Innere Werte
Schütz, hat mir erzählt, was ihm zugestoßen ist. Er war ja sein Sachbearbeiter. Das ist einfach grauenhaft.«
»Ja, das ist richtig. Wir –«
»Da fällt mir noch was ein«, unterbrach Eltges den Kommissar. »Anja hat ihn auch mal erwähnt. Am letzten Freitag bin ich ihr auf dem Flur über den Weg gelaufen und sie war sehr verärgert, weil Bielmanns Freundin ihr wohl die Autotür verkratzt hat.«
»Bielmanns Freundin?« Martin glaubte nicht richtig zu hören. »Katrin Buhr?«
»Einen Namen hat sie nicht genannt.«
»Das wird ja immer besser«, murmelte Martin und blickte Michael ungläubig an. Sollte sie tatsächlich diejenige sein, die »Bitch« in die Autotür gekratzt hatte, wäre es naheliegend, dass sie Gleiches auch im Wald getan hatte. Und nicht nur das. So wie es aussah, hatte Frau Buhr jetzt auch ein Mordmotiv, und zwar für beide Opfer: Eifersucht!
»Hat Frau Schulte gesagt, warum diese Frau das gemacht hat?«
»Nein.«
»In Ordnung.« Martin besann sich auf die nächste Frage. »Wir haben hier noch eine Liste mit Namen. Ich möchte Sie bitten, sie sich in Ruhe anzusehen, um festzustellen, ob Sie den einen oder anderen Namen kennen.«
Eltges nahm das Blatt und Martin beobachtete, wie er Zeile für Zeile las. Als er fertig war, ließ er die Liste in seinen Schoß sinken und blickte die Männer fragend an.
»Woher haben Sie die Liste?«
»Wir haben sie bei Anja Schulte gefunden.«
»Das verstehe ich nicht!« Er schien verwirrt. »Das sind alles meine Kunden.«
Martin rückte nach vorn auf die Stuhlkante und warf erst Michael, dann Robert Eltges einen erstaunten Blick zu. »Ihre Kunden?«
»Ja.«
»Was für Kunden? Ich meine, haben die alle bei Ihnen einen Kredit beantragt?«
»Ja, und wenn ich mich nicht irre, wurden alle abgelehnt.«
»Alle?«
»Ich glaube schon. Ich müsste genau nachschauen.«
»Dann tun wir das jetzt.«
Nach einer halben Stunde war klar, dass die Personen auf der Liste Bankkunden waren, die vor dem finanziellen Ruin standen, zumeist alte Kredite abzuzahlen und keine neuen bekommen hatten. Mit der Abkürzung LS konnte Robert Eltges nichts anfangen. Er war sichtlich bestürzt, denn er war zu der Einsicht gekommen, dass Anja Schulte ihn auf perfide Weise ausgenutzt hatte. Sie hatte diese Liste erstellt, für wen oder was auch immer, mit Leuten, über die er mit ihr ausführlich gesprochen hatte. Er erinnerte sich, dass sie sich regelmäßig nach seinen Problemfällen erkundigt hatte.
Michael und Martin befragten anschließend alle Sachbearbeiter der Kreditabteilung, um zu erfahren, ob auch sie mit Anja Schulte über ihre Problemkunden gesprochen hatten. Doch fast alle verneinten. Nur Gerhard Schütz meinte sich erinnern zu können, dass Peter Bielmann einmal Gesprächsthema gewesen war.
Als die Polizisten die Bank verließen, hatten sie zu allen Namen auf der Liste auch die dazugehörigen Adressen. Und die galt es jetzt zu überprüfen.
Martin beschlich ein merkwürdiges Gefühl. Diese Liste schien eine wichtige Rolle in den Fällen Bielmann und Schulte zu spielen. Aber was hatte das alles zu bedeuten? Er wagte kaum, den Gedanken, der sich ihm aufdrängte, zu Ende zu denken. Aber hatte die Liste überhaupt etwas mit den Morden zu tun? Wenn es denn beides Morde waren?
Und dann war da noch Katrin Buhr, die so unerwartet in den Fokus der Ermittlungen kam. Martin versuchte sich zu erinnern, wie er diese Frau erlebt hatte. Sie war ihnen teils feindselig, teils verzweifelt gegenübergetreten. Er fragte sich jetzt, ob es Verzweiflung über den Verlust des Freundes oder über die Tat gewesen war. Auf jeden Fall musste sie sofort zur Vernehmung ins Präsidium gebracht werden.
Doch Katrin Buhr war nirgends aufzutreiben. Sie hatte immer noch Urlaub und konnte sonstwo sein. Der Kommissar informierte Milster darüber, der sofort eine Streife zur Beobachtung ihrer Wohnung abstellte.
Martin spürte die Unruhe, die ihn ergriff. All diese Ungereimtheiten machten ihn nervös. Es wurde langsam Zeit, einige davon aufzuklären, und zwar so schnell wie möglich.
44
Am späten Nachmittag fuhren mehrere Beamte in die Humboldt-Klinik. Martin hielt Frau Christ den Durchsuchungsbeschluss unter die Nase, die daraufhin versuchte, das Territorium von Dr. Wellner zu verteidigen. Sie stellte sich den Beamten erfolglos in den Weg und lief anschließend wie ein nervöses Huhn zwischen den Leuten herum. Martin beförderte sie in die Cafeteria des Krankenhauses, wo sie unter Protest
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