Innere Werte
wurden Abdrücke gefunden, die wir gerne verglichen hätten.«
»Verhaften Sie mich etwa?«
»Zunächst nehmen wir Sie lediglich zur Befragung mit. Aber ich werde sehen, ob sich da noch was machen lässt.«
»Sie sind ein ganz mieser Bulle«, sagte er hasserfüllt.
»Und Sie sind ein ganz mieser Arzt, wenn ich das mal so sagen darf. Es sieht nämlich so aus, als ob Anja Schulte Nieren in Ihre Klinik geliefert hat. Und ich glaube kaum, dass Ihre Kantine daraus Nierenspieße zubereitet hat.«
Martin ging hinaus und überließ den wütenden Wellner seinen Kollegen.
68
Die folgenden Befragungen ergaben allerlei Hinweise, die für einige Verwirrung sorgten. So stellte sich dank einer Freundin des Opfers heraus, dass Susanne Wellner vor Kurzem ein Verhältnis mit einem anderen Mann begonnen hatte. Diese Information wurde durch den Abgleich der DNA von Steffen Wellner und dem gefundenen Sperma untermauert. Einen Namen konnte die Freundin nicht nennen, wusste aber, dass das Pärchen sich öfter im Hotel getroffen hatte, allerdings nicht in welchem.
Die Gespräche, die Martin und Michael mit den Angestellten der Wellners führten, waren ebenso aufschlussreich. Renate Kessler war die langjährige Putzfrau im Hause Wellner. Sie sprach in den höchsten Tönen von ihrer Arbeitgeberin, die ihr gegenüber stets sehr großzügig gewesen war, besonders, wenn ihr Arbeitseinsatz über das normale Maß hinausgegangen war. Ganz im Gegensatz zu Steffen Wellner. Der hatte sie immer wie einen Fußabtreter behandelt. Auf die Frage nach dem gestrigen Todestag gab sie an, dass sie nur am Vormittag drei Stunden außer der Reihe da gewesen war, um die Fenster fertig zu putzen. Susanne Wellner habe ihr deswegen einen Extra-Schein zugesteckt, was Dr. Wellner, der gegen zwölf gekommen war, gesehen hatte. Renate Kessler hörte noch im Hinausgehen, wie sich die beiden darüber gestritten hatten und sah von draußen durchs Fenster, wie Wellner seine Frau fest gegen die Wand im Wohnzimmer gestoßen hatte. Tätliche Angriffe habe sie sonst nie beobachtet. Allerdings waren die Eheleute grundsätzlich nicht besonders nett miteinander umgegangen.
Weiterhin konnte sie sich erinnern, dass ein Mann auf der anderen Straßenseite gestanden und offensichtlich das Haus beobachtet hatte. Als sich ihre Blicke getroffen hatten, war er hinter einem Baum verschwunden. Möglicherweise war das nicht wichtig, aber sie wollte es gesagt haben. Sie konnte den Mann recht gut beschreiben, so dass Martin für alle Fälle ein Phantombild anfertigen lassen wollte.
Das blutverschmierte Hemd erkannte sie als das von Klaus Grammes, dem Gärtner der Wellners. Sie selbst habe es in den Wäschekorb getan, nachdem es ihr der Mann am Montag verschmutzt, aber ohne Blut, übergeben hatte. Es sei das Arbeitshemd von Klaus, das stets im Haus blieb.
Der Gärtner, ein einundsechzigjähriger Frührentner, bestätigte diese Aussage. Allerdings konnte er sich nicht erklären, wie das Blut, das inzwischen eindeutig als Susanne Wellners identifiziert worden war, an sein Hemd gekommen war. Klaus Grammes hatte für die Tatzeit sowie für die gesamte Zeit bis zum Auffinden der Leiche ein wasserdichtes Alibi, so dass Martin ihn zunächst nicht weiter verdächtigte.
Am späten Nachmittag kam die Mutter von Susanne Wellner ins Präsidium. Die Frau, die Martin auf etwa sechzig schätzte, war aus Frankfurt gekommen und saß nun aufrecht und um Fassung bemüht vor den Beamten. Ihre Augen waren rotgeweint und ihre grau-blonden, lockigen Haare waren nicht besonders akkurat frisiert. Ihre ausdruckslosen Augen ruhten auf Martin, der sie mitfühlend ansah.
Wie schrecklich musste es sein, sein Kind zu verlieren, überlegte er, während er ihr einen Kaffee auf den Tisch stellte.
Nachdem er versucht hatte, die Atmosphäre etwas zu entspannen, kam er zum eigentlichen Thema. Frau Wellner war gerne bereit, sich zu den Familienverhältnissen zu äußern, und erklärte, dass sie nie damit einverstanden gewesen war, dass Susanne diesen Verbrecher, wie sie ihren Schwiegersohn nannte, heiratete.
»Aber die eine wollte so wenig auf mich hören wie die andere.« Sie seufzte.
»Was meinen Sie damit?«
»Erst hat Karola sich mit ihm eingelassen und sich schon als Arztgattin gesehen. Dann hat Susanne ihr diesen Kriminellen ausgespannt.« Sie schüttelte den Kopf. »Stellen Sie sich vor, er hat sogar unseren Namen angenommen, damit man ihn nicht länger mit dieser Verurteilung wegen der
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