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Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3

Titel: Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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bist gerade erst in eines der kompliziertesten Ämter unter dem
Firmament eingetreten; es wird Jahre dauern, bis du es völlig begriffen hast. Zum Glück hast du
ja auch Zeit - ganz wortwörtlich. Du bist die Zeit.«
»Ich glaube, du solltest mir das Ganze mal besser erklären«, sagte er. »Ich bin ziemlich
durcheinander.«
»Dafür bin ich hier - diesmal.« Sie blickte ihn listig an, als machte sie irgendeine unanständige
Anspielung.
»Und das werde ich, das bin ich dir schuldig, wie ich schon sagte. Aber zunächst sollte ich mich
selbst mal besser vorstellen.« Lachesis schritt in die Zimmermitte.
Sie begann zu schimmern - und plötzlich stand an ihrer Stelle eine alte Frau. Ihr Haar war grau
und lockig, ihr Kleid altmodisch, ein langer dunkler Rock, antike Frauenstiefel, eine
rüschenbesetzte, aber nichtssagende Bluse und ein kleiner uralter Hut. »Atropos«, verkündete sie
und legte die Betonung dabei auf die erste Silbe. »Ich beschneide den Lebensfaden.«
»Ich dachte, das macht der Tod«, sagte Norton, den gleich mehrere Sachen zugleich
erschreckten.
»Thanatos sammelt die Seelen ein. Ich bestimme, wann diese Seelen zur Verfügung stehen.«
Norton nickte. Er war sich des Unterschieds noch nicht ganz bewußt, hatte aber keine Lust, der
Sache jetzt nachzugehen. Er hatte Thanatos während dessen Amtsausübung kennengelernt und für
diese Wesenheit einen dauerhaften Respekt entwickelt. Tatsächlich war es das Beispiel Thanatos'
gewesen, das ihn dazu bewegt hatte, dieses möglicherweise ähnliche Amt des Chronos zu übernehmen;
Thanatos hatte gezeigt, daß menschliche Fürsorglichkeit nicht verschwinden mußte, selbst dann
nicht, wenn so etwas Schreckliches geschah wie Heimholung eines Säuglings.
Atropos geriet ins Wirbeln und wurde wieder zu Lachesis. Ihr Haar war nun nicht mehr
zusammengeknotet, es war länger als das der Atropos, besaß weniger Locken und dafür mehr Farbe.
»Ich bin Lachesis«, verkündete sie und sprach es mit einem harten CH aus, auf der ersten Silbe
betont - LAK-e-sis.
»Ich bemesse die Länge des Lebensfadens.«
»Ich dachte, Chronos sollte...«
»Chronos beherrscht die Zeit, nicht das Leben«, berichtigte sie ihn.
Wieder war Norton der Unterschied nicht völlig klar; wieder hielt er den Mund.
Lachesis vollführte einen kleinen Satz - und wurde zu einer üppigen jungen Frau, deren Haar lang,
lose und mitternachtsschwarz mit funkelnden Sternen war. Ihr Kleid war vorne weit ausgeschnitten
und recht kurz, so daß es auf vorteilhafte Weise Brust und Wade offenbarte. Sie benutzte ein
berauschendes Parfüm.
»Und Clotho«, endete sie und betonte auch dieses Wort auf der ersten Silbe. »Die den Lebensfaden
des Menschen spinnt.« Zwischen ihren feingliedrigen Händen streckte sie einen dünnen Faden
aus.
Norton hoffte nur, daß ihm die Augen beim Anblick dieser Kreatur nicht allzu sehr aus dem Kopf
gesprungen waren. »Ich dachte, daß vielleicht die Natur...«
»Gäa bestimmt, wie die Dinge sind«, sagte sie. »Aber nicht den Ablauf eines individuellen Lebens.
Doch alle Inkarnationen arbeiten in gewissem Maße zusammen.«
»Bist du wirklich drei Leute?« fragte er. »Du siehst jedes Mal ganz anders aus...«
»Vielleicht hast du schon einmal davon gehört«, erwiderte sie ernst, »daß die Frau dem jungen
Mann eine Geliebte ist...« Sie wand sich, so daß ihr Rock emporflatterte und ihre Waden anzüglich
preisgab. »... dem Mann in den mittleren Jahren eine Gefährtin.«
Sie beendete ihre Bewegung und war wieder die ruhige Lachesis. »... und dem alten eine
Pflegerin.«
Schimmernd ging sie in Atropos über, die nun die Uniform einer Krankenschwester trug. »Es
scheint, daß ich alle drei bin. Welcher bist du?«
Wieder war Norton verblüfft. »Äh... der Mittlere, nehme ich an. Im Augenblick.«
Nun erschien wieder Lachesis. »Das hatte ich vermutet. Jetzt bin ich deine Gefährtin, wenngleich
ich in der Vergangenheit für dich eine andere war.«
»Ich... du meinst Clotho... in meiner Zukunft?« fragte er verlegen.
»Jaja, in der Tat, jaja! Du hast noch nicht erlebt, woran ich mich bereits erinnere.« Sie
grinste. »Schlimmer Bengel!«
Norton errötete bei dem Gedanken, was ihm das Schicksal in Zusammenhang mit Clotho noch bescheren
mochte. »Ich habe mich noch nicht richtig daran gewöhnt, rückwärts zu leben«, gestand er. »Es
erscheint mir ziemlich umständlich, vor allem wenn Leute, normale Leute, mich anscheinend gar
nicht wahrnehmen.«
»Das kannst du

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