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Innere Werte

Innere Werte

Titel: Innere Werte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hamann
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brannte und den niemand je wieder vergaß.
    »Tja, Sandor, wenn Sie zur Obduktion ihrer Waldfee kommen wollten, dann sind Sie zu spät.« Dr. Stieber stand an einem Metalltisch, dem sogenannten Organtisch, und war gerade dabei, eine Leber zu untersuchen. Jetzt wandte er sich Martin zu. »Frau Meissner hat das Tonband schon in der Ermittlungsakte. Den Bericht wollte sie bis zwölf fertig haben.«
    Martin wusste, dass es sich bei Frau Meissner um die Sekretärin des Institutes handelte. Bei ihr hatte er schon öfter Berichte persönlich abgeholt.
    »Schnell wie immer, unser Doktor.«
    »Und Sie sind neugierig wie immer, was?«, schmunzelte Stieber.
    »Nennen wir es pflichtbewusst. Ich wollte die Ergebnisse aus erster Hand. Aber bevor wir zu Anja Schulte kommen, hab ich noch eine Frage zu Bielmann.«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Diese OP-Fäden lassen mir keine Ruhe. Und ich überlege die ganze Zeit, was könnte an der Stelle, an der Sie sie gefunden haben, operiert worden sein?«
    »Auf jeden Fall nichts Oberflächliches. Dazu war das Narkosemittel in seinem Blut viel zu stark. Von der Lage her könnte es eine OP an Darm oder Niere gewesen sein. Natürlich ist auch eine tiefe Hautwunde möglich. Vielleicht eine Verletzung, die zusammengeflickt wurde. Das konnte ich nicht einwandfrei feststellen, da die Abtrennung direkt an der Wundnaht war.«
    »Mit anderen Worten, man kann nicht ernsthaft etwas Bestimmtes vermuten?«
    »Aufgrund der Obduktion zumindest nicht.«
    »Gut, dann lassen wir Bielmann vorerst mal ruhen und kommen zu Anja Schulte.«
    »Also, bei der Dame waren keine äußeren Verletzungen festzustellen, bis auf einen kleinen Bluterguss auf der linken Wange in Knochenhöhe. Entweder hat sie sich gestoßen oder einen Schlag ins Gesicht bekommen.«
    »Wann könnte das gewesen sein?«
    »Auf jeden Fall mehrere Stunden vor dem Tod.«
    »Ihr Kollege Robert oder Richard …?«
    »Richard«, erklärte Stieber.
    »Ja, dieser Richard vermutete, dass die Frau sexuell missbraucht wurde. Hat sich sein Verdacht bestätigt?«
    »Diese jungen Wilden«, lachte Stieber, »spekulieren munter drauflos. Aber, wer hätte das angesichts dieser Situation nicht angenommen?«
    »Also? Machen Sie es nicht so spannend.«
    »Keine Anzeichen sexueller Handlungen, keine Verletzungen, die darauf schließen lassen, und keine Spermaspuren.«
    »Also haben wir es mit der Jungfrau Maria zu tun«, bemerkte Michael trocken.
    »Nicht ganz. Die Dame hat vor ihrem Tod ganz schön einen gebechert. Sie hatte zwei Promille.«
    »Soll das heißen, im Delirium erfroren?«
    »Hypothermie als Todesursache lässt sich rechtsmedizinisch nie beweisen. Diese Diagnose kann man nur über Ausschlussverfahren stellen, wenn nichts anderes mehr infrage kommt. Aber, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Zwar hat sie die typischen Anzeichen, die neunzig Prozent aller an Unterkühlung Gestorbenen aufweisen, –«
    »Sie meinen diese Verfärbungen an Ellbogen und Knien?« Martin erinnerte sich an Dr. Richards Ausführungen am Tatort.
    »Richtig. Diese Kälteflecken, wie wir sie nennen, zeigen sich immer an den Streckseiten größerer Gelenke. Ebenso typisch sind die hellroten Leichenflecken.«
    »Ja, die hat Ihr Richard auch schon erwähnt.«
    Stieber lachte. »Mein Richard hat noch etwas anderes sehr Interessantes herausgefunden. Aber das kann er Ihnen auch gleich selbst erzählen. Da kommt er gerade.« Stieber wies mit einem Kopfnicken in Richtung Tür.
    Zielstrebig kam Dr. Richard auf die Männer zu und begrüßte sie. Dr. Stieber bat ihn, den Polizisten alles Weitere zu berichten, damit er sich wieder der Leber auf dem Organtisch zuwenden konnte. Michael und Martin waren froh, dass sie aufgrund der lauten Säge, die an einem der Sektionstische in Betrieb genommen wurde, den Saal verließen. Sie setzten sich in einem benachbarten Raum zusammen und Dr. Richard begann ohne Umschweife.
    »Frau Schulte hatte eine erhebliche Menge Kalium im Blut.«
    »Und das bedeutet?« Martin zuckte fragend mit den Schultern.
    »Das bedeutet, dass ihr Tod möglicherweise auf eine Hyperkaliämie zurückzuführen ist, also eine Kaliumvergiftung. Ihr Wert betrug sieben Komma neun Millimol pro Liter. Der Normalwert von Kalium im Blut liegt zwischen drei Komma sechs und vier Komma acht. Werte ab acht Millimol können tödlich sein, Werte über zehn sind es meistens.«
    »Wird zu viel Kalium nicht über den Urin ausgeschieden, wie zum Beispiel Vitamin C?«, fragte Michael.
    »Unter

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