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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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konnte. Er griff nach einer Lupe, dann nickte er und lächelte unmerklich vor sich hin. Sein Gesichtsausdruck erinnerte Martin spontan an einen Forscher, der gerade eine großartige Entdeckung gemacht hatte. Stieber blickte zu Richard und sofort wieder zurück auf den Bauch der Leiche.
    »Denn Mord, hat er schon keine Zunge, spricht mit wundervollen Stimmen«, zitierte Stieber erfreut einen Spruch aus Hamlet und winkte den Beamten zu, dass sie sich seine Entdeckung ansehen sollten.
    »Hier, sehen Sie diesen Punkt im Bauchnabel? Sieht mir verdammt nach einer Einstichstelle aus. Klein und unscheinbar. Eine hervorragende Stelle, um eine Injektion zu verschleiern.«
    »… die Ihren Argusaugen aber nicht entgeht«, ergänzte Martin anerkennend.
    »Bin gespannt, was die Dame so intus hat.«
    Plötzlich ertönte die Stimme von Stiebers Sekretärin in der Sprechanlage: »Herr Pichlbauer ist da. Kann er reinkommen?«
    »Natürlich«, antwortete der Arzt. »Immer rein mit ihm.«
    Michael trat mit einem fröhlichen: »Guten Morgen, die Herren!« ein und kam näher. »Na, haben wir jetzt unsere verspätete Weihnachtsleiche auf dem Tisch?«, scherzte er in seiner lockeren Art und warf einen Blick auf die Tote. Im selben Augenblick wich alle Farbe aus seinem Gesicht, er riss die Augen ungläubig auf und starrte die Frau an. Er taumelte rückwärts bis er an den nächsten Metalltisch stieß. Dort drehte er sich um, stützte sich darauf ab und schloss die Augen.
    »Der Anblick war wohl zu viel am frühen Morgen«, sagte Richard leise.
    Martin war der Erste, der reagierte und zu seinem Kollegen trat. Er wusste, dass Michael schon schlimmere Bilder gesehen hatte.
    »Kennst du die Frau?«
    »So ein Scheißberuf!«, fluchte Michael und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es wie ein Knall durch die Stille hallte.
    »Michael! Wer ist das?«
    Michael atmete tief ein und wandte sich Martin zu. »Das ist Susanne Wellner.«

66
     
    Martin begann, die eintreffenden Erstzugriffsberichte durchzusehen und eine Ermittlungsakte anzulegen. Er informierte Milster gerade per E-Mail über die neue Situation, als das Telefon klingelte und Tobias Schulte sich meldete. Er erkundigte sich, ob Martin schon etwas zu seiner Krankenakte herausgefunden hatte.
    »Tut mir leid, Tobias. Aber ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    »Macht nichts. Ich wollte Ihnen noch sagen, dass ich über Silvester zu meinem Onkel fahre. Die Uni fängt erst nächste Woche an und er hat mir keine Ruhe gelassen.«
    »Das ist doch eine gute Idee. Aber sag mal, Tobias, kennst du eigentlich die Frau von Dr. Wellner?«
    »Nein, ich wüsste nicht.«
    »Weißt du, ob deine Mutter sie kannte?«
    »Keine Ahnung. Sie hat sie nie erwähnt. … Aber …« Tobias stockte.
    »Aber was?«
    »Mir fällt da gerade was ein. … Ich hab im Krankenhaus mal zwei Schwestern miteinander reden hören. Das ist bestimmt schon fünf Monate her. Sie haben irgendwas von Dr. Wellners Verhältnis mit einer anderen Frau erzählt und dass die Ehefrau es immer zuletzt erfährt. Jetzt frag ich mich, … ob meine Mutter vielleicht …«
    »… Dr. Wellners Verhältnis war?«
    »Ja. Aber das hätte ich doch sicher mitbekommen, oder nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es sieht so aus, als ob deine Mutter ein Verhältnis mit Peter Bielmann gehabt hatte. Damit scheidet Dr. Wellner zumindest als aktueller Liebhaber wohl aus. Und was vor fünf Monaten war, wissen die Götter.«
    »Oh, Mann. Ich find das alles ganz schön verwirrend.«
    »Da geht es dir wie mir.«
    »Warum fragen Sie eigentlich nach Frau Wellner?«
    »Erzähl ich dir später mal.«
    Martin bedankte sich bei ihm, wünschte ihm einen guten Rutsch und versprach, sich baldmöglichst um die Krankenakte zu kümmern.
    Nachdenklich drückte er das Gespräch weg und versuchte, sich nicht zu sehr von seiner Aversion gegen Steffen Wellner leiten zu lassen. Er musste objektiv an die Sache rangehen. Er sah auf die Uhr. In einer Stunde war die erste Besprechung angesetzt. Bis dahin würden sie auch den Obduktionsbericht haben. Martin schenkte sich einen Kaffee ein und erledigte seinen Papierkram, wobei seine Gedanken immer wieder abschweiften und er sich in Spekulationen verlor. Warum musste Susanne Wellner sterben? Welcher Zusammenhang bestand zwischen Anja Schulte und ihr? War hier womöglich ein Serienmörder am Werk? Der Gedanke trieb ihm eine Gänsehaut über den Rücken. So viele verschiedene Möglichkeiten waren denkbar. Das Ganze war eine

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