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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Gesetz höchstpersönlich«, sagte der Wirt.
    Palermo bemerkte, dass noch ein viertes Queue am Billardtisch lehnte. Hier und da war die Farbe der rosa Bespannung unter milchigen Flecken verblasst. Eine Art Schmutzschicht, wie sie im Dover Beach allgegenwärtig war.
    »Wo ist der Fürst?«, fragte Palermo.
    »Er hat gesagt, er müsse mal für kleine Jungs«, antwortete der Eigentümer der Schwulenbar geziert und blickte zu einer schmalen, blau lackierten Tür hinüber.
    Ohne die beiden anderen Spieler zu beachten, die ihre Partie unterbrochen hatten, durchquerte Palermo den Raum und riss die Tür auf.
    Der Fürst saß mit heruntergelassenen Hosen auf dem Bidet, nur die Unterhose hatte er noch an. Der Mann war ungefähr vierzig. Er hatte seine wasserstoffblonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Pockennarben verunstalteten sein Gesicht, das irgendwie schwach und feige wirkte. Wie das Gesicht eines Verräters. An seinem linken Schenkel hatte er sich mit zwei zusammengeknoteten Kondomen die Adern abgebunden. Der Fürst zog gerade eine bernsteinfarbene Flüssigkeit auf eine Spritze. Auf dem Boden lag ein Feuerzeug, mit dem er die Substanz in einem Löffel erhitzt hatte: Heroin. Als er Palermo bemerkte, sprang er auf, allerdings vorsichtig, um die wertvolle Flüssigkeit nicht zu verschütten. Die Ader direkt unter dem Knie war angeschwollen.
    »Jagst du dir die Scheiße jetzt schon in die Beine?«, fragte Palermo anzüglich grinsend. »Trägst du neuerdings keine Röcke mehr?«
    Der Fürst hatte früher, als er noch um einiges jünger war, als Transvestit gearbeitet. Nun ließ er andere für sich anschaffen – jugendliche Stricher, Transsexuelle und Prostituierte. Er selbst stand eigentlich nur auf Jungs, aber Geschäft ist Geschäft.
    Palermo wartete, bis der Zuhälter das Heroin ganz vom Löffel aufgezogen hatte, dann nahm er ihm die Spritze aus der Hand. Der Fürst wehrte sich nicht, aber seine Augen weiteten sich. Er schluckte schwer.
    »Anstatt hier pinkeln zu gehen«, fuhr Palermo mit der Spritze in der Hand fort, »hab besser ein Auge auf deine Mädels. Ich war gerade bei einer von denen, die ziemlich übel zugerichtet war. Jemand hat ihr mit einer Klinge die Titten zerfetzt und ihren Mund … zerbissen. Weißt du vielleicht, ob hier in der Gegend ein tollwütiger Hund herumläuft? Fällt dir irgendetwas dazu ein?«
    Der Fürst breitete die Arme aus.
    »Komm schon, Palermo«, meinte er und zwang sich, ruhig zu klingen. »Warum willst du mir Ärger machen … Ich weiß davon gar nichts …«
    »Er hat sich auf die Titten konzentriert, Fürst. Erinnert dich das wirklich an niemanden?« Palermo machte eine Pause, um dem Luden die Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern, doch der Fürst zuckte nur mit den Schultern und starrte auf die Spritze. »Also bei mir klingelt da was. Mich erinnert das an jemanden, der eigentlich im Knast sitzen sollte und stattdessen draußen frei herumläuft … Aber weißt du, was? Das interessiert mich eigentlich einen Scheißdreck. Um deine Nutten musst du dich schon selbst kümmern …«, und mit einer schnellen Bewegung, die den Zuhälter vollkommen überraschend traf, spritzte er ihm das Heroin ins Gesicht.
    »Nein«, stöhnte der Fürst auf, während er versuchte, die wertvolle Flüssigkeit mit der Zunge aufzufangen.
    Palermo beugte sich zu ihm hinunter.
    »Du weißt doch, dass du mir noch Geld schuldest?«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Wenn du mir diesen Namen sagst … und ihn vor einem Staatsanwalt wiederholst … hast du keine Schulden mehr bei mir.« Und dann stach er mit der Nadel der Spritze in die Wangen des Luden.
    »Scheiße, Palermo«, jammerte dieser. »Ich schwöre dir, dass ich nicht weiß, wer das gewesen sein könnte … ehrlich … Hör auf damit, du tust mir weh …«
    »Ich tu dir weh?« Palermo stieß die Toilettentür mit dem Fuß zu. »Das nennst du schon wehtun?«, fragte er und stach weiter auf sein Gesicht ein. »Weißt du, was ich unter wehtun verstehe? Also zum Beispiel, wenn ich dir diese Nadel hier in dein Knie, direkt unter deine hübsche kleine Kniescheibe stecken würde … das könnte wehtun. Oder wenn ich dir damit ein wenig Schmalz aus dem Ohr herauspule, von ganz weit innen, hinter dem Trommelfell … das würde ich auch als wehtun bezeichnen. Wenn ich sie hier durch deine Nasenscheidewand jagen, wenn ich dir damit den Gaumen durchbohren würde … ach, es würde auch ausreichen, wenn ich dir diese Scheißnadel unter einem Fingernagel

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