Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
Herzenswärme. Sie glaubte jetzt zu wissen, daß sie den Prinz liebte. Es dauerte allerdings noch
eine Weile, bis sie den Mut aufbrachte, Mym aufzusuchen.
Sie erklärte ihm, daß sie wohl etwas voreilig Schlüsse gezogen hätte, und er verzieh ihr auf der
Stelle. Die beiden fielen sich in die Arme und küßten sich.
»Ich bin aber ein Prinz«, mahnte er sie danach.
Doch daran dachte sie im Augenblick nicht. »Ich bleibe bei dir. Wenn es sein muß, ziehe ich auch
zu dir und lebe eben in Indien.«
»Nein, warte, was wird aus deiner Suche? Du mußt das Llano finden. Ich würde es mir nie
verzeihen, wenn ich deiner Sache im Wege stünde!«
»Ich glaube, ich habe mein Lebensziel in dir gefunden«, sprudelte es aus ihr heraus. Sie verstand
sich selbst nicht mehr. Ihr Herz stand in Flammen, und in ihrem Verstand herrschte ein einziges
Durcheinander. Und dennoch fühlte sie sich unsagbar glücklich.
»Ich wäre schon froh, wenn ich nur ein Teil von deinem Leben wäre«, sagte er. »Und wenn du nichts
dagegen hast, will ich dich gern auf deiner Suche begleiten.«
Sie strahlte ihn an. »Du bist wirklich der wunderbarste von allen Männern.« Dann küßte sie ihn
und genoß es, in seinen Armen zu liegen.
Ihr Glück war vollkommen. Doch nur für einen Moment, denn etwas war ihr aufgefallen. »Dreh mal
den Kopf zur Seite«, sagte sie unvermittelt.
Er starrte sie an, gehorchte aber.
»Ja! Genau!« rief sie. »Du bist es! Deshalb bist du mir auch gleich so bekannt
vorgekommen!«
»Was? Wer?«
»Na, der Mann aus meinem Traum. Jetzt steht er tatsächlich vor mir!«
Mym verstand überhaupt nichts mehr. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Erregung ein wenig
gelegt hatte. Dann erzählte sie ihm von dem Traum, den sie in ihrer Kindheit immer wieder gehabt
hatte.
Darin war sie Arm in Arm mit einem Mann durch eine Kirche geschritten, doch sie hatte nur einen
kurzen Blick auf sein Profil werfen können. Jetzt war sie sich allerdings hundertprozentig
sicher.
»Du bist der Mann aus meinem Traum!«
»Ich freue mich natürlich darüber, in deinen Träumen zu sein«, lächelte er. »Allerdings habe ich
keine Ahnung, wie ich gerade in diesen Traum gelangt bin.«
»Es war ein Traum über meine Hochzeit«, antwortete sie.
An diesem Abend zog Mym in Orbs Wagen. Die Nachricht von der Romanze zwischen den beiden hatte
sich in Windeseile in der Truppe verbreitet.
So brauchte Mym nicht viel zu tragen. Unsichtbare Hände hatten die meisten seiner Besitztümer
schon hinübergeschafft.
Orb und Mym lagen zusammen im Bett. Sie schliefen nicht miteinander, denn danach stand ihnen
nicht der Sinn. Sie hielten sich nur an den Händen. Beide genossen die Liebe zwischen
ihnen.
»Deine Berührung ist wie Magie für mich«, flüsterte er ihr ins Ohr.
»Ich habe von meinen Eltern ja auch einige Magie geerbt«, lachte sie.
In anderen Nächten liebten sie sich auch körperlich, doch für beide war das nicht Hauptzweck,
sondern Bestätigung der Gefühle, die sie füreinander empfanden.
Monate vergingen, und der Zirkus zog von Ort zu Ort. Schließlich überquerten sie den Indus. Orb
fiel eines Tages auf, daß sie durch ganz Indien gekommen war, aber nichts Neues über das Llano
erfahren hatte, doch, dafür hatte sie ja Mym gefunden.
Dann gelangten sie nach Karatschi, und noch vor den Toren der Stadt kam es für Orb zur
Katastrophe. Ein Trupp Reiter näherte sich dem Zug. Kavallerie aus Gudscherat, Myms Heimat. Ein
Offizier trat vor und rief: »Prinz, um Euretwillen sind wir gekommen. Euer edler Bruder ist tot.
Ihr müßt auf der Stelle mit uns in die Hauptstadt zurückkehren.«
Für Orb brach eine Welt zusammen. »Du mußt mit ihnen gehen«, erklärte sie ihm. »Dein Königreich
braucht dich.«
»Verdammt sei mein Königreich«, gab er singend zur Antwort.
»Ich komme mit dir, Geliebter.« Sie wollte überall hin, wohin er ging, wenn sie nur in seiner
Nähe sein konnte.
»Nein«, widersprach der Offizier. »Der Prinz muß allein mit uns kommen. Zu Hause wird er eine
Prinzessin heiraten, die der Radschah für ihn ausgesucht hat.«
Orb drohte das Herz zu zerreißen. Sollte sie etwa von Mym getrennt werden?
»Ni-i-ie-e-ema-a-als.« empörte sich der Prinz.
»Wir haben Order, der Frau eine Abfindung auszuhändigen«, erklärte der Offizier. »Ihr sollen
keine materiellen Nachteile aus der Trennung erwachsen. Doch die Trennung ist endgültig. Der
Radschah hat befohlen, daß sie den Prinzen nie wiedersehen darf.«
»Eine Entschädigung!«
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