Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
sich die Magie meiner Familie auf dich
überträgt. Bei mir sind diese Signale einige Zeit später als bei dir gekommen. Gedulde dich also
noch ein wenig, mein Goldstück.«
»Ja«, sagte sie. Orb sah ihrem Vater deutlich an, wie sehr er sich darüber freute, daß sie das
Lied gehört hatte. Und das war ihr Glück. Sie wagte sich nicht vorzustellen, wie der Vater sonst
darauf reagiert hätte, daß sie fast im Fluß ertrunken wäre. Dann fragte sie: »Vater, wie bin ich
eigentlich mit Luna verwandt?«
Sie bemerkte, daß er durchaus erkannt hatte, daß sie nur das Thema wechseln wollte. Aber er ließ
sich nichts anmerken und antwortete: »Nun, im Grunde bist du ihre Tante.«
»Aber ich bin doch genauso alt wie sie!«
»Das Alter spielt dabei keine Rolle. Niobe und ich sind zusammen deine Eltern, einzeln sind wir
jedoch Lunas Großeltern. Und du bist die Halbschwester von ihren beiden Elternteilen.«
»Ja, ich bin die Halbschwester von Lunas Mutter und die Halbschwester von Lunas Vater. Ein Halbes
und ein Halbes ergibt ein Ganzes, also bin ich eine ganze Schwester!«
Er konnte sich nur mit Mühe ein Lächeln verkneifen. »Du bist die Halbschwester von ihrem Vater,
dem Zauberer, und von ihrer Mutter Blenda. Denn mit beiden teilst du dir ein Elternteil. Somit
bist du lediglich zwei Halbe, aber kein Ganzes. Doch in mehrfacher Hinsicht bist du Lunas
Tante.«
Orb schüttelte den Kopf. »Das ist mir zu kompliziert.«
Sie näherten sich dem Haus, und Pace erklärte:
»Ich will es dir aufmalen, auch wenn ich fürchte, daß du die Buchstaben noch nicht lesen
kannst.«
Im Haus mußte Orb erst der Mutter beim Abwasch helfen. Die Mutter erhielt einen warnenden Blick
vom Vater und fragte daher nicht, wo Orb so lange gewesen war. Währenddessen fertigte Pace die
Skizze an.
Als Orb fertig war, trat sie zu ihm an den Tisch, und auch Luna kam. »Mein Cousin Cedric Kaftan
hat vor langer Zeit Niobe geheiratet«, erläuterte der Vater. »Sie hatten einen Sohn, den
Zauberer. Ich habe Blanche geheiratet, und wir hatten eine Tochter, Blenda. Später hat der
Zauberer Blenda geheiratet, und sie bekamen dich, Luna, zur Tochter.« Er sah das kleine Mädchen
liebevoll an.
Sie und Orb waren im Abstand von ein paar Tagen geboren worden.
»Cedric ist sehr jung gestorben«, fuhr Pacian fort.
»Und ein paar Jahre später verschied auch Blanche. Niobe und ich fanden Gefallen aneinander und
haben geheiratet. Und wir bekamen dich, Orb. Damit bist du durch Niobe die Halbschwester vom
Zauberer und durch mich die Halbschwester von Blenda. Luna und du gehört zwar zwei verschiedenen
Generationen an, seid aber vom selben Alter und wirkt auch sonst wie Zwillinge.«
»Warum bist du soviel älter als Niobe?« fragte Luna.
Pace lächelte. »In Wahrheit bin ich elf Jahre jünger als Niobe. Sie war schon immer die schönste
Frau weit und breit und hat es stets verstanden, sich ihre Jugendlichkeit zu bewahren.«
Die beiden blonden Mädchen sahen sich an und schüttelten die Köpfe, denn sie glaubten, sie würden
auf den Arm genommen.
»Und damit kommen wir zu der Prophezeiung«, fuhr Pacian fort. »Ich denke, es ist an der Zeit,
euch davon zu erzählen.«
»Ja!« riefen beide wie aus einem Mund; denn das klang nach einem großen Geheimnis.
»Es handelt sich um eine recht vertrackte Prophezeiung, und der Zauberer sah sich gezwungen,
einen Bann auf euch zu legen, damit euch keine weitere Prophezeiung gemacht werden kann. Alles
begann mit euren Vätern, als wir noch nicht verheiratet waren. Jedem von uns wurde geweissagt,
die schönste Frau zu heiraten und eine Tochter zu bekommen.«
»Ja, das stimmt!« rief Luna. »Unsere Mütter sind...«
»Richtig. Dieser Teil ist in Erfüllung gegangen. Doch nun hört, was die Prophezeiung weiter sagt:
Die eine Tochter heiratet vielleicht den Tod und die andere womöglich den Teufel.«
»Wir sind doch noch viel zu klein, um jemanden zu heiraten«, kicherte Orb.
»Im Moment noch, ja. Doch wenn ihr groß seid und vielleicht so schön werdet wie eure Mütter, müßt
ihr euch an diese Prophezeiung erinnern und euch vorsehen. Niemand vermochte je zu sagen, was
diese Prophezeiung genau bedeutet.«
»Wir passen schon auf!« riefen die beiden und nahmen das Ganze nicht weiter wichtig, denn sie
konnten sich nicht vorstellen, jemals anders zu sein als jetzt.
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2. Kapitel
Die Hamadryade
Zwei Jahre später konnten sowohl Orb als auch Luna Nymphen und andere magische Wesen sehen.
Orb hörte darüber hinaus
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