Innere Werte
dürfte nicht allzu lange dauern.«
»Dr. Hofnagel, Sie haben mir sehr geholfen. Ich danke Ihnen, dass Sie sich Zeit genommen haben.«
»Sehr gerne. Und wenn Sie noch weitere Fragen haben, melden Sie sich.«
Martin nickte.
»Lassen Sie mich Ihnen persönlich noch einen kleinen medizinischen Hinweis geben. Es gibt zweihundert nierenschädigende Substanzen, die man regelmäßig in Medikamenten findet. Vor allem in Schmerzmitteln, die meistens frei verkäuflich sind. Und wenn man bedenkt, wie viele Menschen medikamenten- oder alkoholabhängig sind, weil sie versuchen, krankmachende Faktoren zu unterdrücken, wundert es mich nicht, dass nicht nur die Krebsstationen, sondern auch die Dialysezentren voll sind. Das soll nicht heißen, dass alle meine Patienten Junkies sind.« Der Arzt lächelte. »Für Niereninsuffizienz gibt es auch noch andere Gründe. Jedenfalls spricht heutzutage kaum noch einer über die Ursachen von Erkrankungen. Ein großer Fehler, meiner Ansicht nach. Und deshalb tun Sie sich selbst einen Gefallen, und schlucken Sie nicht irgendwelches Zeug, wenn Sie krank sind. Machen Sie sich Gedanken über die Ursache und Ihren Körper nicht zum Reparaturbetrieb, wie das heute so üblich ist.«
»Das sind Dinge, mit denen man sich viel zu selten beschäftigt, obwohl sie so wichtig sind. Den Rat werde ich auf jeden Fall beherzigen. Nochmals danke, Doktor.«
Martin streckte dem Arzt die Hand entgegen und wünschte ein frohes Weihnachtsfest, ehe er kurz darauf das Gebäude verließ.
52
Inzwischen mussten Paul und Michael feststellen, dass sich Gleisinger nicht im Casino aufhielt. Unverrichteter Dinge fuhren sie zurück ins Präsidium. Dort gab es neue Informationen von der KTU. Auf Wellners Rechner hatten die Kollegen kürzlich gelöschte E-Mails wieder zutage befördert. Bei der Durchsicht entdeckte Michael auch die von Anja Schulte, mit der sie den Arzt an ihrem Todestag um ein Treffen an der Eisernen Hand gebeten hatte.
»Hat der Sack doch gelogen«, kommentierte er den Fund.
»Das war ja zu erwarten«, sagte Paul.
»Ich bin gespannt, was er dazu sagt.« Michael wählte die Nummer der Klinik und erkundigte sich nach Dr. Wellners Aufenthaltsort. Dann stand er auf und schnappte sich die Jacke. »Los, lass uns dem Chef eine Freude machen und den Herrn Doktor abholen.«
»Gute Idee.«
Unter großem Protest erklärte sich der Arzt schließlich bereit mitzukommen und saß eine halbe Stunde später im Vernehmungszimmer. Als Martin eintraf, hielt Paul ihm die E-Mail unter die Nase.
»Seine Weste ist also nicht so weiß wie sein Kittel«, sagte Martin. »Dann statten wir ihm mal einen Besuch ab.«
Paul und Michael machten keine Anstalten, sich in Bewegung zu setzen, und grinsten.
»Was ist?« Martin hatte schon die Jacke in der Hand. »Es gibt noch keinen Feierabend.«
»Dr. Wellner sitzt im Vernehmungszimmer und erwartet dich.«
Martin zog die Augenbrauen hoch. »Ist das mein Weihnachtsgeschenk von euch?«
»Nur nicht sentimental werden«, sagte Michael und hielt Martin die Tür auf.
Als Martin den Raum betrat, drehte sich Steffen Wellner ruckartig zu ihm um.
»Schön, dass der Herr Kommissar sich doch noch bequemt, mit mir zu sprechen«, sagte er herablassend und blickte demonstrativ auf die Uhr.
»Aber natürlich. Für Sie habe ich doch immer Zeit«, entgegnete Martin überfreundlich.
»Ihre Lakaien haben mir nicht mal gesagt, was ich hier soll.«
»Sollten Sie Kriminalhauptmeister Pichlbauer und Kriminalobermeister Fischer meinen, so haben die Kollegen mir freundlicherweise die Überbringung der Neuigkeiten überlassen.«
»Von was reden Sie eigentlich?«
»Herr Wellner, setzen Sie sich bitte.« Martin wies auf einen Stuhl am Tisch.
»Nein, danke. Ich stehe lieber.« Herausfordernd verschränkte er die Arme vor der Brust.
»Gut, kommen wir gleich zur Sache. Ihr Versuch, die E-Mail von Anja Schulte zu löschen, ist fehlgeschlagen. Soll heißen, Sie müssen nächstes Mal beim Beseitigen von Spuren etwas gründlicher vorgehen. Das war ziemlich leichte Beute für unsere Fachleute.« Martin bedachte den Arzt mit einem triumphierenden Blick.
»Und?«
»Eine Erklärung wäre angebracht.«
Wellner wandte sich wieder dem Fenster zu und überlegte, ob er seinen Anwalt herzitieren sollte. Er entschied sich dagegen. Das würde ihn vor den Augen dieses unangenehmen Polizisten nur verdächtig machen.
»Also schön«, begann er. »Frau Schulte hat mich um dieses Treffen
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