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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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wäre.
    »Die Prostitution … zu kontrollieren … also besser gesagt unter Kontrolle zu halten«, antwortete der junge Mann schüchtern.
    »Und was heißt das konkret? Gehört es beispielsweise dazu, die Preise für Huren amtlich festzusetzen?«
    »Nein.« Der Streifenbeamte lächelte verlegen. »Wir sollen dafür sorgen, dass es weniger Prostitution gibt … Prostitution ist illegal.«
    »Und wenn diese Hure da sterben würde, hättest du dadurch nicht auch dafür gesorgt, dass es weniger Prostitution gibt?«
    Der Streifenbeamte starrte Palermo an.
    »Das … Das meinen Sie doch nicht im Ernst, Inspektor …«, stammelte er entsetzt.
    Palermo drehte sich um und ließ ihn wortlos stehen. Er bog in die erste Gasse links ab und verschwand. Dann sah er auf seine Uhr. Um diese Zeit würde er ihn dort antreffen. Schnell durchquerte er ein Labyrinth von Gässchen, in dem er sich gut auskannte. Als die ausgeschaltete Leuchtreklame des Dover Beach in seinem Blickfeld auftauchte, ging er langsamer. Er wollte nicht außer Atem sein, wenn er das Lokal betrat. Palermo ging am Haupteingang vorbei und klopfte dann an eine schmale Hintertür, die man fast übersah, weil sie mit unzähligen illegal angebrachten Veranstaltungsplakaten übersät war. Nach einer Weile wurde sie einen Spalt breit geöffnet, durch den einer der Türsteher des Lokals hinausspähte. Sobald er Palermo erkannte, ließ er ihn ein.
    Tagsüber wirkte das Lokal noch schäbiger. Eine alte Frau mit von blauvioletten Krampfadern überzogenen Beinen saugte den Boden, auf dem aller möglicher Abfall lag. Man sah weißliche Flecken, die sich langsam gelb verfärbten.
    »Ist der Fürst beim Billardspielen?«
    Der Rausschmeißer deutete mit der Hand auf den Nachbarraum, der abends fast immer verschlossen blieb. Palermo durchquerte das Lokal und kickte dabei eine leere Flasche zur Seite. Dann öffnete er die Tür mit der Aufschrift »Privat«.
    Das Zimmer war ziemlich geräumig und heller als der Rest des Lokals. Rechts an der Wand befand sich ein Schreibtisch mit zwei Telefonen. Im Hintergrund eine kleine spiegelverkleidete Bar. Die Mitte des Raumes füllte ein Billardtisch mit einer rosafarbenen Bespannung aus, der nach Aussagen des Eigentümers aus einem berühmten Kasino stammte. An der linken Wand hing das Gestell mit den Queues, von denen einige aus Holz, andere aus mattem Metall waren.
    Rund um den Tisch standen drei Männer. Einer war der Eigentümer des Lokals, ein fetter Schwuler um die sechzig, mit beinahe kahl rasiertem Schädel, wie immer in seinem Hemd aus rosa Kunstseide mit dem übertrieben breiten Kragen, das er nur hier im Dover Beach trug, fast, als wäre es eine Uniform. Das Hemd stand über der Brust weit offen und gab den Blick frei auf eine Perlenkette und ein dünnes Goldkettchen, an dem ein heller Korallenanhänger baumelte – ein geflügelter Penis. Als er das Lokal vor sieben Jahren übernommen hatte, hatte er nicht einmal den Namen geändert, weil er ihm ausgefallen genug erschienen war. Er wusste nicht, warum der Vorbesitzer seinen Kulturverein so genannt hatte. Nur, dass er sich bis über beide Ohren verschuldet hatte. Aber das hätte ihm auch jeder Idiot vorhersagen können. Im Käfig hatte ein Kulturverein nicht die geringste Überlebenschance. Doch Intellektuelle verstanden nun mal nichts vom Geschäft. Dafür waren sie ausgezeichnete Kunden. Sie machten keinen Ärger und gaben für ihre Laster einen Haufen Geld aus. Einmal, das war schon etliche Zeit her, war so einer sein Geliebter gewesen, aber diese Beziehung hatte nicht lange gehalten. »Zu viel Hirn und zu wenig Schwanz«, war sein Lieblingskommentar dazu.
    Der Eigentümer des Dover Beach empfing Palermo mit einem sichtlich erfreuten Lächeln und ging ihm entgegen, während er affektiert mit seinen schwarz getuschten Wimpern klimperte. Er umarmte ihn nicht, da er wusste, dass Palermo es hasste, angefasst zu werden, wenn er nicht selbst die Initiative ergriff. Zwischen ihnen war nie etwas gelaufen und darüber war er auch ganz froh. Nach allem, was man sich erzählte, musste der Bulle ein ziemlich brutaler Liebhaber sein.
    Palermo erwiderte sein Lächeln. Auch er wusste einiges über den anderen. Zum Beispiel, dass er ein Meister im Umgang mit der Rasierklinge war. Man erzählte sich sogar, dass er einmal eine Rasierklinge in seinem Mund »vergessen« hatte, als er sich niederkniete, um einem seiner jungen Liebhaber, der ihn betrogen hatte, einen zu blasen.
    »Welch eine Ehre. Das

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