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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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am Gürtel zu sich ziehen und ihm die Hose öffnen wollte, packte er sie am Arm und zog sie grob vom Tisch.
    »Sag mal, spinnst du jetzt total?«, schrie er sie an. »Du glaubst doch nicht im Ernst, ich fick dich hier auf meinem Schreibtisch!«
    »Früher hättest du das getan«, entgegnete sie leise.
    »Früher«, wiederholte er spöttisch. »Heute ist nicht früher. Dinge ändern sich.«
    »Ja, die Dinge haben sich geändert und zwar grundlegend. Nur, dass ich nicht weiß, warum. Du bist eiskalt zu mir und schlafen willst du auch nicht mehr mit mir. Warum zum Teufel ist das so?« Sie funkelte ihn aus ihren braunen, ausdrucksvollen Augen an. »Wahrscheinlich hast du eine andere.«
    »So ein Quatsch.« Er schüttelte missbilligend den Kopf.
    »Was soll ich denn denken, wenn du mich nicht willst?«
    »Ich hab jetzt keine Zeit, derart bescheuerte Gespräche zu führen.« Er zog sich den Kittel zurecht und ging zur Tür. »Eins sage ich dir: Wag es nicht noch mal, hierher zu kommen. Das ist weiß Gott nicht der richtige Ort, um Eheprobleme zu beseitigen.« Er öffnete die Tür, wandte sich aber nochmals kurz um. »Und meine Unterlagen finde ich nachher wieder da, wo sie vor deinem idiotischen Auftritt lagen. Dann verschwindest du.«
    Die Tür fiel krachend ins Schloss und Susanne stand wie ein begossener Pudel hinter dem Schreibtisch. Tränen traten ihr in die Augen. Ihre Ehe hatte sie sich wirklich anders vorgestellt. Als sie Steffen vor zehn Jahren kennengelernt hatte, war er noch liebevoll und aufmerksam und für sie das Nonplusultra gewesen. Sie fragte sich, warum sie seinen wahren Charakter erst so spät erkannt hatte. Zu spät! Liebe machte wohl tatsächlich blind. Steffen war ein egoistischer, kalter Mann, geldgeil noch dazu. Sein Machtbedürfnis sowie sein Selbstwertgefühl schienen ihr völlig übersteigert. Er lebte nur noch für seine Arbeit in der Humboldt-Klinik und hatte wohl vergessen, dass er eine Frau zu Hause hatte, die sich nach Liebe und dem Mann, der er früher gewesen war, sehnte. Sie überlegte, wie lange es wohl her war, seit Steffen sie in den Arm genommen hatte? Sie konnte sich nicht erinnern. Sehnsucht machte sich breit und sie fragte sich, warum es Steffen nicht ebenso ging. Jeder brauchte doch Liebe. Steffen wohl nicht. Was er brauchte, war höchstens Sex, und den holte er sich wahrscheinlich irgendwo anders.
    Traurig ließ sie sich auf dem Boden nieder und stapelte die Unterlagen aufeinander. Ihr Plan war völlig in die Hose gegangen. Wie sehr hatte sie gehofft, Steffen damit aus der Reserve locken und in ihm wieder den Mann von früher wecken zu können. Sie wusste, dass ihm spontane Aktionen normalerweise gefielen. Oder gefallen hatten. Er hatte es geliebt, wenn sie einfach über ihn hergefallen war. Aber die Erinnerung daran war bei ihm wohl verblasst, genauso wie seine Liebe.
    Auch wenn ihre Ehe schlecht war, ging es ihr im Grunde sehr gut. Sie lebte in purem Luxus, hatte eine Putzfrau, einen Gärtner und konnte tun und lassen, was sie wollte. Ließe sie sich scheiden, stünde sie vor dem Nichts. Dieser Gedanke holte sie immer wieder zurück in die Realität.
    Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Theo Stadler stürmte ins Zimmer.
    »Steffen, du hast –«, abrupt blieb er stehen, als er Susanne kniend auf dem Boden sitzen sah, inmitten all der Papiere. »Was ist denn hier passiert?«
    »Ich habe ein bisschen Chaos angerichtet.«
    »Das sehe ich.« Theo trat näher und sein Blick fiel auf Susannes geöffnete Bluse. »Wenn du nicht so traurig aussehen würdest, könnte man denken, ihr habt hier eine Nummer geschoben.«
    »Leider nein.«
    Theo ging vor ihr in die Knie und half ihr beim Aufheben. »Was ist passiert? Habt ihr euch gezofft?«
    »So kann man es nennen. Aber halb so schlimm. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier.«
    Theo nahm ihr Kinn in die Hand, so dass sie ihn ansehen musste. Ihre Tränen hatten schwarze Mascaraspuren auf ihre Wangen gezeichnet und ihr Blick glich dem eines verletzten Rehs. »Komm her.« Er zog sie hoch, wischte ihr die Streifen mit einem Taschentuch ab und nahm sie in den Arm. »Tut mir leid, dass das nicht so läuft zwischen euch.«
    »Theo, ich verstehe es einfach nicht. Steffen ist so kalt zu mir, als wäre ich ihm völlig egal.« Verzweifelt sah sie Theo Stadler in die schmalen, braunen Augen. Der Fünfunddreißigjährige hatte schwarze, glatte Haare, die an den Seiten kurz geschnitten waren. Das Deckhaar trug er länger. Seine vollen Lippen wirkten

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