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Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
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den Topf um, der Inhalt verbrannte in Minutenschnelle zu einer schwarzen Masse. »Du wirst niemanden mehr töten, du blutrünstiges Monster, eher töte ich dich!«, schrie sie, das Blut rauschte durch ihre Adern bis in die Fingerspitzen, klopfte hart in ihren Schläfen, trieb sie an. Spontan riss sie Mary die Flasche aus der Hand, zerschlug sie an einem Pfahl der Hütte und hielt sie am Hals, den gezackten Rand auf die Henkerin gerichtet. »Komm her, du Miststück!«, keuchte sie, mit einem Satz stand sie draußen, der Regen lief an ihr herunter, machte die Flasche glitschig.
    Mary lachte wieder, der Sjambok zischte, und die Flasche flog aus ihrer Hand und zersplitterte zu ihren Füßen.
    Sarah berührte die Scherben mit den Fußspitzen. »FORLISA? Die sind vergiftet, udadewethu, viele von uns sind davon gestorben. Es muss Gift sein. Ich kenne keine Krankheit, die so verläuft.« Ihre Stimme klang müde.
    »Sarah«, sie keuchte immer noch, »du kennst Mrs. Robertson, sie würde das nie zulassen, das weißt du. Wenn wirklich Gift in diesen Flaschen ist, dann muss es jemand anderes hineingetan haben.« Doktor Braunle, der aufrechte Schwabe mit dem Schmiss quer über sein Gesicht? Und wenn nicht er, wer dann?
    Sie versuchte sich den Weg vorzustellen, den eine FORLISA-Flasche von ihrem Ursprungsland nahm. Von Stuttgart nach Hamburg im Zug, dann aufs Schiff. Im Bauch des Schiffes bis zum Kai in Durban. Von dort aus im Lastwagen zu Titas Haus. Ja, dachte sie, das war die Lücke, da könnte es passieren! - Nur, wer hatte die Möglichkeit, an "te Kisten zu kommen? BOSS, die den Kindern eines aufsässigen
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    Journalisten vergiftete T-Shirts als Geschenk sandten? Die ANC-Aktivisten im Ausland in die Luft sprengten? Wamm, wusch, platsch! Melonen zerplatzten vor ihrem inneren Auge, blutrotes Fleisch spritzte. »BOSS, die Polizei?«, murmelte sie mehr für sich. Wieder dieses grässliche, irre Lachen. Mary hatte das Wort verstanden, sie wusste, wer gemeint war. »Du bist weiß, BOSS ist weiß, dein Pech, wenn du für sie zahlen musst.«
    Den Kopf gesenkt, wie ein Nashorn im Angriff, stampfte Sarah auf sie zu. »Sie ist meine weiße Schwester, du wirst ihr nichts tun, das sage ich dir - ich, deine ältere Schwester!« Ihre Stimme war schrill.
    Mary tobte. »Weiße Schwester! Ha! - Du verrätst dein Volk! Das ist mein Krieg hier, halt dich da raus, du zahnloses altes Weib, oder du wirst auch mit dem Halsband Bekanntschaft machen!« Die drei Frauen standen dicht voreinander, ihr heißer Atem vermischte sich. Ein animalisches Knurren drang aus Marys Kehle, plötzlich hielt sie eine Flaschenscherbe in der erhobenen Faust, zerschnitt die Luft keine zehn Zentimeter vor Henriettas Gesicht. Sie schrie auf, machte einen Satz rückwärts, stieß fast mit den zwei Männern zusammen, die Mary hinter Jeremy hergeschickt hatte. Beißender Rauchgeruch stieg ihr aus deren Kleidung in die Nase. Wie nach einem Grillfest. Sie würgte, Mageninhalt kam hoch, verätzte ihr die Kehle. Mit einem breiten Grinsen zog der eine mit dem Zeigefinger eine imaginäre Linie über seinen Hals.
    Mary warf die Scherbe weg. »Gut gemacht«, sagte sie und lachte. Henrietta überfiel ein Grausen, das sie bis in ihr Innerstes frieren ließ. Sie blickte zu Sarah. Aber ihr erstarrtes Gesicht verriet nicht, was sie dachte, ganz still stand sie da, fast leblos in ihrer Bewegungslosigkeit. Ihre Augen erschienen wie dunkle Fensterlöcher, hinter die sie sich zurückgezogen hatte.
    Henrietta bekam keinen Blickkontakt mit ihr, es war, als stünde da nur noch ihr Körper. Ihre Hände hingen an ihrer Seite. Sehr kräftige Hände. Aufweicher Seite stand sie? Und dann war auf einmal alles zu viel für sie. Die Anfangstöne von
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    »La Paloma«, immer dieselben, immer wieder, schrillten in ihrem Kopf wie das Gekreisch eines irrsinnigen Derwischs, sie war klatsch -nass, verdreckt, hungrig, verzweifelt, todmüde, Regen lief ihr in die Augen, in den Kragen von lans Hemd, den Hals hinunter bis in ihre Unterwäsche, in ihrer Nase saß der Geruch nach gebratenem Fleisch und verursachte ihr magenkrampfende Übelkeit.
    Es war einfach zu viel.
    »Das nennst du Freiheitskampf?!«, schrie sie heraus, alle Vorsicht außer Acht lassend, »du mörderische Hexe, du bist eine ganz gewöhnliche, verabscheuungswürdige Verbrecherin, red du nicht von Freiheitskampf! Wir sind von der Polizei verfolgt worden, unser Telefon haben sie abgehört, die Konten überwacht, man hat uns aus dem Land

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