Initiation

ihr vor einiger Zeit mal gefolgt. Sie lebt allein und ich habe keine Ahnung, was sie ist.« Er zerrte an meinem Arm. »Wir müssen uns beeilen.«
    Ich folgte ihm zu einem Fenster und er zeigte auf ein anderes, das genau darüber lag. Ich stieg wieder auf seinen Rücken, damit er mich hochfliegen konnte. Er flog hoch und schwebte auf der Stelle, wie ein Kolibri vor den raumhohen Fenstern, die den ganzen ersten Stock umgaben. Die Spiegelung machte es schwierig, Einzelheiten zu sehen, aber ich konnte ein Bett mit jemandem darin erkennen. Es war unmöglich zu sagen, ob es die Smelt war, oder ob sie schlief.
    »Gehen wir rein. Ich schleiche mich zuerst an ihr Bett und versetze sie in Tiefschlaf, dann kannst du den Rest machen«, flüsterte Jagger.
    »Sie in Tiefschlaf versetzen? Wie? Betäubst du sie?« Das würde mir die Sache natürlich einfacher machen.
    »So etwas in der Art. Feenstaub.«
    »Sehr witzig.«
    Wir schwebten wieder nach unten und flogen um das Haus zur Hintertür. Jagger zog sein Victorinox-Messer heraus.
    Ich kicherte. »Kannst du uns nicht mit Hilfe von Feenstaub hereinbekommen?«
    Er ignorierte mich, fummelte an der Tür und schob sie dann mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht auf. Er schwebte drinnen weiter, trug mich immer noch auf seinem Rücken, und wir schwebten die breite Holztreppe nach oben. Als wir oben ankamen, setzte er mich ab.
    Mein Magen schlug Purzelbäume, während er ins Schlafzimmer glitt. Nicht weil ich mir Sorgen um ihn machte. Feen können gut auf sich selbst aufpassen, aber ich kriegte die Flatter, weil ich in die Smelt hineinfahren wollte. Igitt.
    Jagger kam zurück und sprach mit normaler Lautstärke, sodass ich zusammenzuckte. »Die ist weggetreten. Mach dein Ding. Willst du, dass ich mitkomme, oder soll ich hier warten?«
    »Warte.« Ich ging auf Zehenspitzen ins Zimmer, ging gleich ans Bett und sah auf Frau Schmelder herunter. Sie lag im Tiefschlaf, ihr langsames Atmen ließ das Kissen rhythmisch zittern. Sie war das mächtigste Wesen an der Academy und ich war in Begriff Besitz von ihr zu ergreifen. Warum nur den Code holen? Ich könnte auch eine Weile sie sein… könnte Spaß machen. Die Academy zu leiten und alle herumzukommandieren wäre super, wenigsten für eine Weile. Warum nicht?
    Ich sah auf ihren Körper. Eklig. Er war ganz alt und schrumpelig. Der Gedanke daran, in so etwas zu leben, war überhaupt nicht verlockend. Außerdem, wer wusste, was sie war? Sie konnte, soweit ich wusste, auch ein Formwandlerhybrid sein und das wäre dann total übereklig. Ich würde nur das tun, was wir beschlossen hatten. Den Code holen. Ich schloss die Augen und bereitete mich vor.
    Und ich war drin. Oh Mann, war das laut da drin! Sie hatte ein irgendwie gesteigertes Gehör. Es hörte sich wie eine volle Mensa in der Academy an, angefüllt mit hunderten plappernden Stimmen. Ich war versucht zu lauschen, aber stattdessen versuchte ich ihre Gedanken aufzunehmen, ihre Erinnerungen, während ich den Lärm ausblendete. Ich durchsuchte ihre letzten Eindrücke und hielt bei einem, der sie beim Eintippen des Passworts früher am Tag zeigte.
Beowulf435
. Ich hatte es! Ich haute aus ihrem Körper ab.
    Ich rannte zurück zu Jagger und sprang ihm auf den Rücken. »Ich hab’s. Lass uns abhauen.«
    »Wie war es? Hast du herausgefunden, was sie ist?«, fragte Jagger.
    »Gruselig. Und nein. Ich habe nur, was wir brauchen. Lass uns gehen.«
    Als wir wieder im Büro der Smelt waren, rannte ich gleich zum Computer. Ich konnte Quinns Frust und Wut spüren, aber das musste warten. Ich tippte den Code ein. Jagger, Quinn, Sienna und Jewel drängten sich um mich und wir starrten, mit vor Spannung aufgerissenen Augen, auf den Bildschirm, der zum Leben erwachte. Als nächstes musste ich die richtige Datei finden.
    Sienna zeigte auf
Verlauf
, also klickte ich das an und ging dann die Liste durch. Babyleicht und ich war drin. Ich klickte auf
Play.
    Plötzlich fühlte ich mich nicht wohl dabei, dass alle es mit mir ansahen. Ich hätte es zum ersten Mal lieber alleine angesehen. Ich hasste es, gefilmt zu werden, auch im richtigen Moment. Und das war nicht der richtige Moment gewesen.
    Frau Schmelder oder einer ihrer Techniker hatte die verschiedenen Clips, der unterschiedlichen Kameras in der Mensa zusammengefügt. Das Video begann mit einer zweigeteilten Split-Screen-Einstellung. Eine zeigte in Weitwinkeleinstellung den Eingang der Mensa in Richtung Hauptspeisesaal. Die andere zeigte den Eingang selbst, als