Inmitten der Unendlichkeit
Flüche. »Ich denke, wir sollten die gesamte Kette von Überwachungsmonitoren durchprüfen. Ich frage mich schon die ganze Zeit, ob wir nicht etwas übersehen haben…«
Cappy und MacHeath stöhnten laut auf.
Hardesty
Kapitän Richard Hardesty, der Sternenwolf, war tot.
Korie hoffte, daß es dadurch einfacher würde, mit dem Mann zu reden.
Aber er hatte sich getäuscht.
Hardesty war vorsichtig von der Sternenwolf geschafft und in eine medizinische Abteilung auf dem Quarantänedeck von Stardock verlegt worden. Sein Körper atmete noch immer ohne fremde Hilfe, aber das war auch schon alles. Er mußte künstlich ernährt werden, und die Stoffwechselprodukte wurden dialytisch aus seinem Körper entfernt. Sein Herz hatte zu schlagen aufgehört, und das Blut wurde von internen Pumpen durch seine Adern gezwungen. Sein Knochenmark hatte die Produktion von Blutkörperchen eingestellt, und nur die ununterbrochene Desinfektion seines Blutes verhinderte, daß er an einem halben Dutzend Infektionen gleichzeitig erkrankte. Während der Rückreise zum Stardock waren die zwölf Besatzungsmitglieder, die seiner Blutgruppe angehörten, vollauf damit beschäftigt gewesen, ihm neues Blut zu spenden, so wie das alte unbrauchbar wurde. Hier im Stardock versorgten ihn vier Knochenmark-Regenerationstanks mit frischem neuen Blut. Aber es half nicht viel. Hardesty blieb vom Hals an abwärts vollkommen gelähmt, und seine Glieder waren aufgedunsen. Der Geruch, den sein Körper verströmte, war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend: eine Mischung aus ekelhafter Süße und fortgeschrittener Verwesung. Korie fragte sich, ob es unhöflich wäre, ein Taschentuch vor die Nase zu halten.
Er konnte den Anblick seines Kapitäns kaum ertragen. Das verbliebene organische Auge war zusammengeschrumpft. Die linke Gesichtshälfte bestand aus Metall, und dort, wo das Metall an das Gewebe grenzte, hatte die Hautfarbe einen leicht grünlichen Ton angenommen, Resultat des Kontaktes mit dem konservierenden Gas Phullogine. Der Morthaner Cinnabar hatte das Gas in einen Plastiksack geleitet, in dem er den Kapitän gefangengehalten hatte. Kapitän Richard Hardesty, der Sternenwolf, war in medizinischer Hinsicht tot. Er war bereits einige Tage nach dem Zwischenfall tot gewesen.
Natürlich war der Kapitän vollkommen unfähig zu sprechen. Seine Stimme ertönte durch einen Lautsprecher. Die Gedankenströme, die den Lautsprecher zum Leben erweckten, stammten aus einer Prothese in seinem Schädel, die nach seinem Unfall vor zwanzig Jahren eingesetzt worden war. Dieser Unfall hatte ihn die eine Hälfte seines Kopfes gekostet, die jetzt aus Metall bestand. Und jetzt war der verbliebene Rest des Kopfes tot. Genauso tot wie alles andere auch. Nur die Prothese lebte noch.
Und die Prothese war nur ein kleines Stück weniger ätzend, als es der ganze Mann gewesen war. Korie berichtete Hardesty von seinem Treffen mit der Vizeadmiralin. Hardestys Reaktion überraschte ihn. Der Lautsprecher gab Geräusche von sich, die Korie an ein Rascheln auf dem Grund einer Grabkammer erinnerten. »Sie hat recht. Sie sind noch nicht so weit, ein eigenes Kommando zu übernehmen.«
Korie unterdrückte seinen Widerspruch. Wer redete dort eigentlich? Hardesty? Oder die künstliche Intelligenz in seinem Schädel? Korie versuchte, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. »Warum sagen Sie so etwas?«
»Weil es stimmt.«
Korie hätte sich umdrehen und gehen sollen. Aus Hardesty sprach sein Ärger. Seine Schmerzen. Die Medikamente. Das Gas des Morthaners. Wer konnte wissen, ob der Geist Hardestys überhaupt noch hier war? Aber Korie konnte nicht anders, als zu fragen: »Könnten Sie vielleicht ein wenig deutlicher werden?«
»Sie sind wild.«
»Sir?«
»Sie sind ein unzivilisierter Wilder. Sie haben keinen militärischen Verstand. Sie werden ihn nie haben.«
»Ich weise Ihre Behauptung zurück, Sir. Ich habe…«
»Ich weiß sehr gut, was Sie haben. Sie haben Wut im Bauch. Rasende Wut. Ihre Wut dominiert jede rationale Einsicht, die Sie in bestimmten Situationen nötig hätten. Ihre Wut macht Sie ungeduldig.«
Korie dachte über sein Treffen mit der Vizeadmiralin nach und sah ein, daß Hardesty recht hatte. Zumindest teilweise. »Ich habe alles getan, was ich konnte. Besser ging es nicht…«
Die Grabesstimme flüsterte anklagend: »Die Moral ist wieder einmal zum Teufel.«
»Das ist nicht wahr…«
Die Stimme übertönte rauh seinen Protest. »Sie haben Ihre
Weitere Kostenlose Bücher