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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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zusätzlich damit aufgezogen hatte, dass er bei seiner Freundin strammstehen musste.
     
    Nachts um halb zwölf war der Verkehr auf Wiesbadens Straßen fast eingeschlafen. Michael fuhr zunächst in nordöstlicher Richtung nach Eppstein, um Dieter zu Hause abzuholen. Idealerweise war Vockenhausen ein Stadtteil von Eppstein, so dass ihr Start praktisch vor Dieters Haustür lag.
    Von Weitem sah Michael die angestrahlte Ruine der Burg Eppstein, die den historischen Altstadtkern prägte. Er wusste, dass unterhalb die spätgotische Talkirche lag, umgeben von hübschen Fachwerkhäusern. Ein beeindruckendes Städtchen, fand er. Noch dazu mitten in der Natur. Ringsherum gab es tiefe Täler, steile Felsen und viel Wald. Alles durch ausgedehnte Wanderwege erschlossen, die zu herrlichen Ausblicken über die südliche Taunus-Landschaft führten. Da hatte Dieter sich ein richtig hübsches Plätzchen zum Leben ausgesucht.
    Auf dem Wingertsberg war eine Stichstraße in absolut ruhiger Lage, in der er mit seiner Frau Elisabeth wohnte. Dort hatten sie sich vor fünfundzwanzig Jahren diesen schönen Bungalow gebaut, einen tollen Garten mit Pool angelegt und ihre Kinder großgezogen. Inzwischen waren die beiden Söhne und die Tochter erwachsen und schon vor acht Jahren ausgezogen. Sie hatten ihr eigenes, geregeltes Leben. Alle schienen gut geraten zu sein. Aus Dieters Erzählungen wusste Michael, dass sich die Familie oft gegenseitig besuchte. Hier konnte man noch eine absolut intakte Familie erleben. Und das löste bei Michael größte Bewunderung aus, denn er selbst hielt sich für absolut unfähig, irgendwann einmal eine Familie zu gründen und sich fest zu binden. Dieses ganze Ding mit Kindern, Haus und Garten konnte er sich nicht vorstellen. Nur, wenn Dieter ihn hin und wieder mit seinen wechselnden Beziehungen aufzog und ihn fragte, wie lange er noch so weiterleben würde und ob er im Alter tatsächlich alleine sein wollte, kam Michael ins Grübeln. Aber meist nicht für lange. Schließlich war er mit seinem Leben zufrieden, zumindest im Moment.
    Michael war gerade ausgestiegen, als Dieter auch schon aus der Haustür kam. Gemeinsam fuhren sie in den Lindenweg drei, von wo aus die Zeit gemessen werden sollte. Sie wollten die Strecke zweimal fahren, zum einen um eine Durchschnittszeit zu ermitteln, zum anderen um das Vergnügen gleich doppelt zu haben. Außerdem musste Dieter ja auch wieder nach Hause gebracht werden. Michael saß am Steuer seines eigenen Wagens, ein schwarzer VW Golf VI GTI 2,0 TSI, der 211 Pferdestärken unter der Haube hatte, die so gut wie nie zum Einsatz kamen, dem Halter aber ein starkes Gefühl vermittelten. Michael war sehr stolz auf sein Gefährt, das er vor einem Jahr als Jahreswagen gekauft hatte. Dieter saß mit der Karte und einer Stoppuhr in der Hand neben ihm und kam sich vor wie der Co-Pilot bei einer Auto-Ralley.
    Laut Routenplaner würde man für die von Simon angegebene Strecke von knapp dreiundzwanzig Kilometern zirka vierunddreißig Minuten benötigen. Die beiden Männer waren gespannt, wie schnell sie es mit der Überschreitung sämtlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen schaffen würden. Michael hatte das Blaulicht aufs Dach gesetzt und fuhr los. Sie verließen Vockenhausen und fuhren durch Eppstein auf die B455. Hier konnte Michael endlich Gas geben. Mit bis zu hundertdreißig Stundenkilometer jagte er durch die sanft hügelige Mittelgebirgslandschaft an Bremthal vorüber, ließ Naurod, den nördlichsten Stadtteil Wiesbadens, links liegen und wechselte auf die K647. Vier Minuten! Jetzt fuhren sie entlang eines engen Tals, das zu den Ausläufern des Taunus gehörte. Aufgrund mehrerer gefährlicher Kurven musste Michael hier die Geschwindigkeit drosseln, fuhr aber immer noch so schnell, dass Dieter sich mit beiden Händen festhalten musste, um nicht auf seinem Sitz von rechts nach links geschleudert zu werden. Sie erreichten Rambach nach elf Kilometern. Der kleine Ort war umgeben von weiten Wiesen, Feldern und Wäldern. Die Bebauung zog sich dicht an den Hängen des Tals entlang, durch das sich der Rambach schlängelte.
    »Jetzt links ab«, wies Dieter Michael an.
    Sie verließen den kleinen Ort über die Kehrstraße, die zurück zur B455 führte. Elf Minuten! Die nächsten sieben Kilometer legten sie auf der Nauroderstraße mit Tempo hundertvierzig zurück. Vierzehn Minuten! Die Bundesstraße ging über in die New-York-Straße Richtung Wiesbaden Stadtmitte. Hier musste Michael das Tempo

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