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Innerste Sphaere

Innerste Sphaere

Titel: Innerste Sphaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Fine
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die zerschmetterten Rippen meine Lunge durchbohrt hatten. Amid packte meinen Knöchel und zog mich zu sich heran. »Steh auf, Mazikin.«
    Tatsächlich versuchte ich ihm zu gehorchen, irgendetwas zu tun, damit er mich nicht noch einmal schlug. Aber ich war ihm nicht schnell genug. Er zerrte mich an den Haaren auf die Beine, drückte mich in die Ecke und beugte sich über mich. Sein heißer Atem weckte böse Erinnerungen.
    Auf dem Bauch in der Dunkelheit liegend, das Gewicht seines Körpers drückt mich in die pinkfarbenen Laken.
    Nein. Nicht wieder. Das wird nie wieder passieren.
Meine Faust schoss hoch und traf Amids Nase, während ich mit der anderen Hand nach seinem Schlagstock griff. Ich zog ihn raus, als Amid zurücktaumelte, und nahm den Stock in die linke Hand, die rechte konnte ich nicht einmal mehr über die Schulter heben. Verzweifelt sprang ich auf den Wächter zu und verpasste ihm mit dem Stock einen Hieb ins Gesicht. Er brüllte vor Schmerz. Ich floh zur Tür und hatte sie gerade erreicht, als er angriff.
    Ein einziges Mal schaffte ich es, um Hilfe zu rufen und gegen die Tür zu schlagen, bevor er mich packte. Er knallte meinen Kopf gegen die Tür und stieß mich gegen die nächste Wand. Ich schwang den Schlagstock, aber mir blieb die Luft weg. Sehen konnte ich auch nichts. Ich schlug nur wild und hilflos um mich.
    Ich hörte die Knochen in meinem Handgelenk knacken, als er mir die Waffe aus der Hand drehte, aber den Schmerz spürte ich erst, als er mich wieder gegen die Wand drückte, die Arme hielt er über meinem Kopf fest.
    Ich schrie um Hilfe, um Erbarmen, drohte mit Rache, Gesicht, Hüfte und Knie gegen die Betonsteine gepresst, in panischen Erinnerungen ertrinkend. Ich war da und zugleich woanders. Obwohl ich mich wehrte wie verrückt, war mein Gehirn gnadenlos – es registrierte einfach den unerträglichen Druck von Amids Körper, der mich gegen die Wand presste. Nein.
Nein.
    Hilflos versuchte ich ihn zu treten. Helle und dunkle Streifen zuckten vor mir auf. Mit seinen dicken Fingern packte er mich brutal an den Haaren und schlug meinen Kopf wieder gegen die Wand. Nun sah ich gar nichts mehr. Grunzlaute und Wimmern kamen aus meinem Mund, bis ich keine Luft mehr hatte. Amid zerquetschte mich förmlich, sodass ich nicht mehr atmen konnte.
Mit dem Gesicht nach unten in den pinkfarbenen Laken, erstickend. Niemand wird meine Schreie hören.
    Dann geschahen mehrere Dinge auf einmal, die ich erst später einordnen konnte. Die Tür des Raums splitterte und flog auf. Einezornige Stimme ließ die Wände erbeben, sie brüllte:
»Nein.«
Der Druck, der auf mir lastete, war plötzlich verschwunden. Der Betonboden empfing mich wie einen lang verlorenen Freund. Metall traf klatschend auf Fleisch und Amid schrie laut auf vor Schmerz. Stimmen stritten in einer unverständlichen Sprache. Vielleicht war es Englisch, aber verstehen konnte ich nichts mehr.
    Ich war zu sehr mit dem Sterben beschäftigt. Wieder einmal.

8
    Unter mir Laken. Finger berühren mein Gesicht.
    Nein
, kreischte eine Stimme. Meine Stimme.
    Ich presste mich gegen den Boden, Herzpochen. Mein Gesicht war nass. Ungehalten wischte ich es ab und setzte mich auf. Neben mir stand ein leeres Feldbett. Das zerwühlte Laken bedeckte meinen nackten Körper.
    Vom Boden aus sah ich mir gegenüber einen Tisch mit zwei Klappstühlen. Eine Gaslampe auf dem Tisch, die einzige Lichtquelle, kämpfte vergeblich gegen die Dunkelheit, die den Großteil des Raums für sich einforderte. Mein Blick wanderte über die Wand zu meiner Linken, bis er die Tür fand. Bevor ich ernsthaft ins Auge fassen konnte abzuhauen, unterbrach eine Stimme meine Fluchtpläne.
    »Sie ist abgeschlossen. Und du solltest es besser wissen.« Es war eine männliche Stimme mit einem abgehackten, präzisen Akzent, sie kam von rechts, von der anderen Seite des Raums. Ich wickelte das Laken enger um mich und spähte über die Kante des Feldbetts.
    Er saß auf einem Klappstuhl ein paar Meter entfernt und lehnte sich zurück, sodass ich seine Gesichtszüge im Schatten nicht erkennen konnte. »Ich schätze, du bist nicht durstig«, kommentierte er. Mit einem hohlen Klacken stellte er vermutlich eine Tasse auf den Boden.
    Er kam mir irgendwie bekannt vor.
    »Du kannst gerne bleiben, wo du bist«, fuhr er fort, »aber auf dem Bett könnte es bequemer sein. Du hast viel durchgemacht.«
    »Was ist passiert?« Ich nahm an, er wusste, was ich meinte. Bevor ich das Bewusstsein verlor, war ich überzeugt,

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