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Inka Gold

Inka Gold

Titel: Inka Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Schutz des Oberdecks neben dem Schiff auftauchte und erneut Luft holte.
    Nach fast anderthalb Stunden im Wasser kam er sich völlig aufgeweicht vor. Seine Haut war runzlig wie die eines Fünfundneunzigjährigen. Er war nicht übermäßig erschöpft, spürte aber, daß er allenfalls noch über achtzig Prozent seiner Kraft verfügte. Wieder glitt er unter den Rumpf und schwamm zu den flachen Rudern am Heck. Kurz darauf ragten sie vor ihm aus dem trüben Wasser. Er streckte die Hand aus, hielt sich an einem fest und hob langsam den Kopf aus dem Wasser.
    Kein höhnisches Gesicht erwartete ihn, keine Pistole war auf ihn gerichtet. Er hängte sich ans Ruder und ließ sich treiben, entspannte sich und wartete, bis er wieder zu Kräften kam. Er spitzte die Ohren, hörte aber keinerlei Ton vom Autodeck.
    Schließlich stemmte er sich so weit hoch, daß er über den Rand der Verladerampe blicken konnte. Die
Alhambra
lag in völliger Dunkelheit, weder innen noch außen brannte ein Licht.
    Die Decks wirkten leer und verlassen. Der NUMA-Helikopter war, wie er vermutet hatte, verschwunden. Kribbelnd kroch ihm die Furcht vor dem Unbekannten über das Rückgrat. Es war viel zu still – wie in einem Fort im Wilden Westen kurz vor einem Überfall der Apachen.
    Nicht gerade einer seiner besseren Tage, dachte Pitt. Seine Freunde wurden als Geiseln gefangengehalten. Wenn sie nicht schon tot waren. Ein Gedanke, bei dem er gar nicht erst verweilen wollte. Die NUMA hatte durch ihn ein weiteres Flugzeug verloren. Gestohlen von genau den Kriminellen, die er in die Falle hatte locken sollen. Die Fähre sank unter ihm weg, und er war sich völlig sicher, daß irgendwo an Bord ein Killer lauerte, der auf grausame Rache aus war. Alles in allem wäre er lieber in der Süd-Bronx gewesen.
    Er wußte nicht, wie lange er schon am Ruder hing. Vielleicht fünf Minuten, vielleicht fünfzehn. Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, doch alles, was er innerhalb des Autodecks erkennen konnte, waren die verchromte Stoßstange und der Kühlergrill des Pierce Arrow. Er blieb, wo er war, und wartete ab, ob sich jemand bewegte oder einen Ton von sich gab. Das offene Deck, das zu dem gähnend leeren Frachtraum führte, schreckte ihn ab.
    Aber wenn er eine Waffe wollte, dachte er nervös, mußte er dorthin. Und eine Waffe brauchte er, wenn er sich gegen Männer zur Wehr setzen wollte, die Sushi aus ihm machen wollten.
    Wenn Amarus Männer den alten Travelodge nicht genauestens durchsucht hatten, dann hatten sie auch John Brownings zuverlässige Colt-Automatik .45 nicht gefunden, die Pitt im Gemüsefach des Kühlschranks aufbewahrte.
    Er hielt sich am überhängenden Oberdeck fest und stemmte sich an Bord. Pitt brauchte nicht mehr als fünf Sekunden, um über das offene Deck zu rennen, die Wohnwagentür bis zum Anschlag aufzureißen und hineinzuspringen. Im gleichen Augenblick hatte er auch schon die Kühlschranktür offen und das Gemüsefach herausgezogen. Der Colt lag genau dort, wo er ihn hingelegt hatte. Erleichtert atmete er auf, als er die vertraute Waffe in die Hand nahm.
    Doch die Freude währte nicht lange. Der Colt lag leicht in seiner Hand, zu leicht. Er zog den Schlitten zurück und warf das Magazin aus. Es war leer, und auch im Lauf steckte kein Schuß.
    Mit wachsender Sorge und Verzweiflung öffnete er die Schublade neben dem Herd, in der die Küchenmesser lagen. Sie waren weg, genauso wie das Silberbesteck. Die einzige Waffe, die ihm zur Verfügung stand, war offenbar ein nutzloser Colt.
    Wie Katz und Maus.
    Natürlich waren sie da draußen. Pitt wußte jetzt, daß Amaru sich Zeit lassen und mit seinem Opfer spielen würde, bevor er es verstümmelte und die Einzelteile ins Meer warf. Pitt genehmigte sich ebenfalls eine Pause und legte sich eine Strategie zurecht.
    Er setzte sich im Dunkeln auf das Bett im Wohnwagen und plante in aller Ruhe seine nächsten Züge.
    Wenn einer der Killer auf dem Autodeck gewesen wäre, hätte er Pitt mit Leichtigkeit erschießen, erstechen oder mit einem Knüppel niederschlagen können, während er zum Wohnwagen gerannt war. Und auch jetzt konnte nichts sie davon abhalten, hereinzustürmen und ihn hier zu erledigen. Amaru war ein verschlagener Kerl, wie Pitt sich widerwillig eingestand. Der Südamerikaner hatte erraten, daß Pitt noch lebte und die erste Gelegenheit nutzen würde, sich eine Waffe zu beschaffen. Daß er den Wohnwagen durchsucht und den Colt gefunden hatte, war schon raffiniert.

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