ging ein Stück weiter auf, und ich erkannte Paneele und Latten und eine Wandverkleidung im Bau. Das Ganze machte einen eher heimwerkermäßigen Eindruck. »Ich bin Max Winter, ein Nachbar von Ingrid. Sind Sie Meneer Wieriks?«
    »Zurzeit noch.« Es klang finster, aber sein Gesichtsausdruck wurde freundlicher. »Ach so, Sie hielten mich für den Handwerker. Aber das hier ist mein eigenes Haus mit Aussicht auf den Fluss. Na ja, nicht mehr lange, wir werden durch diesen verdammten neuen Deich ja in die zweite Reihe abgedrängt. Diesen hier kann man wegen der vielen Häuser nicht mehr verstärken oder erhöhen, also kriegen wir bald einen Wall vor die Nase gesetzt.«
    Ich nickte mitfühlend. »Ich habe neulich in einem Dokumentarbericht gesehen, dass der Meeresspiegel möglicherweise um sechs Meter ansteigt, und welche Konsequenzen das für die Niederlande und für Bangladesch hätte.«
    Er lachte abfällig. »Na ja, kann nur ein kurzer Bericht gewesen sein. Wir bauen kostspielige Deiche und Bangladesch säuft ab.«
    »Das war so ungefähr die Quintessenz«, sagte ich.
    »Das Meer kann uns egal sein, aber was man vergessen hat, ist, dass immer mehr Regen fällt und die Gletscher auch abschmelzen. Man hat das in den letzten Jahren ja an den Flüssen gesehen: Man kann auch ganz gut in Wasser absaufen, das aus einer anderen Richtung kommt.«
    »Tja, es ist schon eine riskante Sache.«
    Er klopfte sich Sägespäne von einem seiner aufgerollten Hemdsärmel und wies mit dem Kinn in den Flur hinein. »Wasser, Wasser. Da denkt man, man sitzt hoch auf einem Deich im Trockenen, aber auch hier steigt es überall aus dem Boden in die Wände hinein. Das gibt Schimmel und Stockflecken, man kann sie jedes Jahr überpinseln, aber sie kommen immer wieder durch. Salpeter oder was weiß ich. Schauen Sie, bis in eine Höhe von etwa einem Meter. Deshalb verkleide ich die Wand mit Holz, lasse aber ein bisschen Luft dazwischen.«
    »Wir haben dieselben Probleme. Ich wohne an der Linge, ganz in der Nähe Ihrer Schwägerin.«
    Er nickte verständnisvoll. »Früher dachte ich, diese schönen Eichenvertäfelungen in den alten Häusern seien nur zur Verzierung da. Inzwischen weiß ich es besser. Sie dienen dazu, den Dreck zu verbergen, genau wie hier. Die Franzosen nennen sie darum cache-misère, sie überdecken das ganze Elend einfach.«
    Ich begriff allmählich, dass er mir wohl keinen Vortrag über Schimmel und Wandverkleidungen halten würde, wenn er wüsste, dass sein Schwager verhaftet worden war. Die Sache war nicht in die Nachrichten gelangt. Also hatte er auch Ingrid nicht gesehen, denn die hätte es ihm sicherlich erzählt. »Bestimmt haben Sie Recht«, sagte ich. »Man macht sich gar keine Gedanken darüber.«
    »Sehen Sie, da lernt man noch was dazu auf dem Deich. Sie sagten, Sie seien auf der Suche nach Ingrid?«
    »Sie war nicht zu Hause, und da dachte ich, sie wäre vielleicht bei ihrer Schwester, und da ich gerade in der Nähe war … Ich habe Ihre Frau auf Ingrids Geburtstag kennen gelernt, aber Sie waren, glaube ich, nicht da?«
    »Nein, ich hatte keine Zeit.« Er wandte kurz den Blick ab. »Ach, solche Partys sind auch nichts für mich. Aber Ingrid ist nicht hier. Ist es dringend?« »Ich bin Ermittler«, sagte ich vorsichtig. »Ich habe für Ingrid und ihren Mann einige Nachforschungen im Zusammenhang mit der Adoption angestellt. Sie wollten so bald wie möglich wissen, ob der Junge noch Verwandte hat, und ob von der Seite aus Einwände gegen die Adoption bestehen.«
    »Und, haben die Einwände?«
    »Nein, im

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