Innere Werte
wissen.
»Nein, nichts. Ich würde sagen, wir lassen die Kollegen ihre Arbeit hier machen und fahren zurück ins Präsidium.«
»Ich glaub ja nicht, dass die was finden. Schließlich haben wir die Wohnung schon mal durchsucht«, sagte Paul, während sie die Wohnung verließen.
»Nicht so pessimistisch, Paul. Du weißt doch, die Hoffnung stirbt zuletzt. Vielleicht gibt’s irgendwelche Notizen, die –« Er stockte. »Moment mal!« Ohne Erklärung lief er zurück in die Wohnung.
Paul schüttelte verständnislos den Kopf. »Was ist denn?«
Martin trat an das Regal, auf dem das Buch mit dem grün-schwarz-gestreiften Einband lag, das seinen Blick schon vorhin auf sich gezogen hatte. Er nahm es in die Hand.
»Ich kenne das Buch irgendwoher«, murmelte er und im selben Augenblick fiel es ihm wieder ein. »So sah auch das Tagebuch von Anja Schulte aus.«
Paul trat neben ihn und besah sich das Buch. »Richtig. Genau der gleiche Einband.«
Martin schlug das Buch auf.
»Das ist auch ein Tagebuch«, kommentierte Paul, der Martin über die Schulter sah. »Gab’s die irgendwo im Sonderangebot?«
»Das gibt’s doch nicht. Das ist ein weiteres Tagebuch von Anja Schulte.«
»Wie kommt die Buhr denn an deren Tagebuch?«
»Vielleicht hat sie es bei Tobias mitgehen lassen«, überlegte Martin.
»Aber er hat gesagt, es gibt nur eins, und das hat er nach dem Tod seiner Mutter im Schließfach der Bank gefunden.«
»Stimmt. Aber die Buhr hatte doch Kontakt zu der Schulte, als die noch lebte. Wenn sie dieses Tagebuch da schon in die Finger bekommen hat, würde das erklären, wie sie an die Namen der anderen Beteiligten der Organisation gekommen ist, sofern die da drin stehen.«
»Wenn das so ist, dann haben wir sie am Arsch.«
»Ich schätze, meine Lektüre für die nächsten Stunden ist gesichert«, sagte Martin, schlug das Buch zu und hatte es plötzlich sehr eilig. Schon im Wagen blätterte er flüchtig durch die Seiten und stellte fest, dass der Inhalt älteren Datums war. Den ersten Eintrag hatte Anja Schulte vor sieben Jahren gemacht und es reichte bis zu dem Tag, an dem das zweite Tagebuch begann.
Im Präsidium angekommen, rauschte er die Treppen hoch und stürzte ins Vernehmungszimmer, wo Katrin Buhr samt ihrem Anwalt saß.
»Guten Tag, Herr Sandor.«
Martin nickte dem Herrn im Anzug zu.
»Meine Mandantin wird nichts zur Sache aussagen.«
»Es hätte mich gewundert, wenn Sie von der stereotypen Vorgehensweise Ihrer Berufsgenossen abgewichen wären.« Noch bevor der Anwalt darauf reagieren konnte, fuhr Martin fort: »Ich habe im Augenblick nur eine Frage.« Er hielt Katrin das Tagebuch hin. »Woher haben Sie das?«
Katrin blickte ihren Anwalt fragend an.
»Sie müssen nicht antworten«, erklärte er.
Dann sah sie Martin an. »Würden Sie es Tobias bitte geben?«
»Wie kommen Sie an dieses Buch?«, wiederholte er die Frage.
»Als ich abgehauen bin, habe ich mich in Bremen im Ferienhaus von Tobias versteckt.«
»Von Tobias Schulte?«, fragte er erstaunt. »Wusste er davon?«
»Ja, er hat es mir vorgeschlagen, weil er der Einzige ist, der mir glaubt, dass ich niemanden umgebracht habe. Wir wollten abwarten, bis Sie den richtigen Mörder endlich finden. Dann wollte ich wiederkommen, aber ich hab’s irgendwann nicht mehr ausgehalten. Aber ich hätte bleiben sollen, verdammt noch mal.« Wütend krauste sie die Stirn. »Wie bescheuert war ich denn? Jetzt kleben Sie mir wieder am Arsch und wollen mich einbuchten.«
»Das Tagebuch, Frau Buhr. Woher ist es?«
»Ich habe es in dem Ferienhaus gefunden und wollte es Tobias geben.«
»Sie haben es sicher gelesen?«
»Nein. Tagebücher von Fremden sind tabu.«
»Ach, kommen Sie. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie nicht einen einzigen Blick reingeworfen haben.«
»Als ich festgestellt habe, dass das ein Tagebuch seiner Mutter ist, habe ich nicht darin gelesen. Tobias ist der Einzige, der wohl das Recht dazu hat.«
»Und warum haben Sie es ihm inzwischen nicht gegeben?«
»Ich hatte es ganz vergessen. Können Sie es ihm bitte geben?«
»Ja, das mache ich. Aber sollten wir feststellen, dass in diesem Buch die Namen all derer, die am Nierenhandel beteiligt sind, stehen, haben Sie schlechte Karten. Dann müssen wir davon ausgehen, dass Sie die Informationen für Ihren Rachefeldzug genutzt haben.«
Martin verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.
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Martin hatte sich in sein Büro zurückgezogen und wollte nicht gestört werden. Bevor er mit
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