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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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sie halblaut zu Isabella.
    »Na, prima! Die Gegend ist berüchtigt für ihre Schlammlawinen.« Die empfindliche Haut über Isabellas Nase, auf den Wangen und an ihrem Ausschnitt war zu einem zornigen Rot verbrannt, Schweiß hatte ihre karottengelben Haare dunkel gefärbt. Henriettas Kopf dröhnte, und vor ihrem linken Auge flimmerten Flecken. Schlammlawinen. Sie hatte Visionen von einem breiigen, braunen Schlammstrom, der sich die Wege hinunterstürzte, Schlangen, Ungeziefer, Steine mit sich führend, jedes Lebewesen verschlingend. Sie zwang ihre Gedanken in andere Richtungen, konzentrierte sich auf die Geräusche im Busch, bemühte sich, Vogelstimmen zu identifizieren.
    Deswegen hörte sie es vor allen anderen, das Fauchen wie aus der Kehle einer wütenden Katze, ein Geräusch unmittelbarer Bedrohung. Sie versuchte, es zu orten, spähte den Weg entlang, und dann gefror ihr Blut zu Eis.
    ktwa sieben Meter vor ihnen, in der Mitte des hitzeschimmernden roten Pfades, stand eine armdicke schwarze Mamba auf ihrem 273
    Schwanz. Ihr Maul zu einem tödlichen Grinsen geöffnet, stand sie aufgerichtet da, eine Erscheinung aus der Unterwelt, aus dem Sumpf aller Albträume, und überragte sogar einen mittelgroßen Menschen. Die olivgrauen, geknäulten Windungen des Schlangenleibes auf dem Boden verschwanden im trockenen Gras.
    Sie musste über dreieinhalb Meter lang sein.
    Eine schwarze Mamba, die Königin der afrikanischen Schlangen! Sachte wiegte die Mamba ihren Oberkörper, als tanze sie zu einer unhörbaren Melodie, ihr Kopf jedoch stand absolut still, die Schuppen im Nackenbereich waren gesträubt, ihre schwarzen Augen glitzerten.
    Ein hoher Ton drang aus ihrem rauchschwarzen Rachen, dessen Farbe der Schlange den Namen gibt. »Tschi tschi tschi«, machte sie, leise, aber durchdringend.
    Alle waren in ihrer Bewegung erstarrt, hielten den Atem an. Nur Susi holte rasselnd Luft, und sie wusste, dass sie gleich schreien würde, sich bewegen, und die Mamba würde es sehen und mit der Schnelligkeit eines schwarzen Blitzes zuschlagen. Irgendeinen würde sie erwischen, vermutlich mehrere von ihnen. In Natal betrug die Rate der Todesfälle nach Bissen der schwarzen Mamba hundert Prozent, das wusste sie, und sie wusste auch, unter welchen körperlichen Symptomen die Gebissenen an dem Nervengift starben. Ihr Herz stolperte bei der Vorstellung.
    Sie hörte Susis Röcheln, hörte, wie sich der Schrei in ihrer Kehle bildete.
    »Susi, rühr dich nicht!«, zischte sie. »Ahhh«, wimmerte Susi.
    »Still!« Henrietta bewegte nicht einmal die Lippen, ließ das Reptil nicht aus den Augen.
    Langsam sank die Schlange in sich zusammen, alle standen wie aus Stein gehauen und wagten kaum die Augen zu bewegen. Als die Schwanzspitze im staubigen Busch verschwand, seufzte Susi und fiel um. Für eine lange Minute kam ihr keiner zu Flilfe, jeder schien zu fürchten, dass das Reptil zurückkehren würde. Es dauerte eine Viertelstunde, ehe sie und Isabella Susi wieder auf den Beinen hatten.
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    Leichenblass stand sie da, zitterte unkontrolliert, ihre Zähne klapperten wie Kastagnetten.
    Schweigend machten sie sich wieder auf den Weg, zwei der Männer mngen voran, zwei hinter ihnen. Keiner ließ den Buschrand aus den Augen.
    »Ich habe schon einige Mambas gesehen, aber erst einmal eine, die auf ihrem Schwanz tanzte«, flüsterte Isabella, und sie hörte den Schock in ihrer Stimme,
    »vom sicheren Auto aus, und da habe ich mir schon fast in die Hose gemacht.«
    »Warum haben die Kerle sie nicht erschossen?«, weinte Susi und warf sich in Henriettas Arme.
    »Ich glaube, es hat mit ihrem Ahnenkult zu tun, die Mamba ist die Seelenschlange der Zulukönige.«
    Sarah hatte ihr das erklärt. »Die Seelen unserer Verstorbenen wachen über uns, begleiten uns in unserem täglichen Leben. Sie leben in bestimmten Schlangen weiter. Die Seele des Königs lebt in der Mamba, die der Häuptlinge in den grünen Baumschlangen, und die Seelen einfacher Menschen gehen in verschiedene andere Schlangen über. Wir nennen sie die Seelenschlangen.«
    Einer der Vermummten lachte, der, den sie wegen seiner ruhigen, überlegenen Art für den Anführer hielt. »Es ist viel einfacher - sie hätte uns erwischt, bevor ich meine Waffe hochbekommen hätte.« Er hatte eine angenehme dunkle Stimme, ein breites Lachen. »Bitte, lieber Gott, mach, dass uns jemand findet, bitte, bitte.« Susis Stimme war hoch und weinerlich wie die eines Kleinkindes.
    »Noch ist es zu früh, noch weiß keiner,

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