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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Ordnung. Aber dann? Als du zu ihm gegangen bist, um ihm mitzuteilen, dass es eben nicht irgend so ein Spinner war? Was hat Boiron darauf gesagt?«
    Frese erhob sich entnervt von seinem Stuhl und trat ans Terrassengeländer. Giuditta und die Kinder waren jetzt im Garten. Aus der Küche duftete es leicht nach Plätzchen.
    »Machst du etwa auch noch selbst Wein?«, fragte er Amaldi, als er die fünf Reihen Rebstöcke betrachtete.
    »Warum hat er ausgerechnet ihn angerufen?«, überlegte Amaldi unbeirrt weiter. »Du schnappst dir also nachts um zwei Uhr dein Telefon und rufst einen Unbekannten an, um ihm zu sagen, dass du in etwa einer halben Stunde jemanden umbringen wirst. Du sagst ihm wo und dann nennst du ihn Papa . Warum ausgerechnet ihn? Also entweder ist er kein absoluter Unbekannter … das halte ich für das Wahrscheinlichste … oder …« Er schlug mit einer Hand auf den Tisch. »Es gibt kein Oder, Nicola. Deine Vermutung ist nicht stichhaltig. Wenn du sichergehen willst, dass die Polizei kommt, um dir zuzusehen … um sich deine Inszenierung anzusehen … dann rufst du doch direkt bei der Polizei an, nicht bei jemandem, der vielleicht die Polizei alarmiert. Also – warum bei ihm?« Mit diesen Worten stand er auf und stellte sich neben Frese ans Geländer.
    Giuditta lächelte zu ihm hinüber und warf ihm eine Kusshand zu. Amaldi winkte zurück.
    »Wir essen sie, sonst nichts«, sagte Amaldi.
    »Was?«
    »Die Trauben. Ich mache keinen Wein.«
    »Ach ja, richtig. Unser Meistertischler Gepetto stellt ja nur scheußliche Möbel und Kinderspielzeug wie den Pinocchio her. Apropos, bist du auch gut versichert? Nicht, dass einer aus dem Trupp der Superzwerge durch deine Kreationen noch ernsthaft Schaden nimmt«, lästerte Frese.
    »Erzähl mir noch einmal alles von vorn.«
    Frese drehte dem Garten den Rücken zu und setzte sich stöhnend aufs Geländer. Seine kurzen stämmigen Beine berührten nun die Terrakottafliesen nicht mehr. »Der Anruf bei Boiron erfolgt um 2.03 Uhr. Der ruft die Polizei um 2.07 Uhr an. Er weist sich als Richter aus. Der Telefonist meint, dass er zu Recht die Polizei eingeschaltet hat, ist aber eigentlich davon überzeugt, dass es sich um falschen Alarm handelt. Er sagt einem Beamten Bescheid, der eigentlich noch eine halbe Stunde Dienst hätte, sich aber bereits vorzeitig in den Feierabend verabschiedet hat. Der Telefonist kennt ihn und weiß, dass der Mann ganz in der Nähe des angegebenen Tatortes wohnt. Deshalb ruft er ihn übers Handy an und der arme Kerl kann schlecht Nein sagen, schließlich ist er noch im Dienst. Dann kommt dem Telefonisten die Sache doch merkwürdig vor … so wie Boiron … und er alarmiert noch einen regulären Streifenwagen. Die haben zufällig einen Journalisten mit Fernsehkamera und Drehgenehmigung dabei, der sie begleitet, um eine von diesen Scheißdokumentationen über den harten Polizistenalltag zu machen. Das Material ist jetzt allerdings beschlagnahmt und kann nicht mehr gesendet werden. Der Zivilbeamte kommt um 2.27 Uhr zum Tatort. Die anderen um 2.39 Uhr …«
    »Er hat auf sie gewartet. Boiron hatte er gesagt, dass er um halb drei zuschlagen würde, und dennoch ist das Opfer um 2.39 Uhr noch am Leben. Aber Boiron war nicht da. Und das ist noch so eine Frage – wollte der Anrufer tatsächlich, dass er kommt? Du bist das Gesetz, du darfst nicht fehlen, Papa . Richtig?«, fragte Amaldi.
    »Richtig.«
    »Ist es nun Boiron, der bei der Vorstellung nicht fehlen darf, oder das Gesetz? Aber weiter im Text.«
    »Die Männer von der Streife glauben ebenfalls, dass es falscher Alarm ist. Um 2.45 Uhr schalten sich die Scheinwerfer des Wagens oben auf dem Hügel ein und dann … na ja, du hast ja selbst gesehen, was für eine Scheiße dann passiert ist.«
    »Er hat sie sechs Minuten lang beobachtet«, überlegte Amaldi. »Schließlich konnte er ja nicht wissen, dass auch der erste Mann ein Polizist war. Vielleicht hat er das vermutet. In dem Fall wären es … achtzehn Minuten. Aber gehen wir jetzt mal davon aus, dass er seine uniformierten Zuschauer sechs Minuten lang beobachtet hat und zwar aus der Dunkelheit heraus, ohne dass er selbst gesehen werden konnte. Denn ganz sicher stand er Punkt halb drei bereit. Aber er wollte sie erst noch ein wenig observieren. Oder er wartete, weil er sehen wollte, ob Boiron ebenfalls auftauchen würde. Tatsache ist, dass er sie von dort oben aus der Dunkelheit beobachtet hat. Wenn sie den Hügel hinaufgeleuchtet hätten, hätten

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