Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins dunkle Herz Afrikas

Ins dunkle Herz Afrikas

Titel: Ins dunkle Herz Afrikas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Gercke
Vom Netzwerk:
Aufstieg zu der Anhöhe, die von einem Felsen gekrönt wurde, der sich wie eine Faust in den Himmel streckte. »Susi!«, schrien Ron und Henrietta gleichzeitig,
    »komm herunter!« Sie rannte hinter Susi her, erwischte sie am Arm. »Susi, es ist nicht dein Turm, auch nicht der Felsen, den du auf dem Foto gesehen hast.
    Komm zurück! Wir werden ihn schon noch finden! Ein anderes Mal, wir haben jetzt keine Zeit zu verlieren.«
    Aber Susi lachte nur. »Das ist mir wurscht! Ich will da hinauf!« »Ganz nach oben?« Ungläubig ließ sie ihren Blick die mit Steinen übersäte Anhöhe bis zum Felsen hochklettern. Aus seinen verwitterten Spalten wuchsen verkrüppelte Bäume, die wenigen ebenen Flächen waren von der Sonne weißgebacken, dorniges Gestrüpp über-347
    wucherte die schattigen Nischen. »Es wird da von Schlangen wimmeln«, griff sie nach dem letzten Strohhalm, »bleib hier!« Aber Susi lachte wieder. »Deswegen bin ich nach Afrika gekommen, und der Weg, den ich bis hierher gehen musste, war weiter und steiniger als alle Wege, die ich vorher gegangen bin. Ich werde jetzt auf diesen Felsen hinaufsteigen und auf die Welt hinuntersehen und erkennen, wer ich bin und wohin mein Weg mich führen wird. Es kann mir nichts passieren, denn so war es vorgesehen.« Da schwieg Henrietta, und auch Ron sagte nichts mehr. Gemeinsam beobachteten sie Susis Weg zum höchsten Punkt der Felsenfaust. Ganz oben gab es nur ein winziges Plateau, auf dem sie zu stehen vermochte, und sie richtete sich vorsichtig auf.
    Dann stand Susi aufrecht, ihre nackten Füße sicher auf dem Boden, die Beine ein wenig gespreizt. Der Wind presste den gekürzten Rock gegen ihre Oberschenkel und blies die dunklen Haare nach hinten. Sie drehte sich langsam um ihre Achse, eine kleine Figur gegen einen weiten Himmel, ein paar Wolken, watteweiß, ohne Regen, segelten über sie hinweg. »Ich kann den Fluss sehen und das Tal und den Rest der Welt!« Der Wind trug ihre Stimme zu ihnen herunter.
    Sie riss ihre Arme hoch, warf den Kopf zurück und stieß einen Juchzer aus.
    Aufgescheucht, schwirrte ein Schwärm winziger Brillenvögel davon. Als sie wieder neben ihnen stand, erhitzt, strahlend, die blutigen Kratzer, die sie sich bei ihrer Kletterpartie zugezogen hatte, nicht beachtend, wusste Henrietta, dass die Susi Popp von früher nicht mehr existierte.
    Die ganze Welt hatte sie sehen können, berichtete Susi, und ein mutwilliges Funkeln leuchtete in ihren dunklen Augen auf, als sie hinzusetzte, nur Ralf hätte sie nirgendwo entdeckt. »Hast du - den Hubschrauber gesehen?« Henrietta versuchte, den Fluss zu erkennen, aber eine Wand von Büschen verwehrte ihr den Blick.
    »Oh - den Hubschrauber, ja, - doch, kann sein. Ich hab was Metallisches im Busch glänzen sehen, vor dem nächsten Hügel auf der anderen Flussseite, das muss er gewesen sein.«
    „,
    348
    »lan ..-«, keuchte Henrietta und stürmte blindlings durch hüfthohes Gras den dicht bewachsenen Hang hinunter, stolperte über Steine, rutschte, löste eine kleine Gerölllawine aus, fing sich, blieb an Dornen hängen und hielt nicht an, bis sie das abfallende Flussufer erreicht hatte. Ihr Blick flog über das vorbeischießende, schlammige Wasser, über die mit Büschen und niedrigen Palmen bewachsenen Inseln, die aus den Strudeln ragten, zum saftig grünen B«schgürtel des gegenüberliegenden Ufers, das flacher und stellenweise bis zu einer Breite von mehr als fünfzig Metern überschwemmt war, und wieder den in einiger Entfernung sanft ansteigenden, buschbestandenen Hang hoch.

    Nichts. Kein Mensch war zu sehen.
    Wie versteinert starrte sie hinüber in das Grün, hätte Susi schütteln können, dass sie nicht sorgfältiger Ausschau gehalten hatte. Fluss-aufwärts, etwa vierzig Meter entfernt, wand sich der Fluss um einen Hügel, wodurch der weitere Verlauf ihrem Blick entzöget war. Sie war verzweifelt. Das Wasser rauschte und gluckerte, ein Vogel schrie, einmal, zweimal - ein hoher zwitschernder Schrei, der vom Wind zu ihr herübergetragen wurde, eine blaugrünpurpurn schillernde Schar Baumhopfe stieg gackernd auf, und sie erinnerte sich daran, dass die Zulus sie Lachende Frauen nannten. Doch jählings kamen ihr Zweifel. War es ein Vogelschrei gewesen? Sie lauschte angestrengt, aber das Tosen der Fluten verschluckte alle Töne bis auf die sehr hohen. Ihre Beine bewegten sich wie von allein, flussauf-wärts. Kein Pfad führte durch den dichten Buschurwald- Das geschwollene Gewässer hatte die

Weitere Kostenlose Bücher