Innere Werte
kann.«
»Oder aber«, sagte Michael, »es ist doch ein Beziehungsdelikt. Dafür spricht, dass beide irgendwie Stress mit ihren Lovern hatten. Das kann doch auch kein Zufall sein. Und diese Karola hätte wohl auch ein Mordmotiv, zumindest für ihre Schwester.«
»Ja, das ist richtig. Die müssen wir uns auf jeden Fall noch mal zur Brust nehmen.«
»Zur Brust nehmen«, wiederholte Paul. »Na, das ist doch ein Job für dich, Michael.« Verschwörerisch zwinkerte er ihm zu.
»Der Meinung bin ich auch«, sagte Martin. »Morgen früh fährst du mit Dieter zu ihr. Die Frau ist eine Reise wert. Aber jetzt holen wir uns erst noch mal den Wellner.« Er schob den Stuhl energisch zurück. »Verdammt! Aus dem muss doch mehr rauszuholen sein. Da läuft doch irgendeine Komplizenschaft.« In der Tür drehte er sich nochmal herum. »Paul und Dieter, ihr klärt inzwischen die Sache mit diesem ominösen Anruf, den der Doktor angeblich bekommen hat. Dann will ich, dass ihr in der Klinik die Angestellten befragt, ob irgendeiner was von der Affäre weiß oder vermutet. Anschließend besorgt ihr euch ein Foto von der Wellner und klappert die Hotels ab. Vielleicht findet ihr das Liebesnest.«
»Das dauert Stunden«, wandte Paul ein.
»Um mit Michaels Worten zu sprechen: Der Tag hat vierundzwanzig Stunden und wenn das nicht reicht, nehmen wir die Nacht noch dazu.« Damit verschwand er durch die Tür.
Es war bereits Abend, als sie Steffen Wellner mit all diesen Ergebnissen konfrontierten.
»Kein Wunder, dass die Putze nur schlecht über mich spricht. Die mochte mich noch nie, die Schreckschraube!«
»Das ist ja auch nicht besonders schwer«, murmelte Michael und erhielt einen vernichtenden Blick von Wellner, den er eiskalt erwiderte.
»Nichtsdestoweniger haben Sie Ihre Frau tätlich angegriffen.«
»Was heißt da angegriffen. Das ist total übertrieben. Wir haben diskutiert.«
»So nennt man das also«, sagte Michael laut, »wenn man seine Frau derart gegen die Wand drängt, dass sie auf den Schulterblättern Blutergüsse hat?«
»Ich habe meine Frau nie geschlagen.«
»Nobel, nobel«, lobte Michael und klopfte dem Arzt mehrfach auf die Schulter, wobei der letzte Klopfer etwas fester ausfiel. Martin quittierte das mit einem Blick unter hochgezogenen Brauen.
»Glauben Sie wirklich, ich habe sie umgebracht? Das ist lächerlich!«
»Komisch. Ich höre niemand lachen.«
»Warum sollte ich das tun?«
»Das wissen Sie besser als ich.« Die Männer fixierten sich. »Aber, wenn Sie schon mal fragen. Erstens: Sie haben eine Freundin.«
»Das bestreite ich«, rief Wellner dazwischen.
»Zweitens«, fuhr Michael unbeirrt fort. »Sie erben alles. Drittens: Sie haben kein Alibi für die Tatzeit. Viertens könnten Sie von dem Verhältnis Ihrer Frau zu einem anderen Mann gewusst haben.«
»Was für ein Verhältnis?«
»Ihre Frau hatte einen Liebhaber.«
»Unmöglich!«
»Warum ist das unmöglich? Ihre Frau war eine sehr attraktive Person«, sagte Michael. »Und es gibt sicher viele Männer, die sich nach einer Frau, wie sie es war, alle zehn Finger geleckt hätten.«
»Sie auch?« Wellner musterte Michael aus zusammengekniffenen Augen.
»Möglicherweise!« Michael trat nah an Wellner heran und beugte sich zu ihm hinunter. »Wenn sie nicht verheiratet gewesen wäre und ich keine Freundin hätte.«
Martin schaute Michael fragend an. Eine Freundin? Gab es da jemanden, von dem er nichts wusste?
»Sie wissen also nichts davon?«, fragte Martin, als die Männer sich weiter schweigend fixierten.
»Nein.«
Michael setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
»Hätte es Sie gestört?«, wollte er wissen.
»Wahrscheinlich.«
»Wahrscheinlich«, wiederholte Michael und schüttelte den Kopf.
»Herr Wellner, wir haben an drei verschiedenen Stellen Fingerabdrücke von ein und derselben Person gefunden. Zum einen an einem Kanalschacht, durch den die Leiche von Peter Bielmann, Opfer Nummer eins, entsorgt wurde, dann im Wagen von Anja Schulte, Opfer Nummer zwei, und schließlich auf der Spritze, die Ihre Frau, Opfer Nummer drei, umbrachte.« Je weiter Martin seine Aufzählung fortgesetzt hatte, umso blasser war Wellner geworden.
»Wir fragen uns also, wer kannte alle drei Personen und wer wollte sie beseitigen und warum?«
»Das kann nicht sein«, murmelte Wellner vor sich hin.
»Was kann nicht sein?«
Es schien, als besann er sich plötzlich wieder auf die Anwesenheit der Beamten. »Ich meine, es kann nicht sein, dass meine Frau Opfer eines
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