Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3
meinem Vater hergestellt worden, denn er war einer von wahrscheinlich nur vier
lebenden Menschen, die zu einer derartigen Präzisionsmagie fähig sind. Mit Sicherheit wußte er
mehr über dich als du selbst. Deshalb müssen wir dieser Sache auch auf den Grund gehen. Ich
gestehe, daß ich nicht erpicht auf eine Beziehung mit dir bin, und auch deine Interessen hätten
sich offensichtlich lieber woanders konzentriert, aber mein Vater hat nun einmal dich und mich
ausgesucht, aus Gründen, die wir erst verstehen lernen müssen, bevor wir uns wieder trennen. Wir
können es uns nicht leisten, das Risiko einzugehen, das, was er aufgebaut hat, zu verwerfen, ohne
zuerst den Grund dahinter begriffen zu haben. Sollten wir feststellen, daß eine dauerhafte
Beziehung erforderlich ist, können wir die Zähne zusammenbeißen und den Liebesstein benutzen, um
die Sache zu vereinfachen...«
»Ich bezweifle, daß ich einen Liebesstein brauche«, meinte Zane. »Dazu brauche ich dich lediglich
näher anzuschauen.«
Sie schüttelte die Bemerkung ab, als täte sie nichts zur Sache.
»Aber zuerst müssen wir Wirklichkeit von Illusion trennen. Mein Vater meinte, daß ein Mensch sich
am besten durch die Art seines Bösen definieren läßt. Seine eigene böse Tat bestand darin, sich
mit Satan abzugeben, um magische Kraft zu erhalten. Ohne die Hilfe von Dämonen wäre er lediglich
ein Magier von Weltklasse geworden anstatt Großmeister. Also ist er durch seine Gier nach
vollkommener Professionalität definiert, und ich weiß zwar, daß ihn das der Verdammnis
anheimfallen ließ, aber dennoch respektiere ich ihn auch dafür.«
»Ja«, stimmte Zane beeindruckt zu. Er hatte gehört, daß ein Magier der Weltklasse eine ganze
Stadt mit einem einzigen Spaltungszauber praktisch völlig vernichten konnte. Was aber konnte ein
Großmeister tun? Zane wußte es nicht und hegte den Verdacht, daß auch kein anderer es wußte, weil
derlei Magier nämlich sehr geheimnistuerisch waren. »Du und ich werden jetzt unsere bösen Taten
austauschen, und zwar in Gegenwart dieser Steine, dann werden wir schon sehen.«
Luna nahm mehrere Edelsteine aus ihrer Umhüllung.
»Ich verstehe wirklich nicht...«
»Halte diesen Stein in deiner rechten Hand; er leuchtet nur auf, wenn du eine Lüge erzählst.« Sie
reichte ihm einen rauchigen Diamanten. »Und diesen in der linken. Das ist ein Sündenstein,
ähnlich wie jener, mit dem du die Seelen abschätzt.«
Zane hielt beide Steine in den Händen. Er war sich gar nicht sicher, ob ihm diese Sache gefiel.
Luna selbst nahm zwei ähnliche Steine auf. »Ich werde anfangen, damit du siehst, wie es geht«,
sagte sie.
»Hm«, machte Zane neutral.
»Mein Name ist Venus«, verkündete sie. Ihr Wahrheitsstein blitzte warnend auf. »Ich meine, Luna.«
Der Stein blieb dunkel. »Das habe ich nur getan, um zu sehen, ob er auch funktioniert«, erklärte
sie, und der Stein hatte nichts dagegen.
»Prüf du jetzt deinen.«
»Meine Name ist Jehosephat«, sagte Zane und sah, wie sein eigener Wahrheitsstein aufblitzte.
»Zane.«
Das Leuchten verglomm.
Luna atmete tief ein, was einiges mit ihrem Oberkörper anstellte. Sie sah schmerzlich berührt
aus. »Ach, das gefällt mir nicht! Warum tue ich das überhaupt?« fragte sie rhetorisch.
»Dann tun wir es doch einfach nicht «, schlug Zane vor. »Ich will deine Geheimnisse nicht
kennenlernen.«
Doch sein Wahrheitsstein blitzte.
»Ich habe mit einem Höllendämon Verkehr gehabt«, verkündete Luna.
Zane klappte der Kiefer herunter.
Sie blickte ihn herausfordernd an. »So, ich hab's getan. Beachte bitte, daß mein Wahrheitsstein
nicht aufgeleuchtet ist - aber mein Sündenstein ist heller geworden. Und der, dessen Sündenstein
am hellsten aufleuchtet, der ist von uns beiden der böseste.«
Zane schluckte. Wie war er bloß in diese Situation geraten?
Doch Lunas ehrliche Verlegenheit ließ sie schöner aussehen denn je, und irgendwie fühlte er sich
dazu verpflichtet, zu beweisen, daß sie besser war als er. »Ich habe Gelder meines Arbeitgebers
veruntreut«, sagte er. Sein Sündenstein hellte sich auf, doch nicht so stark wie ihrer.
»Ich bin schlimmer als du«, sagte Luna wie ein neckendes Kind.
»Ich hatte nie die Gelegenheit, es mal mit einer Dämonendame zu versuchen«, wandte er ein. Doch
er blieb von ihrer Enthüllung nach wie vor erschüttert.
Sie sah doch so unschuldig aus!
»Und ich hatte nie einen Arbeitgeber, dessen Gelder ich hätte veruntreuen können. Mangel an
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