Inquisitor: Drei Romane in Einem Band. Mit Bonusmaterial: "Die Innere Bestie" [u.a.]. Ian Watson. Mit Einer Einf. Des Autors. [Dt. Übers. Von Walter Brumm Und Christian Jentzsch].
In
Verzweiflung über den Anblick zerriss er sein Seidengewand.
Lex feuerte, und der halb
blinde Wächter starb. Schon saß Lex wieder auf und bedeutete Jaq, Grimm und
Rakel, ihre Reittiere zu besteigen, bevor sich die gestrandeten Passagiere vom
Schock erholen konnten. Die beiden Frauen kamen sogar noch schneller in ihre
Sättel als Grimm. Sie waren zur gleichen Folgerung gelangt.
Die Passagiere des Wagens
konnten nicht weiter, aber Reittiere waren verfügbar.
Lex schwang seine Waffe und
brüllte heiser: »Huthut, shutur! Tez-rau! Yald!« Ein Chor von Hut-hut und Yald
folgte, und die ausbrennende Limousine und ihre früheren Insassen blieben
zurück. Wenigstens blieben sie in einer Oase zurück, bis der Zeitpunkt kam, da
die Sonne das Wasser aus dem Boden kochen würde. Aber wenn dieser Zeitpunkt
näher rückte, würde niemand mehr am Leben sein.
Die zwei Frauen trotteten mit
Jaqs Gruppe weiter.
Schön und gut. Auf diese Weise
mochte die Gruppe unauffälliger erscheinen — wenn noch etwas normal war.
»Die Dichtungen wären in jedem
Fall früher oder später hinüber gewesen«, bemerkte Grimm sachverständig.
»Zylinder wären durchgebrannt,
der Motorblock gesprungen. Die besten Anstrengungen erbringen nicht immer die
beste Butter.«
»Erspare uns deine
Küchenweisheiten«, sagte Jaq. »Ich möchte meditieren.«
»Ihr hättet ihnen eure
Ersatztiere zurücklassen können!«, rief die jüngere Frau.
»Ihr zwei hüpftet schnell genug
in eure Sättel!«, versetzte Grimm.
Rakel funkelte die junge Frau
an. »Mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten ein«, warnte sie. Vielleicht war
das tatsächlich eine hilfreiche Warnung. »Ich bin eine imperiale Assassine.«
Oszillierte sie zwischen Wahn
und Wirklichkeit? Wiederholt zersprangen Steinblöcke mit explosivem Knall.
Glücklicherweise entstanden bei einem Kernsprung keine umherfliegenden
Splitter.
Säulen aus dunklem Felsgestein
kamen am Horizont in Sicht.
Tausende meist abgeplattete
Felstürme, deren Höhe von drei oder vier Metern bis über fünfzig Meter reichte,
erhoben sich auf einer Fläche von vielen Quadratkilometern aus der staubig
körnigen Wüste.
Diese Region ähnelte den Ruinen
eines ungeheuren, alle herkömmlichen Maßstäbe sprengenden Tempels. Im Innern
dieses von Winderosion ausgehöhlten und geschliffenen Felsenlabyrinths ragte
ein höheres, massigeres Felsgebilde auf, durchsetzt von Höhlenöffnungen.
Das mochte der innere Schrein
des Tempels gewesen sein.
Auf einer dieser Felssäulen
kniete ein weiß gekleideter Eremit.
Was von seinem Gesicht unter
der Kapuze seiner Mönchskutte zu sehen war, glich gegerbtem Leder.
Die Hitze musste ihn gebacken
haben, schutzlos ausgesetzt in dieser einsamen Höhe. Sicherlich war er
mumifiziert.
In die Basis dieser natürlichen
Felssäule war die Inschrift gemeißelt: SEIN GROSSES ROTES AUGE SIEHT UNS.
E in Stück weiter kniete ein weiterer Einsiedler hoch
auf einer Felssäule. Diese trug die Inschrift: PATRIARCH VON ALLEN.
Zahlreiche Flüchtlinge zogen
durch das Gebiet. Einige saßen auf Kameloparden oder Trikes mit Ballonreifen.
Andere traten erschöpft in die
Pedale von Fahrradrikschas. Viele, die einen Teil der Strecke vielleicht mit
Fahrzeugen zurückgelegt hatten, wanderten jetzt zu Fuß. Hin und wieder fiel
jemand zu Boden und stand nicht wieder auf. Müde, gequälte Augen blickten kaum
zu dem merkwürdigen Bild der Eremiten auf ihren Säulen auf.
Zahlreich waren die Orte im
Imperium, wo Frömmigkeit und Wahnsinn ununterscheidbar waren. Wahnsinn konnte
oft ansteckend und überzeugend sein. Pilger, welche die heilige Stadt Shandabar
besucht hatten und von religiöser Inbrunst ergriffen worden waren, mochte es
später zu dieser Wüsteneinsiedelei gezogen haben.
Wie viele Eremiten es gab, die
alle auf ihren Steinsäulen ausharrten! Die Ausmaße der Einsiedelei wurden erst
erkennbar, als Jaqs Gruppe tiefer in das Felsenlabyrinth vordrang.
Alle Eremiten waren lederige
Leichen, ausgetrocknet von der Hitze oder dem letzten Staubsturm, mumifiziert in
ihren Gebetshaltungen.
Gewöhnlich saßen diese Eremiten
hoch genug, um von windverwehtem Sand und Grus verschont zu bleiben. Während
eines so verheerenden Staubsturms wie dem letzten hatten sie sich jedoch
sicherlich in die Höhlen des zentralen Felsmassivs zurückgezogen, um dem Erstickungstod
zu entgehen. Von diesem Ort musste schließlich ihre tägliche Nahrung und das
Wasser kommen, herbeigeschafft von Novizen oder Dienern. Im Laufe
Weitere Kostenlose Bücher