Innere Werte
Angst?«
Tobias schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Alles war wie sonst. Aber sie hat mir auch nicht immer alles erzählt. Sie war mehr so der Typ, der alles in sich reinfrisst.« Tobias blickte zu Boden.
»O.k. Jetzt ganz was anderes. Hat deine Mutter Tabletten genommen?«
»Nicht regelmäßig, glaube ich.« Unsicher sah Tobias den Kommissar an. »Warum?«
»Sie hatte auch zu viel Kalium im Blut, was sicher an ihrem Tod mit schuld war.«
»Kalium? Ausgerechnet Kalium?«
»Wieso ausgerechnet?« Martin wurde hellhörig und sah in Tobias nachdenkliches Gesicht.
»Als ich an der Dialyse war, durfte ich so gut wie kein Kalium zu mir nehmen. Es regelt beim Gesunden den Wasserhaushalt und regt die Niere an. Ein Nierenkranker würde dadurch zu viel Flüssigkeit verlieren. Das kann dann lebensbedrohlich werden, weil es das Herz angreift. Aber sie war ja total gesund. Wie kann einen da Kalium umbringen?«
»Zu viel davon ist auch für Gesunde ungesund. Nimmst du denn Kalium, um deine Niere zu unterstützen?«
»Nein, das brauche ich nicht. Meine Mutter hat genau auf meine Ernährung geachtet. Die Wirkung von meinem Immunsuppressiva, das ist das Medikament, das die Abstoßreaktion meines Körpers gegenüber der fremden Niere verhindert, wird durch alle anderen Medikamente oder Vitaminpräparate verstärkt oder geschwächt. Deshalb wollte sie immer, dass ich möglichst wenig zusätzliches Zeug schlucke. Alles, was ich so brauche, nehm ich rein durch die Nahrung auf.«
»Also habt ihr auch kein Kalium im Haus?«
»Nein.«
»O.k., fürs Erste habe ich keine Fragen mehr. Aber ich möchte dich bitten, mir das Haus zu zeigen. Besonders die Räume deiner Mutter. Ihre Sachen und Unterlagen müssen wir ebenfalls durchsehen. Ist das in Ordnung für dich?«
»Ja, sicher.«
Martin erhob sich von seinem Sessel, als Zeichen, dass die Führung jetzt losgehen sollte. Tobias ging voraus. Über eine massive Holztreppe gelangten sie in den ersten Stock, wo Tobias sie in ein sehr großes Schlafzimmer führte.
»Das ist das Zimmer meiner Mutter«, erklärte er. »Nebenan ist ihr Bad.«
»Hast du seit gestern irgendwas verändert?« Martin blickte sich um.
»Als sie nicht nach Hause gekommen ist, habe ich hier nachgesehen, ob sie irgendwo was aufgeschrieben hat. Einen Termin oder so. Aber verändert habe ich eigentlich nichts.«
Der Raum war ordentlich aufgeräumt und wirkte riesig. Wie im Erdgeschoss betrug auch hier die Deckenhöhe etwa vier Meter, was diesen Eindruck noch verstärkte. Martin fielen sofort die modernen Möbel auf, die in rot und weiß gehalten waren. Zu beiden Seiten des Zimmers stand jeweils eine Tür offen. Die eine führte in ein ebenfalls großzügiges Bad, die andere in einen begehbaren Kleiderschrank.
Der Traum einer jeden Frau, ging es Martin durch den Kopf, und er dachte an Karla. Auch seine Frau hatte schon öfter von so einem Kleiderzimmer geschwärmt. Aber ihr Schlafzimmer war einfach zu klein dafür. Man müsste einen Durchbruch zu einem der Gästezimmer machen. Martin nahm sich vor, darüber nachzudenken.
Tobias führte Martin und Paul ins Dachgeschoss, wo sich drei weitere Räume befanden: Tobias’ Schlafzimmer mit Bad, ein Gästezimmer und das Arbeitszimmer von Anja Schulte.
Die Männer gingen wieder nach unten und Paul machte sich mit Tobias und seinem Onkel auf den Weg in die Rechtsmedizin. Allerdings nicht, ohne zuvor von Martin zur Seite genommen zu werden.
»Halt dich zurück, Paul, und grab dein Einfühlungsvermögen wieder aus. Was du vorhin hier abgeliefert hast, war nicht besonders clever.«
Verärgert stieg Paul in den Wagen, während Martin zum Handy griff. Er rief Dieter an und bat ihn, sich über die Arbeitszeiten und Überstunden von Anja Schulte zu informieren. Dann bestellte er Michael und zwei Kollegen von der Spurensicherung zu sich.
31
»Donnerwetter!«, rief Michael, als er den Deckel einer Kassette öffnete. »Ich glaub, ich werd blind!«
Martin stand im Kleiderschrank und lugte nun um die Ecke. »Was ist?«
»Unser Opfer hatte entweder einen Schmuckfimmel, Mordskohle, jede Menge Liebhaber oder alles zusammen.« Er ging zu Martin und hielt ihm die Schatulle voller Schmuck unter die Augen.
»Wirklich reichlich«, staunte auch er.
»Ja, und nur vom Feinsten.« Michael zog eine Kette heraus. »Das ist Thomas Sabo, ich schätze etwa tausend Euro. Jeder von diesen Anhängern kostet schon zwischen drei- und vierhundert.« Als Nächstes nahm er einen Ring. »Ein
Weitere Kostenlose Bücher