Innere Werte
Frau umgebracht habe.«
»Ich unterstelle gar nichts. Ihre Frau war also nicht zu Hause, als Sie hier ankamen?«
»Nein!«, rief er. »Das hab ich Ihnen doch schon gesagt. Das Haus war leer und ihr Ferrari weg.«
»Wann haben Sie zuletzt mit Ihrer Frau geschlafen?«
»Was? Das geht Sie ja wohl nichts an.«
»Ich befürchte doch, denn wir haben Sperma gefunden und wüssten natürlich gern, von wem es ist.«
»Sperma?«
»Ja, diese Flüssigkeit mit den kleinen, männlichen Samenzellen, die wir beim Sex meistens verlieren.«
Wellner kniff die Augen zusammen und versuchte, seinen Ärger unter Kontrolle zu bekommen.
»Herr Wellner, Sie brauchen nicht zu antworten, aber ich brauche eine DNA-Probe von Ihnen.« Martin ging zur Tür und rief nach einem Kollegen, der die Speichelprobe abnahm.
»Dürfen Sie das überhaupt? Ich bin schließlich der Ehemann der Toten.«
»Wir dürfen.« Martin bedankte sich bei dem Kollegen, der die Probe sofort ins Labor schickte.
Martin ging zum Fenster. Draußen sah er, wie die Spusi den Inhalt der Mülleimer auf einer Plastikplane entleert hatte und nun darin herumsuchte.
»Als Ihre Frau heute Nacht nicht nach Hause kam, haben Sie sich da keine Sorgen gemacht?«
»Wir haben getrennte Schlafzimmer. Da ist mir das nicht aufgefallen.«
»Führten Sie eine gute Ehe?«
»Unsere Ehe war wie jede andere auch.«
»Was ist das für eine Scheißantwort!«, fuhr Martin ihn an, so dass der Arzt leicht zusammenzuckte. »Meine Ehe ist ausgesprochen glücklich. Können Sie das von Ihrer auch behaupten?«
»Ach, lassen Sie mich doch in Ruhe.«
»Gut. Die Frage können sicher auch andere für Sie beantworten.«
Wellner sah aus, als platze er gleich vor Wut. Er hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben und sie zu Fäusten geballt.
Paul kam ins Zimmer und hielt erst Martin, dann Wellner ein blutverschmiertes Hemd in einer Plastiktüte unter die Nase.
»Das haben wir in Ihrer Mülltonne gefunden. Ist das Ihr Hemd?«
»Nein, ist es nicht.«
»Leben sonst noch männliche Personen in diesem Haushalt?«, fragte Martin spitz.
»Nein, verdammt noch mal. Aber das Hemd gehört nicht mir.«
»Dann ist es also nur ein unglücklicher Zufall, dass ein fremdes, blutiges Hemd ausgerechnet heute, ausgerechnet in Ihrem Müll ist?«
»Herr Kommissar, kommen Sie bitte mal«, rief ein Kollege von der Tür.
Wenige Augenblicke später kam Martin zurück ins Zimmer und konfrontierte Steffen Wellner mit den neuesten Indizien.
»Wir haben in Ihrem Arztkoffer eine Ampulle Mivacurium gefunden.«
»Ja, und? Kann sein, dass das Zeug da drin ist. Ich benutze den Koffer nie.«
»Wenn Sie ihn nie brauchen, wundert es mich, dass die Ampulle geöffnet ist.«
»Das kann gar nicht sein.«
»Wenn ich es Ihnen sage.«
»Dann hat sie jemand da rausgeholt.«
»Fragt sich nur, wer dieser Jemand war und wer das Mittel in die Spritze aufgezogen hat, die wir im Ferrari Ihrer Frau gefunden haben.«
Betretenes Schweigen erfüllte den Raum, bis Karola Wellner ins Zimmer kam.
»Also, ich muss jetzt wirklich los.« Sie lief auf ihren Schwager zu und umarmte ihn flüchtig, während sie die Polizisten beobachtete. »Ruf mich an, wenn du weißt, wann die Beerdigung ist. Wär gut, wenn es nicht gerade freitags ist. Vielleicht lässt sich das einrichten. Also, bis dann.« Sie nickte den Beamten zu und drückte sich an Michael vorbei, der im Türrahmen stand und die Augenbrauen hochzog. Martin fragte sich, ob sich Michael über das Verhalten der Frau wunderte, so wie er selbst, oder ob er die Lage ihrer Augenbrauen nachahmte.
»Also, zurück zu den Fakten, Herr Wellner. Was sagen Sie dazu?«
»Was soll ich dazu sagen? Ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen, weil ich diese Ampulle nicht benutzt habe, ebenso wenig die Spritze.«
»Haben Sie Ihre Frau betrogen?«
»Wie kommen Sie denn darauf?« Er lachte, aber es war ein künstliches Lachen.
»Es gibt Zeugen, die aussagen, dass Sie eine Geliebte haben.«
»Na, die will ich mal sehen.«
Martin entging nicht, dass Wellner der Schweiß auf der Stirn ausbrach.
»Sie fangen an zu schwitzen.«
»Na und?«, schrie Wellner. »Das sagt gar nichts.«
»Mir schon«, entgegnete Martin umso ruhiger. »Oft ist das ein Anzeichen für eine Lüge.«
»Ach!«, stieß der Arzt grantig hervor, winkte ab und drehte sich um.
»Herr Wellner, wir nehmen Sie mit aufs Präsidium, bis wir einige Fragen geklärt haben. Außerdem brauchen wir Ihre Fingerabdrücke. Auf der Ampulle und der Spritze
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