Inkarnationen 04 - Das Schwert in meiner Hand - V3
lange, bis
das Verhältnis von Gut und Böse in mir sich zugunsten von ersterem verschoben hat und ich in den
Himmel aufsteigen darf, um dort den ewigen Frieden zu finden.«
»Immerhin ein paar Jahrhunderte!«
»Es ist es wert, Herr. Wir tun hier nicht mehr und nicht weniger als unsere Arbeit, und die ist
nicht unbedingt eine Plackerei. Es würde mir auch gefallen, Euch zu dienen, wenn ich nicht schon
durch das Nachleben dazu gezwungen wäre.«
Mym hätte eine solche Existenz nicht gefallen, aber schließlich war er ein Sterblicher - oder
etwa nicht mehr? »Was für einen Status habe ich denn hier? Werde ich altern und eines Tages
sterben?«
»Aber mitnichten, Erhabener. Ihr bleibt in dem Zustand, in dem Ihr hier angekommen seid, und
daran ändert sich während Eurer ganzen Amtszeit nichts. Euer Amt gilt erst als beendet, wenn es
auf Erden keine Kriege mehr gibt. Ihr seid die Inkarnation eines Unsterblichen, allerdings eine
zeitlich begrenzte Unsterblichkeit.«
»Wer befindet sich außer mir in diesem Zustand?«
»Es gibt sieben große Inkarnationen: Tod, Zeit, Schicksal, Krieg, Natur und das Gute und das
Böse. Des weiteren haben wir hier eine größere Anzahl von geringeren Inkarnationen, zu denen zum
Beispiel die Gehilfen des Krieges gehören, die Euch in der Halle ihre Aufwartung gemacht haben.
Doch nur um die großen Inkarnationen habt Ihr Euch wirklich zu kümmern, denn mit denen trefft Ihr
zusammen, und mit denen müßt Ihr Euer Auskommen finden. Doch in der Regel zeigen sie sich
hilfsbereit.«
»In der Regel?«
»Gott, die Inkarnation des Guten, kümmert sich nur selten um die Belange der Sterblichen, gemäß
dem Bund der Alten. Die Sterblichen müssen selbst die Entscheidung zwischen Gut und Böse treffen.
Daher wird Gott Euch weder helfen noch behindern; doch Er beobachtet Euch.«
Mym war froh, sich früher ein wenig Einblick in die Mythologie des Abendlandes verschafft zu
haben, so daß er sich von diesem Mann nicht alles erklären lassen mußte. Dann fragte er: »Wie
verhält es sich denn mit der Inkarnation des Bösen?«
»Das ist Satan, und da er nur Böses tut, hintergeht er auch gelegentlich den Bund der Alten. Er
trachtet immerzu danach, Schlechtes zu bewirken, und sein Hauptinteresse gilt, Euere Vorhaben zu
seinen Gunsten auszunutzen. Er will die absolute Macht erlangen, indem er mehr Seelen für sich
gewinnt als Gott.«
Mym erinnerte sich an die Warnung Gäas. »Doch wie soll ihm das gelingen, wenn ich über ihn
Bescheid weiß und entsprechend auf der Hut bin?«
»Satan ist tückisch und verschlagen, er ist der Meister der List. So ist es auch sein liebster
Zeitvertreib, die Ordnung der Inkarnationen zu stören und sie ständig durch neue ersetzen zu
lassen. Ich muß Euch mitteilen, Erhabener, daß Ihr eines seiner bevorzugten Ziele seid.«
»Dann ist es also wahr, daß der Teufel mit einem finsteren Plan meinen Vorgänger aus dem Weg
geräumt hat?«
»Leider ja, Erhabener.«
»Was hat der vorherige Mars denn getan, um Satans Rache heraufzubeschwören?«
»Euer Vorgänger wurde zum Schiedsrichter bei einer Wette eingesetzt, zu der das Schicksal den
Teufel herausforderte. Mars war ehrlich und fair, wodurch Satans finstere Pläne durchkreuzt
wurden und Schicksal als Sieger dastand.«
»Aber das darf doch nicht wahr sein!« rief Mym. »In einer fairen Auseinandersetzung...«
»Satan hat mit Fairness nichts am Hut, Erhabener. Er interessiert sich allein für seine eigenen
Vorhaben.«
»Aber Mars war doch sicher nicht ganz hilflos angesichts der Rache des Bösen, oder?«
»Er akzeptierte Satans Vorhaben.«
»Aber warum sollte er das tun? Er mußte doch wissen, daß er sich damit dem Satan auf Gedeih und
Verderb ausliefern würde.«
»Es war sein Schaden nicht, Erhabener, denn er stieg in den Himmel auf. Mars war ein frommer Mann
und wünschte sich nichts sehnlicher, als in den Himmel zu kommen. Daher trachtete er danach,
allen Krieg auf Erden zu beenden.«
»Aber wenn er sein Amt aufgab, mußte er sich doch auflösen!«
»Nein, es gibt da eine Ausnahme, wenn nämlich jemand in den Himmel möchte.«
Der Prinz dachte kurz nach. »Mars wollte also in den Himmel, konnte aber nur dorthin auffahren,
wenn er sein Amt überflüssig machte. Also hat Satan daran gewirkt, und Mars blieb nichts anderes
übrig, als mit ihm zusammenzuarbeiten.«
»Ihr habt es exakt erfaßt, Erhabener.«
»Und nun hat der Teufel es mit einem neuen und unerfahrenen Mars zu tun, was ihn sicher freudig
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