Innere Werte
Schutzanzug und hob die Hand zum Gruß.
64
Am Ende des Tages war klar, dass Peter Bielmann in dem Wagen transportiert worden war. Entsprechende Spuren belegten das zweifelsfrei. Zudem hatte man verschiedene Faserspuren und Fingerabdrücke gefunden, wovon die meisten zuzuordnen waren. Einige stammten von Anja Schulte, andere von dem großen Unbekannten, der seinen Fingerabdruck bereits am Kanaldeckel hinterlassen hatte. Alles deutete darauf hin, dass diese beiden Personen den Saab genutzt hatten.
Bei weiteren Nachforschungen stellte sich heraus, dass Anja Schulte die Garage gekauft hatte. Die Eurotransplant-Schilder waren wie erwartet keine Originale. Auch war inzwischen erkennungsdienstlich bewiesen, dass sie die Perücke tatsächlich getragen hatte. Auf Nachfrage in der Humboldt-Klinik stellte sich heraus, dass Organanlieferungen stets von Dr. Wellner persönlich entgegengenommen worden waren.
»Wir brauchen Wellners Fingerabdrücke«, sagte Martin.
»Am besten die Abdrücke von allen Transplantationsärzten in der Gegend und allen Ärzten der Humboldt-Klinik«, schlug Paul vor. »Dann müsste sich der große Unbekannte doch finden lassen.«
»Erstens wissen wir nicht, ob der Unbekannte überhaupt Arzt ist und nicht etwa nur ein Handlanger, und zweitens kriegen wir dafür keine Genehmigung.«
Auch Dieter und Michael waren erfolgreich gewesen. Sie hatten vier Männer und eine Frau gefunden, die als Lebendspender fungiert hatten. Alle waren mit fünftausend Euro abgespeist worden und kannten angeblich keine Hintermänner. Der Vorgang lief jedesmal so ab, wie Gleisinger beschrieben hatte. Die einzige Person, mit der sie im Zusammenhang der Nierenexplantation zu tun gehabt hatten, war die blonde Anja Schulte.
»Was passiert jetzt mit den Spendern?«, wollte Paul wissen.
»Das wird nicht Ihre Sache sein«, hörten sie eine Stimme von der Tür her. Milster trat näher. »Ihre Sache ist es lediglich, den zu finden, der für den Tod von Peter Bielmann verantwortlich ist.«
»Und für den Tod von Anja Schulte«, erinnerte Martin.
»Warum sollte die jemand umgebracht haben? Oder haben Sie inzwischen ein Tatmotiv?«
Als Martin nicht antwortete, fuhr Milster fort: »Ich bin immer noch der Meinung, sie hat Selbstmord begangen. Und als solchen werden wir den Fall bald zu den Akten legen. So wie ich das sehe, gibt’s ja auch nichts weiter zu ermitteln. Oder irre ich mich?«
»Es finden sich immer wieder neue Ansatzpunkte«, startete Martin einen Versuch der Rechtfertigung. »Katrin Buhr zum Beispiel. So lange wir die nicht haben, können wir den Fall nicht zu den Akten legen. Die spielt in beiden Fälle irgendeine noch ungeklärte Rolle.«
»Wer weiß, wo die steckt. Die ist vielleicht schon längst im Ausland untergetaucht.« Etwas versöhnlicher sagte Milster: »Sandor, ich weiß, ungeklärte Fälle wurmen sie schrecklich. Welchen Ermittler nicht. Aber manchmal muss man einfach einen Schlussstrich ziehen. Der nächste Mord kommt bestimmt.«
Als ob ich mir weitere Morde wünschen würde, dachte Martin.
»Und bevor wir Dr. Wellner weiter behelligen«, fuhr Milster fort, »möchte ich von Ihnen einen ausführlichen Bericht über die Organhandelsvorwürfe und die neusten Erkenntnisse diesbezüglich. Dann entscheide ich, wie in dem Fall weiter vorgegangen wird. Ich habe nämlich keine Lust auf weitere Anrufe von seinem Anwalt.«
Martin schüttelte den Kopf, als Milster wieder gegangen war.
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»Ich komme«, war Martins knappe Antwort am Telefon, während er auf die Uhr sah. Gerade halb sechs. Sofort schoss ihm Milsters Bemerkung vom Vorabend durch den Kopf: Der nächste Mord kommt bestimmt. Als ob er es herbeigeredet hätte, dachte Martin.
Der Kollege vom Kriminaldauerdienst hatte ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass man auf der Niedernhausenerstraße im Stadtteil Rambach eine tote Frau gefunden hatte. Aufgrund der Spurenlage wurde angenommen, dass es sich um einen Verkehrsunfall handelte, an dem die Frau als Fußgängerin beteiligt gewesen war. Denn in der Nähe war kein Fahrzeug irgendeiner Art zu finden. Die Erstzugriffsbeamten hatten die Mordkommission verständigt, da nicht auszuschließen war, dass jemand die Frau absichtlich überfahren hatte. Bei der Obduktion sollte diese Frage geklärt werden.
So fuhr Martin auf direktem Weg ins Institut für Rechtsmedizin, nachdem er seine Leute verständigt hatte. Er beauftragte sie, sich inzwischen den Tatort anzusehen.
Ein Beamter des
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