Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3
reagieren. Wir haben dich ausgesucht, und wir haben dich benutzt, und dafür entschuldigen wir
uns - aber wir meinen, daß wir keine andere Wahl hatten. Wir hätten es nicht selbst tun können.
Die Last liegt auf dir. Satan will, daß Luna tot ist, aber nur du kannst diesen Tod vollständig
herbeiführen. Solange du durchhältst, ist Satan gescheitert.«
Zane blickte auf Lunas Körper, auf das erstarrte, tropfende, strömende Blut. »Was mag es ihr
nützen, oder der Welt«, murmelte er. »Sie ist zwar nicht tot, aber leben tut sie auch nicht
mehr.«
Chronos hob seine Sanduhr. »Nun kann ich handeln.« Er drehte sie in der Hand, kehrte das Glas,
ohne es umzudrehen, so daß der Sand nach oben strömte. Draußen, außerhalb ihres Kreises, strömte
die Zeit rückwärts, wie damals in der Nacht des Brandes.
Die Drachin sperrte das Maul auf. Blut strömte in Lunas Leib, stieg in schnellen Tropfen vom
Boden empor und sickerte in sich schließende Wunden, als die Zähne des Ungeheuers zurückgezogen
wurden. Der Kopf der Drachin ruckte zurück, und Luna sprang hervor, blind und versengt. Rückwärts
taumelte sie in eine dichter werdende Rauchwolke. Sie schrie.
Einen Augenblick später preßte sich der Qualm in das Maul des Reptils, und Luna wich unversehrt
zurück.
Chronos gestikulierte mit der Sanduhr, und wieder erstarrte die Zeit. »Nun können Sie sie
zurückholen, auf Widerruf. Aber Sie sollten einige Warnungen beherzigen. Satan kann Sie zwar
nicht dazu zwingen, ihre Seele zu holen, aber er kann Sie wünschen machen, Sie hätten es doch
getan. Sie werden eine ganz brutale Beharrlichkeit brauchen.«
Zane blickte die wiederhergestellte Luna an, die plötzlich wieder so gesund aussah. Er blinzelte.
Das Grauen war rückgängig gemacht worden! »Die werde ich haben.«
»Aber du kannst diese Klientin nicht aussparen, ohne gleichzeitig alle anderen auch auszusparen«,
erklärte die Natur.
»Zuvor konntest du dir die anderen aussuchen, weil du lediglich mit ihren Situationen gespielt
hast, als keine andere übernatürliche Wesenheit beteiligt war. Jetzt aber hast du dich
festgelegt. Satan wird auf den Vorschriften bestehen, auch wenn er sie selbst nie einhält. Es
wird dir nicht mehr gestattet sein, irgendeine Seele zu holen, ohne zuvor Lunas Seele zu nehmen.
Du kannst entweder keine holen - oder alle.«
»Dann streike ich eben«, sagte Zane. »Ich werde keine holen - bis Luna von diesem unrechtmäßigen
Sterbetermin befreit ist.«
»Aber Satan wird seiner Sache Nachdruck verleihen«, warnte Mars. »Nie in Ihrem Leben oder Ihrem
Tod haben Sie einen solchen Kampf gegen einen der Ewigen geführt. Wir wissen nicht, ob Sie ihn
durchstehen werden.«
»Ich werde Lunas Seele nicht nehmen«, beharrte Zane. »Egal was passiert. Sie haben zwar ein
Komplott geschmiedet, um mich dazu zu bringen, mich in sie zu verlieben, das weiß ich, und ich
verabscheue es. Aber noch nie habe ich jemanden verraten, den ich liebte, auch wenn dabei meine
eigene Seele auf dem Spiel stand.«
»Ja, das wissen wir«, sagte die Natur. »Das war es auch, womit du dich in erster Linie für unsere
Zwecke qualifiziert hast. Du bist unumstößlich treu gegenüber jenen, die du liebst, und gegenüber
dem, was du glaubst.« Sie küßte ihn auf die Wange.
»Das Schicksal der ganzen Menschheit hängt von Ihrem Durchhaltevermögen ab, so verschlungen seine
Pfade auch sein mögen«, sagte die Schicksalsgöttin und gab ihm einen Kuß auf die andere Wange.
»Vergessen Sie das nie.«
Mit ernstem Nicken bekundeten Mars und Chronos ihre Zustimmung. Dann vermischten sich die Bilder
in einem Strudel, und die anderen waren verschwunden. Zane war wieder bei Luna und der
Hot-Smoke-Drachin.
Zane berührte seine Uhr, und alles geriet erneut in Bewegung.
Luna schritt auf die Drachin zu. Doch plötzlich blieb sie stehen, denn mit einemmal befand sich
bereits ein anderes Opfer vor dem Ungeheuer.
Offensichtlich hatte die Natur für diese Gelegenheit ein Opferlamm bereitgestellt. Das arme Lamm
stieß ein entsetztes Blöken aus, dann wurde es auch schon aufgefressen. Einen Augenblick lang
fragte sich Zane, wieso es überhaupt sterben konnte, wenn doch keine Seelen mehr eingesammelt
werden konnten, doch dann fiel ihm ein, daß die Einsammler der Tierseelen ja nicht streikten. Es
ging also nur um menschliche Seelen.
Binnen weniger Augenblicke verschlang die Drachin das jungfräuliche Lamm, samt Fell und Wolle.
Dann fuhr sie sich mit der Zunge über die
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