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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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herum Menschen schrien und starben, zerfetzt von einer Bombe. Sie war nicht mehr jung, Mitte vierzig schätzte sie, hager, hohe Wangenknochen, ein schönes Gesicht, harte Augen, in der Hand einen Sjambok, einen
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    biegsamen, sich verjüngenden Stock aus Rinds- oder Nilpferdleder, über einen Meter lang. Eine Art Peitsche - sehr beliebt bei der südafrikanischen Polizei und sehr effektiv.
    »Wer zum Teufel ist das?« schrie Mary die Männer an, »wo ist die Tochter von Big Boss Kappenhofer? - Ihr Idioten!« Klatschend schlug der Sjambok gegen einen Baumstamm. Susi jaulte auf. »Thula«, fauchte Mary, und Henrietta hoffte, dass Susi aufgrund des Tonfalls verstanden hatte, dass man ihr auf Zulu befahl, den Mund zu halten.
    »Sie sehen alle gleich aus, wie gekochter Maisbrei«, sagte einer der Männer vor ihr. Es war nicht der, den sie für den Anführer hielt. »Weiß ist weiß, man kann sie nicht auseinander halten.« »An der Farbe ihrer Haare kann man sie unterscheiden, habe ich euch gesagt!« Mary stolzierte vor den Männern auf und ab, der Sjambok pfiff durch die Luft, finster musterte sie Henrietta. »Wer bist du, weiße Frau? Wo ist die Frau mit den Flammenhaaren?« Blitzschnell wirbelte sie herum, fuhr auf den Führer los, Henrietta wurde an eine zuschlagende Puffotter erinnert. »Glaubst du, dass wir für diese Krähen hier Geld kriegen, du Sohn von Impisi, der Hyäne, die den Großen Geist beleidigt hat und jetzt in einem hässlichen, stinkenden Körper leben muss und sein Loch mit dem Warzenschwein teilt - sag es mir!«
    Geld? Das Wort riss den Vorhang vor Henriettas Gehirn beiseite. Sollte das hier eine ganz banale Entführung mit Lösegeldforderung sein? Kein Anschlag schwarzer Untergrundkämpfer? Denn was sonst war Mary Mkize? Neu hatte erzählt, dass einige der schwarzen Frauen im Widerstand besonders grausam und kompromisslos waren, häufig brutale Gangs von Männern um sich scharten.
    »Antworte!«, kreischte die Schwarze ihr ins Gesicht. »Mrs. Robertsons Tochter hatte einen Unfall. Sie ist bei ihr im Krankenhaus«, anwortete sie. Sie spürte ihren hämmernden Herzschlag im ganzen Körper bis in ihren schmerzenden Kopf.
    Ihr Blick flog über das Umuzi. Außer Mary und ihren Entführern war niemand zu sehen, der Hof schien ausgestorben, obwohl sie meinte, in dem hüft-278
    hohen Eingang der am nächsten liegenden Hütte eine schnelle Bewegung entdeckt zu haben.
    »Ich muss Pipi machen«, verkündete Susi. Unter Marys verächtlichem Blick krümmte sie sich zusammen, klemmte die Hände zwischen die Beine.
    »Sie muss aufs Klo«, übersetzte Henrietta ins Englische, ihrem rostig gewordenen Zulu nicht trauend, obwohl sie im Stande war, Marys wütende Worte zu verstehen. Mary wies mit dem Kinn zum unteren Zaun.
    »Ich seh aber keine Toilette«, lamentierte Susi, »ich mach mir gleich in die Hose.«
    »Dort an der Hecke, hinter dem Busch, wird ein Loch im Boden sein, da kannst du reinmachen.« Henrietta bemühte sich, nicht spöttisch zu klingen, es war in dieser Situation nicht angebracht. »Und Klopapier?« Susi trat von einem Bein aufs andere. »Oh, kapierst du nicht?«, schrie Isabella. »Geh hin, pinkel in das Loch, nimm ein paar Blätter, wisch dir deinen Hintern damit ab und halt ansonsten deine Klappe.«
    Susi schlich x-beinig davon und verschwand hinter dem Busch. Als sie wieder auftauchte, streckte sie mit einem Ausdruck tiefsten Ekels ihre Hände von sich. »Ich muss mir die Hände waschen.« Ihre schwarzbraunen, nass geschwitzten Locken zottelten um ihr hitzegerötetes Gesicht, ihr Blick irrte in die Runde.
    Henrietta beobachtete, wie sie einen Schritt auf den größten der Männer zu machte, wie sie ihm ein einschmeichelnd schüchternes Lächeln anbot, ein wenig ihre Brust vorschob, die fast aus dem aufgerissenen Oberteil fiel. In Susis Welt von Chanelkostümchen, Champagnerdinners und beflissen um sie herumtanzenden Männern hätten diese vier sich jetzt überschlagen, wären ihr zur Hilfe gekommen.
    Sie aber stand vier Zulus gegenüber, die gewohnt waren, dass ihre Frauen vor ihnen den Blick senkten, ihre Lasten trugen, stets ein paar Schritte hinter ihnen gingen und immer mit ja antworteten, auch wenn sie nein meinten, denn das wäre einem Mann gegenüber äußerst respektlos gewesen. Vier afrikanische Männer, die eben von ei-279
    ner Frau ihres Stammes aufs Übelste beschimpft worden waren, die mit Sicherheit unzählige Male in ihrem Leben im weißen Südafrika ihren stolzen Nacken vor

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