Innere Werte
angeforderte Streife traf ein und nahm Stadler mit ins Präsidium. Dort wurden beide Männer in verschiedene Vernehmungsräume gebracht, während die Spurensicherung sich auf den Weg machte, um Stadlers Haus zu durchsuchen.
Als Michael und Dieter eintrafen, waren sie völlig überrascht von den Neuigkeiten und besprachen, wie sie im Verhör vorgehen wollten.
Martin und Paul widmeten sich zunächst Theo Stadler, während sich Dieter und Michael zu den Kollegen der Spusi in die Von-Bergmann-Straße begaben, um relevante Hinweise und Spuren sofort weiterleiten zu können.
Das Verhör von Theo Stadler verlief zunächst sehr stockend. Entweder stritt er alles ab oder hüllte sich in Schweigen. Erst als Michael Martin per Telefon darüber informierte, dass Stadler hoch verschuldet sei, begann er zu reden.
Nach zwei Stunden hatte Theo Stadler gestanden, Peter Bielmann tatsächlich in den Kanalschacht geworfen zu haben, nachdem er bei der OP unvorhergesehen gestorben war. Auf die Frage, wie man darauf kam, jemanden in den Kanal zu werfen, antwortete er, dass er vor einem halben Jahr zufällig im Fernsehen einen Bericht über Abwasserreinigung gesehen habe. Daher die Idee, dass die Kläranlage auch ihre eventuell auftretenden Schadensfälle bereinigen könnte. Tagsüber hatte er sich auf dem Gelände des Klärwerks umgesehen und die Schneckenpumpen gesucht und gefunden. Daraufhin war er nachts mit einem Freund durch den Zaun der Anlage eingebrochen und hatte eine Schweinehälfte auf die Schneckenpumpe gelegt, um zu sehen, ob sie transportiert und zerstückelt wurde.
Über eine derart geplante Vorgehensweise konnte Martin nur den Kopf schütteln.
Stadler gab weiterhin zu, durch Anja Schulte an Nierenspender gekommen zu sein, denen er zusammen mit Steffen Wellner und Delia Wolff Nieren entnommen hatte, um sie an zahlungskräftige Empfänger zu verkaufen.
»Und Sie waren zusammen mit den drei anderen die Einzigen, die an diesem illegalen Geschäft beteiligt waren?«, fragte Martin skeptisch.
»Ja, wir waren ein tolles Team.«
»Ein kriminelles Team, würde ich sagen. Sie haben Menschen dazu verführt, ihre Organe für ein Trinkgeld zu verkaufen, um sich an ihnen zu bereichern.«
»Es hat doch allen genutzt. Die Armen konnten sich endlich wieder was leisten und die Empfänger bekamen ein neues Leben.«
»Eine große, glückliche Familie, was? Ihre Sichtweise der Realität ist ganz schön skurril.«
»Ich habe als Arzt gehandelt und gedacht. Ich wollte helfen.«
»Ja, Ihrem Konto, Ihren Schulden, Ihrem extrem überzogenen Luxusleben. Erzählen Sie mir nichts von Selbstlosigkeit. Selbstsüchtigere Menschen als Sie und Ihre Genossen sind mir noch nicht untergekommen.« Angewidert blickte Martin dem Mann ins Gesicht. Es war ein merkwürdiges Gefühl, endlich den mutmaßlichen Mörder erwischt zu haben. Müsste er nicht Freude empfinden? Nein, Freude empfand er nicht, denn er dachte an das Bild von Susanne Wellner bei der Obduktion und an Michael, den er dort zum ersten Mal derart geschockt gesehen hatte. Und nicht zuletzt an die Mutter des Opfers. Martin verspürte höchstens so etwas wie Erleichterung. »Damit wir es hinter uns bringen, erzählen Sie mal, wie das so ablief.«
»Anja hat die Spender besorgt. Alles arme Schlucker, die froh über diese Einnahmequelle waren.« Paul sah Martin an und verdrehte die Augen. »Die haben sich immer von einem Arzt eine bestimmte Menge Blut abnehmen lassen und die Röhrchen mitgenommen. Die wurden dann an Steffen weitergegeben. Er hat im Labor dieses ewige Prozedere mit den Blut- und Gewebetests selbst gemacht.«
»Im Labor in der Klinik?«
»Ja. Er hat das immer spät abends gemacht.«
»Hat sich niemand darüber gewundert?«
»Nein, im Gegenteil. Man hat ihm das hoch angerechnet, dass er eigene Tests durchführt. Natürlich dachten alle, es seien irgendwelche Tests mit dem Blut stationärer Patienten. Dem Chef guckt man nie genau über die Schulter.«
»Wie ging’s weiter?«
»Wenn er eine Übereinstimmung hatte, haben wir den Empfänger anonym kontaktiert und ihm ein Angebot gemacht. Und glauben Sie mir, da gab es keinen, der nein gesagt hat. Sie haben alle ihr letztes Geld zusammengekratzt, wenn nötig. Die Nieren waren heiß begehrt.«
»Das Geschäft lief also zufriedenstellend?«
»Hervorragend!« Theo grinste.
»Sie widern mich an!« Martin musste sich einen Moment abwenden. Am liebsten hätte er diesen Kerl, der sich nicht im Entferntesten auf irgendeine Art
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