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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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nicht auszusprechen, Sarah begriff sofort.
    Sie ließ Henrietta los und trat einen Schritt zurück, deutete mit einer Handbewegung eine stumme Entschuldigung an. »Lass Twani los!«, knurrte sie.
    »Warum ist Henrietta hier, was willst du von ihr?« Mary ließ den Kleinen los.
    »Ihr Geld und ihr Blut«, antwortete sie und starrte dabei Henrietta an.
    »Meine Cousine, meine Nichte und der Missionsdoktor sind auch hier«, fuhr Henrietta schnell dazwischen, »er ist schwer verletzt, wir müssen ihn zu einem Arzt bringen. Wie bist du hergekommen - sind die Wege frei? Bist du allein -
    wo ist Vilikazi?« Hoffnung schwang in ihrer Stimme. Vilikazi würde nie zulassen, dass Mary ihnen etwas antun würde.
    Aber Sarah schüttelte verneinend den Kopf. »Vilikazi ist in Durban. Er weiß nicht, wo wir sind. Eine Schlammflut hat unsere Hütten den Berg hinuntergeschwemmt und auch die Wege unter sich begraben. Wir haben Glück gehabt. Wir waren gerade im Umuzi und konnten uns rechtzeitig in Sicherheit bringen. Twani und ich haben fast zwei Stunden her gebraucht. Das Wasser des Flusses hat die Ufer gefressen, Büsche und Bäume ausgerissen und im Wasser aufgetürmt, so dass der Fluss aufs Land ausweichen muss, und jetzt hat er dort einen See gemacht. Selbst das alte Krokodil, das in der kleinen Bucht vor der Flussbiegung dort unten lebt -«, sie deutete auf die Abbruchkante unterhalb des Umuzis, »- ist an Land gekrochen.« »Also sitzen wir hier fest?«
    Sarah schob Twani aus der Reichweite seiner rabiaten Großtante. »Geh - such Umbani, er muss hier irgendwo sein, lauf ins Trockene.« Dann nickte sie auf Henriettas Frage. »Es kann Tage und manchmal Wochen dauern, ehe die Wege frei sind. Weiß dein Mann, wo du bist?«
    »Nein, er vermutet uns auf der anderen Seite des Flusses in dem anderen Umuzi ...«
    Ein schriller Schrei drang aus dem Regenmeer, und dann noch einer, aufgeladen mit Todesangst. Sie erstarrte, Isabella und Susi stürzten 323
    vor die Hütte. Alle lauschten aufgeschreckt, auch Lukas, der aus der Schlafhütte der Männer auftauchte.
    Mary hingegen nickte mit offensichtlicher Befriedigung. Sie feuerte einen Satz auf Zulu ab, zu schnell für Henrietta. Im Nachhall jedoch verstand sie ein Wort, das Mary in Englisch gebraucht hatte: »Halsband«.
    Ein Halsband? Im ersten Moment erschien ihr das Wort harmlos, doch plötzlich blitzten Bilder aus dem Fernsehen vor ihrem inneren Auge auf. Ein wilder Haufen tanzender, kreischender, schwarzer Menschen, zwischen ihnen auf dem Boden etwas Entsetzliches, Schwarzes, Verkohltes. Eine menschliche Gestalt, Beine angezogen, Skeletthände in den Himmel gereckt, Zähne im Todesgrinsen gebleckt, um den Hals ein schwelender Autoreifen. Das Halsband!
    »Du kannst doch nicht einfach einen Menschen verbrennen, du widerliches Biest, einen lebenden Menschen!« Ihre Stimme überschlug sich, Jeremys Schreie füllten ihren Kopf bis zum Platzen. Etwas, das lange verschüttet gewesen war, regte sich in ihr, flackerte hoch, ver-anlasste sie, blindlings auf Mary einzuschlagen und dann zu rennen, dorthin, von wo die Schreie kamen.
    Sarah stellte sich ihr in den Weg. »Nicht, bleib hier, du kannst nichts machen, es ist zu gefährlich!« Als sie versuchte, sich loszureißen, hielt die Schwarze sie mit ihren kräftigen Armen fest. »Henrietta - nicht -sie sind im Blutrausch, sie haben Dagga geraucht...« »Sie hat Recht, wir können nichts machen, keiner von uns würde das überleben.« Lukas stand plötzlich hinter ihr, seine Worte ein Flüstern, nur für sie hörbar. »Halt dich da heraus, nur so kann ich dir und dem Mädchen mit den goldenen Haaren helfen. Ich habe Jeremy das Funkgerät abgenommen, leider hat sich die Frequenz verstellt. Ich werde weiter versuchen, Hilfe zu holen.« Er verschmolz mit der grauen Regenwelt und war verschwunden.
    Sie konnte kaum glauben, was sie eben gehört hatte. Lukas war auf ihrer Seite!
    Die Schreie wurden schwächer, erstarben dann in einem langgezo-324
    „enen Stöhnen. Eine schwarze, ölige Rauchwolke stieg auf, wurde vom Regen heruntergedrückt, zog dicht über dem Boden zwischen die Hütten. Sie mussten Benzin benutzt haben, um das Feuer in diesem Regen zu entzünden, dachte sie und übergab sich direkt vor Ma-rys Füße. Die lachte nur, griff sich eine Flasche - sie konnte den Namenszug FORLISA darauf erkennen -, schüttete den Inhalt in den köchelnden Brei und lachte wieder. »Dein Mittagessen«, sagte sie. Noch immer völlig außer sich, trat Henrietta

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