Inkarnationen 03 - Des Schicksals duenner Faden - V3
ein prachtvoller junger
Mann! Ich bin sicher, daß...«
»Bitte, können wir die Sache nicht ganz einfach vergessen?«
»Nein, können wir nicht! Cedric, ich kann nicht behaupten, daß ich dich liebe... so etwas geht
bei Frauen eher ganz allmählich, und...«
»Und außerdem braucht man dafür einen Mann.«
»Cedric!«
Er sah sie nur an und wandte dann den Blick ab. Sie wußte, sie konnte ihm das Wissen nicht
nehmen, daß sie ihn nicht als Mann betrachtete.
Im allgemeinen hatte Niobe im Leben stets ihren Willen bekommen. Diesmal jedoch arbeitete ihre
Schönheit gegen sie. Sie begriff, daß es an der Zeit war, selbst erwachsen zu werden. Sie würde
tun, was zu tun war.
»Cedric, wir haben diese Altersfrage schon einmal besprochen. Das ist nur eine Schimäre. Es
spielt gar keine richtige Rolle. Liebe spielt auch keine Rolle. Wir sind miteinander
verheiratet.«
»Liebe spielt keine Rolle?«
»Das habe ich nicht wirklich so gemeint. Natürlich spielt sie eine Rolle! Ich wollte damit sagen,
daß ich bereit bin, zu tun, was ich tun muß, ohne auf irgend etwas zu warten, das vielleicht
niemals... ich meine, das bisher noch nie...«
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte er ernst.
»Ich respektiere dich wirklich, Cedric, und ich bin deine Frau. Es gibt viele Frauen, die mit
reiferen Männern verheiratet sind, die nicht... die tun, was gefordert wird, unabhängig von ihren
persönlichen Gefühlen. Es ist an der Zeit, daß wir unsere Ehe... verwirklichen.«
»Nein! Nicht mit jemanden, der mich nicht liebt. Das ist einfach nicht recht!«
Sie war zwar seiner Meinung, mußte sich aber dagegen wenden.
»Warum nicht?«
»Das wäre Ver...«
Er verstummte.
Sie errötete.
»Vergewaltigung?«
Er nickte. Sie hatte ein Gefühl, als befände sie sich in einer Grube, die immer tiefer wurde, je
mehr sie sich anstrengte, hinauszuklettern. Wo waren all die Beschönigungen geblieben, die
praktischen, uneindeutigen Beschreibungen, welche die traurige Wirklichkeit mit Zuckerguß
überzogen? Cedric wollte nicht lügen, und sie auch nicht. Auf diesem zerklüfteten Gebiet der
Rechtschaffenheit begann ihre Ehe bereits ins Wanken zu geraten, noch bevor sie überhaupt
angefangen hatte. Wie konnten sie den richtigen Weg finden? Sie versuchten beide, das Richtige zu
tun. Die Ironie bestand darin, daß sie sich sogar darin einig wußten, was das Richtige war, und
doch dagegen verstoßen mußten. Natürlich mußte es beiderseitige Liebe geben!
Aber die gab es eben nicht. Sie konnte ihm zwar ihren Körper geben und ihre besten Wünsche, nicht
aber ihr Herz. Noch nicht. Sie merkte, wie die Tränen wieder emporzuwallen begannen.
»Nein, bitte, tu das nicht!« flehte er. »Ich ertrage es nicht, dich traurig zu sehen.«
»Cedric, das ist nicht deine Schuld. Du hast recht, weißt du? Du brauchst eine Frau, die dich
liebt, und ich wünschte, ich...«
Nun brach der Tränenschwall aus ihr hervor und erstickte die Worte.
»Oh, Fräulein...«, fing er an.
»Frau«, berichtigte sie ihn mit einem erzwungenen Lächeln.
»Ich würde alles tun, um dich glücklich zu machen! Aber ich weiß nicht, wie!«
»Dann bring mich dazu, dich zu lieben!« platzte es aus ihr heraus.
Plötzlich setzte Stille ein, als beide begriffen, was sie gerade gesagt hatte.
Verdutzt schüttelte er den Kopf.
»Niobe, wie...?«
»So, wie es jeder andere Mann auch tut. Wirb um mich!«
Er warf ihr seitlich einen Blick zu.
»Und dafür würdest du stillhalten?«
»Hältst du dich für irgendein Ungeheuer, Cedric? Wenn du mich liebst, dann beweise es!«
»Ja, das werde ich auch!« rief er. »Komm mit zu der Wassereiche, wo du für mich gesungen hast,
dann werde ich dort für dich singen.«
»Ja!« rief sie, als handele es sich um einen richtigen Durchbruch. Und das war es auf eine
gewisse Weise ja auch. Die Erkenntnis, daß er sie liebte, erregte sie und schmeichelte ihr; sie
war noch nie auf solche Weise geliebt worden.
Also begaben sie sich zu der Wassereiche, wo Niobe sich auf eine der Wurzeln setzte, etwas vom
Wasser entfernt, und den Rücken an den massigen Stamm lehnte. Aus dem hohen Laubdach spähte die
Hamadryade nervös auf sie herab und wunderte sich, was diese beiden Fremden wohl vorhaben
mochten.
Cedric stellte sich vor ihr auf, dann beugte er ein Knie vor ihr und ging in Pose. Niobe
beherrschte ihre Miene, um ihm nicht die Schau zu verderben. Er atmete tief durch und begann zu
singen:
»Komm leb mit mir und sei mein Liebstes,
und alle Freuden werden unser,
die
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